Gesetz für Whistleblower: Gut für JournalistInnen
Das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verbessert auch den Schutz der Medien. Der ARD-Protest ist nicht überzeugend.
Am Donnerstag diskutiert der Bundestag erstmals den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum „Schutz von Geschäftsgeheimnissen“. In dem geplanten Gesetz wird auch die Position von investigativen Journalisten verbessert. Die Kritik der ARD am Gesetzentwurf kann nicht überzeugen.
Wer Geschäftsgeheimnisse verrät oder diese anschließend nutzt und offenlegt, muss mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe rechnen, so der Entwurf. Zudem können betroffene Firmen zivilrechtlich Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft verlangen. Der Gesetzentwurf soll eine EU-Richtlinie umsetzen.
Die ARD kritisiert, dass der Gesetzentwurf über die EU-Vorgabe hinausgehe, die keine Strafvorschriften enthalte. „Damit bedeutet der aktuelle Gesetzentwurf, dass journalistische Arbeit, die bisher grundsätzlich erlaubt ist, kriminalisiert werden kann“, erklärt Albrecht Hesse, Vorsitzender der Juristischen Kommission der ARD. „Investigative Recherche darf durch das neue Gesetz nicht unnötig behindert oder gar kriminalisiert werden“, fordert der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm.
Faktisch ändert sich hier aber nichts. Schon bisher war im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) die so genannte Geheimnishehlerei strafbar. Danach wird unter anderem bestraft, wer ein unbefugt verschafftes Geschäftsgeheimnis unbefugt verwertet. Anders als Hesse behauptet, galt dies bisher nicht nur „zu Zwecken des Wettbewerbs“, sondern auch „aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen“. Bei dieser Aufzählung bleibt es.
Ausdrückliche Rechtfertigung
Neu ist jedoch eine ausdrückliche Rechtfertigung für Whistleblower und Journalisten. Wer eine rechtswidrige Handlung oder ein sonstiges Fehlverhalten aufdeckt, macht sich ebenso wenig strafbar wie der Journalist, der sich darüber informiert. Eine sachfremde Absicht des Informanten (Rache, Eifersucht) beeinträchtigtt den Schutz des Journalisten nicht. Damit sind Journalisten vor Strafverfolgung, aber auch vor zivilrechtlichen Ansprüchen (einschließlich Auskunftsansprüchen) geschützt. Eine solche Schutz-Klausel gab es im UWG noch nicht.
Die ARD hätte allerdings eine andere rechtliche Konstruktion bevozugt. „Wenn Informanten oder Berichterstatter sich den Unwägbarkeiten einer Rechtmäßigkeitsabwägung ausgesetzt sehen, werden sie sich im Zweifelsfalle eher dazu entscheiden, dieses Risiko zu vermeiden, als wenn sie schon den Tatbestand nicht erfüllen“, schreibt ARD-Justiziar Hesse und warnt vor „chilling effects“ (Einschüchterungseffekten). Tatsächlich ist in der Begründung des Gesetzentwurfs von einer „Abwägung“ der Interessen die Rede, die im Normtext des Gesetzes fehlt. Bei einem Strafgesetz kommt es allerdings nur auf den Normtext an.
Gleichzeitig hat die Lösung der Bundesregierung auch einen klaren Vorteil. Wenn etwas im Gesetz ausdrücklich als rechtmäßig eingestuft ist, können sich Journalisten generell darauf berufen. Das ist besser, als wenn das Gesetz auf sie gar nicht anwendbar wäre.
Schließlich kritisiert der ARD-Vorsitzende Wilhelm auch: „Wenn Unternehmen weitgehend selbst bestimmen können, was als Geschäftsgeheimnis unter den Schutz des Gesetzes fällt, ist eine journalistische Aufklärung von Missständen im Geschäftsgebaren von Unternehmen nicht mehr ausreichend möglich.“ Dabei übersieht Wilhelm aber, dass es auf die Definionsmacht (die die Unternehmen schon immer hatten) gar nicht ankommt – weil sich Journalisten bei ihrer Arbeit ja auf die Rechtmäßigkeitklausel berufen können.
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