Gesundheitspolitik in Afrika: Die koloniale Falle
Das Ziel der kolonialen Tropenmedizin in Afrika war nie das Wohlergehen von Menschen - sondern die Ausrottung von Seuchen.
Als die Franzosen in Afrika ihre Kolonien eroberten, standen Ärzte an vorderster Front. „An den verpesteten Küsten des Atlantik“, so dozierte der französische Marinearzt Jean-Baptiste Mahé 1875, träfen Europäer schutzlos auf „die fürchterliche Sphinx der Malaria, das delirierende Phantom der Typhus, das fahle und eisige Gespenst der Cholera, die gelbe Maske des schwarzen Erbrechens“. Denn „aus der Erde und den Wassern steigt vergifteter Atem“.
Die ersten kolonialen Gesundheitsdienste entstanden als Sondereinheiten des Militärs, um krankheitsbedingte Kampfunfähigkeit zu minimieren. „Schickt mir vier Ärzte, und ihr braucht vier Kompanien weniger“, kabelte der Kolonialarzt Hubert Lyautey 1901 aus den Fiebersümpfen Madagaskars nach Hause. Ab 1912 organisierte Lyautey als französischer Gouverneur von Marokko die Unterwerfung des Landes als Gesundheitsfeldzug, gemäß der Formel: „Keine Tatsache ist gründlicher belegt als die Wirksamkeit der Rolle des Arztes als Agent der Attraktion und der Befriedung.“
Hygiene sollte Schmutz verdrängen, Aufklärung den Aberglauben. Mobile Gesundheitsteams begleiteten die Armeen, jeder Militärposten bekam ein Gesundheitszentrum, jeder Distrikt einen Chefarzt. „Die Bevölkerung von Fes“, schrieb später ein Bewunderer, „bejubelte ihren Arzt bei seiner Rückkehr von der Front wie keinen Sultan zuvor.“
Die schwarze Gefahr
Mit der Ebola-Epidemie in Westafrika scheinen „die verpesteten Küsten des Atlantik“ in die Gegenwart zu rücken. Der Spiegel lässt auf seinem Titelbild ein schwarzes Gesicht den Leser herausfordernd angucken, in Schutzkleidung über dem Globus schwebend wie ein böser Fluch. „Ebola, die entfesselte Seuche“, lautet die Schlagzeile dazu.
CNN, der US-Nachrichtensender, filmt halbnackte schwerstkranke Liberianer, die zu schwach sind, um es auf das Gelände einer Ebola-Klinik zu schaffen, und die das Personal einfach liegen lässt, mit kritischem Kommentar der schockierten Reporterin. „Ebola überwältigt neues Krankenhaus in Liberia“, ist der Beitrag betitelt.
Jeweils unterschiedlich wird an den vermuteten Publikumsinstinkt appelliert: Angst und Selbstschutz für die Deutschen, Mitleid und Empörung für die Amerikaner. Die Ebola-Epidemie in Westafrika weckt das Weltgewissen auf – und lässt erkennen, wie sehr zumindest die medialen Zugänge dazu noch in alten Mustern gefangen sind.
Ebola zerstört in der Wahrnehmung ziemlich komplett das neue Afrikabild eines immer selbstbewussteren, aufstrebenden Kontinents, das sich in den letzten Jahren allmählich durchgesetzt hatte. Plötzlich ist Afrika wieder der Kontinent, dem man entweder helfen oder vor dem man sich hüten muss, so wie früher.
Viren, nicht Menschen
Ausgangspunkt der kolonialen Tropenmedizin in Afrika war nicht das Wohlergehen von Menschen, sondern die Ausrottung von Seuchen. Man macht nicht Patienten gesund, man bekämpft Krankheitserreger. Gesundheitsaufklärung, Basisgesundheit, Prophylaxe, sanitäre Anlagen – all das gab es für Afrikaner nicht, außer im Hinblick darauf, die Kolonisierenden vor Ansteckung zu schützen.
