Germania klagt gegen den Geheimdienst: Beleidigte Burschen
Die rechte Studentenverbindung Germania klagt gegen ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Der beobachtet extremistische Mitglieder.
Die Klage beim Verwaltungsgericht hat Böhmer bereits im April eingereicht. Bisher sind Schriftsätze zwischen den Rechtsbeiständen des Verfassungsschutzes und der Burschenschaft hin und her gegangen. Die weiteren rechtlichen Schritte vor dem Verwaltungsgericht seien noch unklar, sagt der Pressesprecher des Gerichts, Max Plog.
Das Landesamt für Verfassungsschutz am Johanniswall ist bei Nachfragen zurückhaltend. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns bei einem laufenden Klageverfahren hierzu derzeit inhaltlich nicht äußern“, antwortet Pressesprecher Marco Haase.
In den vergangenen Jahren haben sich die verschiedenen Landesämter und -behörden des Verfassungsschutzes mit der Beobachtung von Burschenschaften insgesamt eher schwer getan. Die Grenzen in diesem studentischen Milieu zwischen bloß konservativ oder schon rechtsextrem waren und sind umstritten. Bis heute wird etwa darüber spekuliert, inwieweit der politische Einfluss Alter Herren – diesen Status erreichen die Burschenschaftsmitglieder mit Abschluss des Studiums oder dem Eintritt ins Berufsleben – eine geheimdienstliche Beobachtung dieser Lebensbünde unterbindet.
Seit 2013 unter erneuter Beobachtung
Auch die Germania wurde nicht kontinuierlich beobachtet. Im November 2013 stufte der Verfassungsschutz die Burschenschaft erneut als Beobachtungsobjekt ein. Auf den Sachverhalt angesprochen, verweist Haase auf eine alte Pressemitteilung und einen früheren Jahresbericht.
In beiden Darstellungen führt der Verfassungsschutz aus, dass innerhalb des Dachverbandes Deutsche Burschenschaften (DB) Bünde in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) organisierten seien, die „überwiegend nationalistisch-revisionistisch ausgerichtet“ seien und am „volkstums-bezogenen Vaterlandsbegriff“ festhielten.
„Verbandsintern“, schreibt der Verfassungsschutz weiter, „wurde wiederholt der Vorwurf erhoben, einzelne Burschenschaften der BG würden rechtsextremistische Positionen vertreten. Dazu zählt die Hamburger Burschenschaft Germania“.
Und als weitere Begründung für die Beobachtung führt der Verfassungsschutz für das Jahr 2013 an, dass zumindest von Teilen der studierenden Mitglieder rechtsextremistische Bestrebungen ausgingen und dieser Personenkreis die politische Ausrichtung der Burschenschaft beeinflusse.
Im Laufe der Jahre hat das Hamburger Bündnis gegen Rechts immer wieder auf die Verstrickungen der 1919 gegründeten Burschenschaft mit Rechten hingewiesen – von der NPD bis zur Identitären Bewegung. Der AStA organisierte Proteste vor dem Haus der Germania in der Sierichstraße.
Die anhaltende Kritik an der Verbindung blieb nicht ohne Wirkung. Im Mai 2017 trennte sich der Ehrenvorsitzende des Reservistenverbandes der Bundeswehr in Hamburg, Ramon-Stefan Schmidt, von der Burschenschaft. Der Alte Herr will erst dann erfahren haben, das der Verfassungsschutz seinen Bund beobachtete.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit