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Geschlechtergerechtigkeit im RundfunkGläserne Decken in der Anstalt

RBB – top, Deutschlandradio und RTL – na ja. ProQuote Medien hat nachgezählt: Wie viel journalistische Macht haben Frauen im Rundfunk?

Nach der Vorstellung der Studie folgte die Diskussion Foto: dpa

Früher, sagt Bundesfrauen- und -familien- und -jugend- und -seniorenministerin Franziska Giffey (SPD), da habe sie ganz anders über die Quote gedacht. „Wer will denn eine Quotenfrau sein?“ Ausbildung, Studium, Fleiß, Motivation, das müsste doch reichen. „Doch so einfach ist es nicht.“ Sie erzählt von dem erschreckend kleinen Frauenanteil von 6 Prozent in den Vorständen der Dax-Unternehmen, von gläsernen Decken. Heute ist sie für eine Quote – und spricht bei dem Verein, der sich schon qua Namensgebung ebenso dafür ausspricht: ProQuote. Genauer: ProQuote Medien.

Der hat nachgezählt, wie es um den Anteil von Frauen in Führungspositionen des Rundfunks steht. Giffeys Ministerium hat die Studie, die an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellt wird, gefördert. Das Ergebnis: Na ja, hier so, da anders, besser als früher auf jeden Fall. Uneinheitlich, würde man das wohl nennen. Sabine Stamer von ProQuote Medien sagt, dass sie „positiv überrascht“ gewesen sei: „Ich habe es mir negativer vorgestellt.“ Vor sechs Jahren, als ProQuote Medien antrat, um für mehr Macht für Frauen zu sorgen, habe man noch eine 30-Prozent-Quote gefordert, nun fordere man 50 Prozent – und sogar die würden zwei Anstalten ja schon übererfüllen.

Diese zwei Anstalten sind die Deutsche Welle und der Rundfunk Berlin-Brandenburg. Aber: Während bei den beiden der Frauenmachtanteil bei über 50 Prozent liegt, ist er beim Saarländischen Rundfunk bei 25,6 Prozent und beim Deutschlandradio gar bei nur 24,3 Prozent.

Bei der DW und dem RBB liegt der Frauenmachtanteil bei über 50 Prozent

Frauenmachtanteil bedeutet: Je höher die Position ist, desto mehr fällt sie ins Gewicht. Bei vier Hierarchiestufen heißt das, dass eine Frau oder ein Mann auf der höchsten Ebene vierfach zählt, auf der zweithöchsten Ebene dreifach, und so weiter. Es ist quasi eine Gewichtung des tatsächlichen Einflusses der Personen.

Flexibilität, Vereinbarkeit und Teilzeit

Allerdings liegt der Frauenanteil in Führungspositionen (ungewichtet, also nicht der Frauenmachtanteil) in allen öffentlich-rechtlichen Anstalten unter dem Anteil von Frauen an der Gesamtbelegschaft. Am eklatantesten bei Radio Bremen, wo 63,9 Prozent der Belegschaft weiblich sind, aber nur 31,8 Prozent der Führungskräfte. Ist also doch was dran an der gläsernen Decke?

Peter Frey, Chefredakteur des ZDF und einziger männlicher Teilnehmer der anschließenden Diskussion, sagt, dass Mobilität und Flexibilität beim Aufstieg von Frauen Probleme seien. Ihm würde häufiger begegnen, dass „begleitende Partner weniger mitziehen als begleitende Partnerinnen“. Vereinfacht: Wenn er einen geilen Job irgendwo auf der Welt bekommt, zieht sie (inklusive Kindern) mit. Wenn sie einen geilen Job irgendwo bekommt, will er lieber zu Hause bleiben.

Natürlich kommt auch noch alles andere auf den Tisch, was zu so einer Runde über Frauen in Führungspositionen gehört: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Teilzeit und so weiter.

Und wie sieht es bei den Privaten aus?