Dass die einheimische Bevölkerung selbst weiter an vermeidbaren Krankheiten starb, und zwar wegen Zwangsarbeit, Zwangsumsiedlung und Zerstörung noch viel mehr als vorher, war egal, solange noch keine Arbeitskräfte gebraucht wurden. Auch danach aber blieb Gesundheitspolitik Machtpolitik, ein Mittel zur Erfassung und Disziplinierung der „nützlichen“ Teile der Bevölkerung. Mit Verbesserung der allgemeinen Lebensverhältnisse hatte koloniale Medizin nichts zu tun.
Ebola-Medizin, wenn sie funktioniert, ist keine koloniale Medizin, denn sie kümmert sich um die Kranken und nimmt sie und ihre Angehörigen als Menschen wahr, deren Leben oberste Priorität hat. Aber Ebola-Bekämpfung, so wie jetzt, bleibt Seuchenbekämpfung alter Schule, mit zwangsweise durchgesetzter Quarantäne, straffer Disziplin, einem nur militärisch zu bewältigenden Logistikbedarf. Und mit Experten in außerirdisch anmutender Schutzkleidung, was dazu führt, dass die lokale Bevölkerung zum ersten Mal seit Beginn der Kolonialzeit wieder einer so fremdartig auftretenden Erobererschar gegenübersteht, die alles besser weiß.
Gesundheit für alle
Wenn die internationale Hilfsmaschinerie mit ihren abertausenden Soldaten, Experten, Medizinern und Logistikern endlich vor Ort angekommen ist, wird sich dann noch jemand daran erinnern, dass Liberia, Sierra Leone und Guinea nicht nur Unterstützung zur Seuchenbekämpfung brauchen, sondern funktionierende Gesundheitssysteme für alle?
Das hatten diese Länder noch nie. Liberia und Sierra Leone entstanden als schwarze Siedlerstaaten freigelassener Sklaven aus den USA und Großbritannien, die kolonialistische Quasi-Apartheid-Staaten aufbauten. Die Revolten dagegen führten zu den blutigen Bürgerkriegen der 1990er Jahre, in denen allein Liberia ein Zehntel seiner Bevölkerung verlor. Guinea vegetierte in dieser Zeit unter einer der brutalsten Militärdiktaturen Afrikas dahin. Was an Gesundheitssystemen bestand, verschwand – die Einrichtungen durch Zerstörung, das Fachwissen durch Emigration.
Es blieb lokale Selbsthilfe, die angesichts Ebola machtlos ist. Kaum aus Krieg und Diktatur hervorgetreten, stürzen Liberia, Sierra Leone und Guinea jetzt wieder in existenzielle Krisen, während ihre Gesellschaften extrem polarisiert bleiben und soziale Mobilität mangels Bildung und Arbeit kaum möglich ist. Den Gewissheiten der Reichen, was Gesundheit und den Umgang mit tödlichen Krankheiten angeht, stehen die Gerüchte der Armen gegenüber, der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung.
Schon die kolonialen Eroberer fanden eine Bevölkerung vor, deren Verhalten für sie ein Problem darstellte, die anders dachte und die gefügig gemacht werden musste, unter anderem mit Ärzten. Auf eine solche Konstellation heute nicht mit kolonialen Maßnahmen zu antworten – das ist die große Herausforderung der Ebola-Nothilfe.
Leser*innenkommentare
Volker Seitz
Nigeria und Senegal haben bewiesen, dass das Virus kontrollierbar ist.Senegal ist eine der stabilsten Demokratien in Afrika. Mit der Wahl von Macky Sall hat der Senegal wieder einen Präsidenten der die Probleme im Bereich Bildung, Gesundheit anpackt und ernsthaft lösen will. Der Gouverneur von Lagos gilt bei vielen Nigerianern als einer der wenigen Politiker, die sich mehr um das Gemeinwohl als den eigenen Finanzen sorgen. Während die Politiker in Guinea, Sierra Leone und vor allem Liberia monatelang noch untätig blieben, lief in Nigeria und Senegal eine rasche Aufklärungskampagne in den Medien, vor allem im Rundfunk. Entscheidend für die Kontrolle über den Ausbruch war dort eine direkte Trennung von Verdachtsfällen, von bestätigten Ebolapatienten und nicht mit Ebola infizierten Personen. Nur so konnte eine weitere Ausbreitung des Virus verhindert werden. Die Eliten in diesen beiden Ländern haben gezeigt, dass man selbst aktiv werden kann und nicht nur auf Hilfe warten sollte. Weiteres positives Beispiel: Weil die Ugander ihrem Gesundheitssystem vertrauen ist die Bevölkerung gut informiert und kooperierte bei dem letzten Ebola Ausbruch 2012 mit den medizinischen Einrichtungen. Die Seuche war rasch unter Kontrolle.
solde
@Volker Seitz Nigeria, Senegal und Uganda haben nicht gerade erst einen Bürgerkrieg überstanden ...
Andreas J
@Volker Seitz Ginea, Sierra Leone und Liberia mit dem Senegal und Nigeria vergleichen. Wie dumm ist das denn. Gehts noch?
Volker Seitz
Meine Angaben lassen sich leicht im Internet verifizieren:
Der Sprecher der staatlichen University of Liberia, Momodu Getaweh, sagte der BBC am 26.8.2013, dass "einfach schlichtweg alle Bewerber zu schlecht waren. Den Studenten fehle es an Enthusiasmus und sie hätten nicht einmal Grundkenntnisse der englischen Sprache, die essentiell für das Studium seien. Sprache bestehe aus Wortschatz, Grammatik und Satzbau"
Ebola im Kongo: Ende August 2014 teilte der kongolesische Gesundheitsminister Félix Kabange Numbi mit 31 Menschen seien in der Provinz Équateur im Norden des Landes inzwischen an den Folgen der Virus-Erkrankung gestorben. Insgesamt seien 51 Ebola-Fälle erfasst worden.
Ute Krakowski
@Volker Seitz trotzdem hat sich das Virus dort nicht ausgebreitet, wie Sie behaupteten ....
Gabriel Renoir
..."Der fakten- blutleere Artikel/Kommentar ist lediglich verliebt in selbstbezogenem Pseudo-Antikolonialismus von Vor-Vorgestern". Siehe unten. So würde ich es auch sagen. Asien und Südamerika waren auch mal kolonisiert. Äthiopien war bis auf 3 Jahre nie kolonialisiert. Und was hat das jetzt mit Ebola zu tun, Herr Johnson? Nichts.
Ute Krakowski
Nordamerika und Kanada waren ebenfalls mal Kolonien ... aber aus welchem Kontinent sind in solcher Zahl Sklaven verschleppt worden, wo wurden die Menschen so erniedrigt?
Kleiner Denkanstoß nur:
http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/wissenswert/spaetfolgen-der-sklaverei-afrikas-trauriges-geheimnis/2932320.html
Ute Krakowski
antwort auf Andreas.J
Ute Krakowski
Letzteres!
Arcy Shtoink
"Was dazu führt, dass die lokale Bevölkerung zum ersten Mal seit Beginn der Kolonialzeit wieder einer so fremdartig auftretenden Erobererschar gegenübersteht, die alles besser weiß."
Zuallererst einmal verschweigt der Bericht, dass z.B. Liberia explizit um Hilfe bei den "Eroberern" bat. Liberias Präsidentin fordert in einem Brief, der auch in der taz veröffentlicht wurde, direkte Hilfe aus Deutschland und anderen Länder.
Der fakten- blutleere Artikel/Kommentar ist lediglich verliebt in selbstbezogenem Pseudo-Antikolonialismus von Vor-Vorgestern.
90191 (Profil gelöscht)
Gast
Naja, Was Präsidenten und Regierungen so machen - deutsche wie liberianische - hat ja meist mit der Realität des kleinen Mannes nix zu tun.
Erstaunlich, daß Leute, die der eigenen Regierung jede Schandtat zutrauen, andere Regierungen für so etwas wie die Heilsarmee halten.
solde
@Arcy Shtoink ?? Ich glaube, Sie verstehen hier etwas gründlich falsch. Es geht um die Wahrnehmung der Menschen und die "Geschichte dahinter", die natürlich die Geschichte mit der Erfahrung der Kolonialzeit ist. Und dass die liberische Präsidentin erst um Hilfe bitten musste, ist nicht mehr als ein Armutszeugnis, weil die Lage schon sehr lange bekannt war, die Ärzte von MSF hatten schon lange genug nach Hilfe gerufen.
D.J.