Und natürlich hat sich ProQuote nicht nur den Öffentlich-Rechtlichen gewidmet: Bei den Privaten hat die RTL-Gruppe laut Studie einen Frauenanteil in Führungspositionen von 21,4 Prozent, die börsennotierte ProSieben Sat1 Media SE steht bei 19,8 Prozent und deren konzerneigene Fernsehsparte (ProSieben Sat1 TV Deutschland GmbH) bei 30 Prozent.

Wobei die Zahlen der Privaten und der Öffentlich-Rechtlichen kaum miteinander vergleichbar sind. Das zur Verfügung gestellte Material ist bei RTL und ProSieben Sat1 einfach viel kleiner als bei ARD, ZDF und Co. Es gibt keine Organigramme bei den Privaten – oder sie werden zumindest nicht herausgegeben. Ihr Unternehmen sei dafür zu „dynamisch“, sagt Annette Kümmel, Senior Vice President bei ProSieben Sat1, man habe sich zu oft „neu erfunden“, das sei auch das Erfolgsgeheimnis ihrer Firma. Aber, das verspricht sie, der Frauenanteil im Vorstand werde bald schon wachsen.

Wie? Von den fünf Vorstandsmitgliedern sei bisher eines weiblich. 20 Prozent. Bald scheidet allerdings ein männliches Mitglied aus, das nicht nachbesetzt wird. Schon wird der Frauenanteil auf 25 Prozent steigen. So sieht wohl dynamische Förderung aus.

Bei RTL dürfte es demnächst in die andere Richtung gehen: Nämlich wenn die Frau an der Spitze, Anke Schäferkordt, zum Jahresende ihren Posten räumt. Sie wird ersetzt durch Bernd Reichart, Noch-Chef des Senders Vox. Auf der zweiten Hierarchieebene sind laut Studie bei RTL übrigens zehn Männer und null Frauen.

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1 Kommentar

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  • Ich wäre ja sehr für eine Quote, die Förderung nicht am Chromosomensatz festmacht, sondern an der Bereitschaft und der Fähigkeit, wirklich Verantwortung zu übernehmen.

    Ob Bayer von einer Person mit Busen oder einer Person mit Penis gelenkt wird, ist mir vollkommen egal, so lange der Konzern aus Geldgier und Eitelkeit unsere Umwelt ruiniert mit seinen Produkten. Und so lange Rundfunk und Fernsehen aus den selben Gründen Leute verdummen, statt sie zum Denken zu befähigen, hilft mir eine Quote nicht dabei, irgendwelche „Anstalten“ zu respektieren. So lange das der Fall ist, möchte ich sie nicht mal finanzieren müssen.

    Nein, „positiv überrascht“ hat mich die Quote bislang nicht. Im Gegenteil. Ich hatte gehofft, es gäbe so etwas wie weibliche Erfahrungen, die eingebracht werden könnten von Frauen an der Macht. Das scheint allerdings nicht der Fall zu sein. Was ja auch völlig logisch und erklärlich ist, ich Dummerjan! Und zwar mit dem Gesellschaftsmodell, in dem wir derzeit leben.

    Hier und heute wird schließlich nicht nur Geld vererbt, sondern auch das Wissen darum, wie man zu Geld kommt. Der geldwerte Wille zur Ausbeutung wildfremder Leute ist in vielen Aufsteiger- und (fast) allen Herrscherfamilien ein wichtiges Erziehungsziel. Eins, das neuerdings nicht nur den Söhnen nahegebracht wird, sondern auch Töchtern, wenn die sich nicht ganz entschieden wehren gegen diese Zumutung. Die Fähigkeit, für kleine Kinder, für Kranke oder Alte zu sorgen, steht hingegen nicht mehr der Bildungsliste. Auch nicht für Mädchen. Wozu hat man denn schließlich Personal als Aufgestiegener?

    Wieso ich mich trotzdem über die „gläserne Decke“ aufrege? Ganz einfach: Diese „Decke“ hält nicht nur vernünftige Frauen von der Macht fern. Sie verhindert auch, dass endlich ein paar moderne Männer mitregieren. Die Decke muss weg! Je schnelle, desto besser. Nur: An nackten Zahlen zum Chromosomensatz lässt sich das natürlich nicht festmachen.