Gast
@solde Sie meinen also, sie hätten ungefragt kommen sollen? Und das wäre weniger "kolonialistisch"? Jetzt wird's wirklich lustig.
solde
@D.J. Lieber Mr. DieDschee, haben Sie noch nie erlebt, dass im Katastrophenfall Hilfen angebotenen werden, von Ländern die über die erforderlichen Kapazitäten verfügen?
Rainer B.
"Man macht nicht Patienten gesund, man bekämpft Krankheitserreger."
Das ist sicher richtig, aber letztlich auch kein Widerspruch. Viele wissen gar nicht, dass z.B. in Ostfriesland zeitweilig jedes zweite Kind an Malaria verstarb. Nur durch umfassende strukturelle Maßnahmen konnte die Malaria in Schleswig-Holstein praktisch ausgerottet werden.
http://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/diss-online/05/05H123/t2.pdf
Medizin gegen Ebola gibt's derzeit nicht, aber man kann und muss strukturelle Maßnahmen einleiten, die eine Ausbreitung solcher Seuchen erheblich erschwert. Dass das nur gegen die Bevölkerung in Afrika machbar sein sollte, halte ich für eines dieser zahlreichen kolonialen Märchen.
Volker Seitz
Die liberianische Präsidentin wird gerade in Deutschland weit überschätzt.Frau Johnson-Sirleaf hat z.B. drei Söhnen und ihrem Bruder hohe lukrative Posten zugeschanzt Die bildungspoltischen Versäumnisse sind gravierend. In Liberia sind 2013 alle 25.000 angehenden Studenten durch die Aufnahmeprüfung der staatlichen University of Liberia gefallen. Nicht ein einziger Kandidat hat die obligatorische Englisch-Prüfung bestanden. Die Blindheit der Machteliten gegenüber den Realitäten im Alltag der jungen Menschen ist erschreckend. Es fehlt an einem Bildungssystem , das Chancen für Jugendliche schafft, indem es für potentielle Arbeitgeber ausgebildet wird. Viele Afrikaner sind mit dem Bildungsangebot der Schulen nicht zufrieden, weil sie nicht darauf vorbereitet werden, sich für die Verbesserung der eigenen Lebenssituation engagieren zu können.
Ute Krakowski
@Volker Seitz Lieber Herr Seitz, Ihr Argument mag nicht ganz von der Hand zu weisen zu sein - aber aus welchem Grund bringen Sie diese Diskussion auf, in einem Forum, wo es um ganz andere Probleme geht? Was die Politik von Frau Sirleaf betrifft und die Lage und von Liberia, so ist das ein Thema, das einen etwas größeren Rahmen braucht. Wenn Sie für Ihr Buch werben wollen, sollten Sie das an entsprechender Stelle machen. Ich finde, eine Kommentarspalte ist kein Werbeforum, normalerweise bezahlt man für so was gutes Geld.
Andreas J
@Volker Seitz Also alle 25.000 angehenden Studenten beherschen angeblich nicht ihre Landesspache. Irgendwelche Beweise? Oder wieder nur pauschales Gerede wie in ihrem Buch?
D.J.
Gast
@Andreas J Ich muss Herrn Seitz da mal in Schutz nehmen. Denn offenbar verstehen Sie nicht viel von den Realitäten in Afrika. Die Amtssprachen im subsaharischen Afrika haben fast nie etwas mit den Muttersprachen zu tun. Das betrifft Englisch, Französisch und selbst Suaheli (in Tansania und Kenia). Das heißt, das was Sie als "Landessprachen" bezeichnen, muss wie jede Fremdsprache erst einmal erlernt werden.
Andreas J
@D.J. Ich war schon oft in Westafrika und kenne daher die Realitäten sehr gut. Ich war auch schon in liberianischen Schulen. Der Untericht findet ausschließlich in englisch statt. Jugendliche die in Monrovia aufwachsen, können können oft garnicht oder nur unzureichend ihre Stammessprachen sprechen.
D.J.
Gast
@D.J. P.S.: Was übrigens nicht heißt, dass diese Amtsprachen an sich schlecht sind. Ansonsten ist die Organisation eines Landes mit dutzenden Sprachen schwierig. Die anderen Sprachen müssen selbstverständlich ebenfalls geachtet werden. Letzteres ist übrigens einfacher mit einer fremden Sprache wie Englisch als mit privilegierten einheimischen Sprachen (wie Suaheli als Sprache einstiger Sklavenhändlerstaaten an der ostafrikanischen Küste).
Volker Seitz
Die Geringschätzung der eigenen Gesundheits-und Bildungssysteme in diesen Ländern bremst die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und hat jetzt zur Katastrophe geführt. Es geht auch anders: Weil die Ugander ihrem Gesundheitssystem vertrauen ist die Bevölkerung gut informiert und kooperierte bei dem letzten Ausbruch 2012 mit den medizinischen Einrichtungen. In Westafrika und in Zentralafrika (Kongo) konnte sich Ebola verbreiten, weil in diesen Ländern politisches und soziales Missmanagement sowie irrationale Ängste gegen westliche Medizin vorherrschen. Außerdem fehlt eine disziplinierte Seuchenhygiene. Die Bekämpfung der Seuche ist sehr schwierig, weil sich die Menschen nicht an die überall verbreiteten Warnungen halten. Wegen dem geringen Vertrauen der Bevölkerung in ihre Machthaber(diese lassen jeden Schnupfen in Europa behandeln) gibt es in den betroffenen Ländern zudem den strengen Geruch der Verschwörung. Sie vermuten, dass die Infektionskrankheit eine Erfindung ihrer Regierung oder gar westlicher Ärzte ist. Volker Seitz, Botschafter a.D. und Buchautor
Ute Krakowski
Übrigens hat Ebola sich in Zentralafrika (Kongo) nicht ausgebreitet ...
... aber Hauptsache, Sie nutzen die Möglichkeit, Werbung für Ihr Buch zu machen!
D.J.
Gast
@Ute Krakowski Was soll das Bashing? Es gab frühere Fälle im Kongo.
Ute Krakowski
@D.J. Es gab "frühere Fälle", ja - aber die hatten erwiesenermaßen nichts mit diesem Ausbruch in Westafrika zu tun und das hat sich auch nicht weiter ausgebreitet. Herrn Seitz geht es offensichtlich lediglich darum, hier Werbung für sein Buch zu machen, Afrika-Bashing auf einer üblen Ebene...
90191 (Profil gelöscht)
Gast
Versuchslabor Afrika
D.J.
Gast
Afrika hat heute eine durchschnittliche Lebenserwartung von fast 60 Jahren.
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/199590/umfrage/lebenserwartung-in-afrika-nach-region-und-geschlecht/
Vor 100 Jahren war dies noch völlig undenkbar; gerade Mütter und Kinder haben heute eine vielfach höhere Chance. Die Schere zum Wesen schließt sich langsam, aber stetig (außer natürlich in Bürgerkriegssituationen). Da spielt natürlich auch die relativ bessere Ernährungssituation mit hinein. Sollte aber in dem Zusammenhang - ohne dem Artikel insgesamt zu widersprechen - erwähnt werden.
Andreas J
@D.J. Relativ bessere Ernährungssituation? Bullshit! Nur für Leute die es sich leisten können .Ich habe 2008 in Abidjan die Demos gesehen als der Kilopreis für Grundnahrungsmittel nur um ein paar Cent stieg. Eine Katastrophe für die Armen. Die meißten ernähren sich einseitig und ungesund weil sie sich nichts anderes leisten können.
Ute Krakowski
@D.J. Was soll uns diese Statistik jetzt sagen? Sie zeigt, dass die Lebenserwartung in Zentralafrika am niedrigsten ist und im südlichen Afrika immer noch insgesamt weit niedriger als in Nordafrika. Und was soll das "vor 100 Jahren"? Vor 100 Jahren waren höchstens die Afrikaner erfasstdie im Bereich der Kolonialisation lebten (und entsprechend davon betroffen waren). Über das Leben dieser Leute vorher ist in Wahrheit wenig bekannt. Bekannt ist aber, dass durch Sklavenhandel und Kolonialisation die vorhandenen sozialen und gesellschaftlichen Strukturen zerstört wurden, so dass sich diese Gesellschaften niemals nach einem eigenen Muster entwickeln konnten. Aber Sie gehen natürlich von der natürlichen Überlegenheit des Weißen Mannes aus, der die Zivilisation zu den Wilden nach Afrika gebracht hat.
D.J.
Gast
Natürlich gibt es für manches Ursachen, wie europäischen Sklavenhandel und arabische Sklavenjagden in Afrika. Mehr oder minder nach eigenem Muster entwickeln konnte sich übrigens Äthiopien. Der Negus hat aber komischerweise trotzdem Leibärzte aus Europa geholt.
Übrigens hätte ich auch sagen können: Vor 50 Jahren, also Ende der Kolonialzeit. Da wurden die meisten Erfolge verzeichnet. Insbesondere auch mithilfe einheimischer Kräfte. Aber da hätten Sie Ihre lustige Keule nicht herausholen können. Und das Vergnügen will ich Ihnen nicht nehmen.
Ute Krakowski
Aus Äthiopien wurden schätzungsweise 1,4 Mio Menschen in die Sklaverei verschleppt - "Nunn weist nach: Je stärker das Land vom Sklavenhandel betroffen war, desto schlechter steht es heute wirtschaftlich da"..... "Nunn kommt zu dem Schluss: Viele Indizien deuten darauf hin, dass die Sklaverei tatsächlich für die wirtschaftlichen Probleme der Regionen verantwortlich ist. So zeigen Nunns Berechnungen, dass die Menschenjagd nicht in besonders armen, sondern in eher reichen Regionen Afrikas verbreitet war. "Wohlhabende Gegenden waren dichter besiedelt, daher war es dort leichter, viele Sklaven einzufangen", schreibt der Ökonom." .... "Einiges spricht dafür, dass die Menschenjagd in den betroffenen Regionen die sozialen und gesellschaftlichen Strukturen nachhaltig vergiftet hat. Die Sklaventreiber hatten große Anreize, Bürgerkriege und Konflikte zu schüren, da diese ihnen die Arbeit leichter machten. Bestehende Staatswesen, zum Beispiel das Königreich Kongo, wurden dadurch so sehr destabilisiert, dass sie zusammenbrachen." ... ""Der Sklavenhandel behinderte die Bildung von größeren ethnischen Gruppen und führte zu ethnischer Zersplitterung", .... "Diese kleinteiligen gesellschaftlichen Strukturen erweisen sich in der heutigen Welt als extrem hinderlich. Denn das Erfolgsgeheimnis moderner marktwirtschaftlich organisierter Gesellschaften ist die wirtschaftliche Arbeitsteilung und anonyme Markt-Transaktionen. Beides funktioniert nur, wenn sich fremde Menschen vertrauen und miteinander kooperieren." Aus: Handelsblatt, Spätfolgen der Sklaverei, Afrikas trauriges Geheimnis
http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/wissenswert/spaetfolgen-der-sklaverei-afrikas-trauriges-geheimnis-seite-2/2932320-2.html
Andreas J
@D.J. Vor 40 jahren, 1973/74 hat dein Negus sein Volk verhungern lassen, weil seine korrupten Beamten sich die Hilflieferungen unter dem Nagel gerissen und teuer verkauft haben, während er sich mit seinem Rolls-Royce rumkutschieren ließ. Äthiopien war zu der Zeit ein Feudalsystem in dem sich für die Bevölkerung nichts änderte. Wer aufmuckte war schnell weg vom Fenster. Schlaumeier.
Ute Krakowski
@Andreas J "Mein" Negus? Sehr witzig!
Ute Krakowski
Toll, was Sie alles wissen!!
Aber ich weiß schon, meine Liebesmüh ist umsonst - Sie sind einfach überzeugt von der Überlegenheit des Weißen Mannes und der Primitivität der Schwarzen Wilden, Argumente helfen da gar nicht. Kann ich höchstens noch an Zeiten erinnern, wo die Europäer so zivilisiert waren, das ausgebildete Ärzte den Aderlass für das Non Plus Ultra der modernen Behandlung hielten ...
Ute Krakowski
@Ute Krakowski ... ach, und vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass auch die für uns selbstverständliche Körperhygiene wie auch das WC eher eine arabische Erfindung sind.
Ute Krakowski
@Ute Krakowski ... trotzdem hat Ihre Tabelle immer noch 0,00 Aussagekraft in Bezug auf Ihre Behauptung, dass westliche Medizin in Afrika zur Erhöhung der Lebenszeit beigetragen hat. Das ist eine pure Behauptung ihrerseits, selbst soweit es nur die hier angeführten 50 Jahre seit dem Ende der Kolonialisation betrifft.
Ute Krakowski
@Ute Krakowski sorry, "Lebenserwartung" natürlich, nicht "Lebenszeit".
90191 (Profil gelöscht)
Gast
"Die Schere zum Westen schließt sich langsam, aber stetig (außer natürlich in Bürgerkriegssituationen)."
Ja, und das Tempo bestimmt der Westen. Was dem Profit der Pharmaindustrie nicht dient, wird auch nicht gemacht. Insofern gilt; Afrika bekommt Medikamente, solange sie in der Erprobung sind. Mit der Marktreife sind die Medikamente für Afrika nicht mehr erschwinglich, werden auch nicht zu einem für Afrika passenden Preisniveau abgegeben. Mit Lizenzen sieht´s auch mau aus.
Sehen Sie: Ein Wohlstandsgefälle wird bewußt aufrecht erhalten, weil dies die Macht der westlichen Wirtschaftsunternehmen über den afrikanischen Markt erhält. Ihr Glaube an den guten Westen und seine menschlichen Ambitionen ist eine Illusion. Und selbstverständlich ist nichts einfacher, als das angebliche Scheitern afrikanischer Entwicklung den Afrikanern selbst in die Schuhe zu schieben: Die haben dauernd Krieg, die sind zu faul, die sind zu dumm etc.
D.J.
Gast
Die Ursache für Probleme sind vielfältig. Ich kenne übrigens niemanden, der/die eine Zeitlang in Afrika war und meint, der Westen sein auschließlich Verursacher mancher Probleme. Egal ob links oder nicht.
Im Übrigen haben Sie wie viele sehr Linke - darin gleichen sie vielen Religiösen und Erzkonservativen - eine Tiefe Sehnsucht danach, dass alles vermeintlich schlechter wird. Das bestätigt das Weltbild. Verbesserungen (Wachsen des Mittelstands, weniger Hunger, höhere Lebenserwartung) in vielen afrikanischen Ländern (in erster Linie Leistung der Menschen dort) wird dabei ignoriert. Wer erhält eigentlich "das Wohlstandsgefälle ... bewusst aufrecht"? Gibt es da irgendeine Geheimorganisation für?
90191 (Profil gelöscht)
Gast
Na, Sie sind ja offenbar leicht zufriedenzustellen. Ein paar von der Regierung in Auftrag gegebene Sedierungsstudien und schon ist wieder für den ruhigen Schlummer gesorgt.
Sie haben zweifellos Recht. Alles wird gut. Schön ist der Blick in die Welt vom goldenen Balkon des Elfenbeinturmes. Und wenn behaglich unsere Ärsche am Kachelofen sich wärmen, da sieht noch der grimmigste Frost draußen irgendwie gemütlich aus, jener Frost, in dem andere zu Tode ertsarren, klappernd mit den Zähnen. Das Klappern aber hört man nur bis ins Erdgeschoß, nicht im Penthouse, wo wir uns einen schönen Grog machen und uns erfreuen über die Wohltat, welche wir doch zweifelsfrei nur sein können, für die Welt da draußen und drunten.
Nein, es gibt keine Geheimorganisation. Es gibt nur die Logik des Systems. Nein, ich habe keinen Link.
D.J.
Gast
@90191 (Profil gelöscht) Aber Sie waren wenigsten schon mal im subsaharischen Afrika? Bitte enttäuschen Sie mich nicht.
90191 (Profil gelöscht)
Gast
@D.J. Sollte sich dadurch an den Tatsachen etwas ändern?
Ute Krakowski
@90191 (Profil gelöscht) ... viele Leute fahrn dahin und kapieren überhaupt nichts, also ist es wahrhaft kein Vorsprung, einfach mal "da gewesen" zu sein, und an den Tatsachen ändert es natürlich sowieso nix, da haben Sie völlig recht ...