Gerichtsurteil zu US-Drohneneinsatz: Bund muss nicht mehr tun
Jemeniten hatten verlangt, dass von Ramstein aus gelenkte US-Drohneneinsätze schärfer überwacht werden. Das Bundesverwaltungsgericht weist die Klage ab.
Mit ihrer von den Menschenrechtsorganisationen ECCHR und Reprieve unterstützten Klage hatten drei Jemeniten gerügt, die in ihrem Heimatland geflogenen US-Drohneneinsätze stünden nicht im Einklang mit dem Völkerrecht. Dabei bezogen sie sich vorrangig auf einen Angriff 2012, bei dem mehrere ihrer Angehörigen getötet worden waren.
Sie verlangten, dass Deutschland dies unterbindet oder gegenüber den USA zumindest auf die Einhaltung des Völkerrechts dringt. Die USA flögen im Jemen immer wieder Drohnenangriffe gegen mutmaßliche Terroristen, seit einigen Jahren auch als sogenannte Signature Strikes. Dafür werden Verhaltensmuster ausgewertet, die verdächtig erscheinen, auch wenn die Identität der dann Angegriffenen nicht bekannt ist.
Wegen der Erdkrümmung wird die Satellitenrelaisstation der US-Airbase Ramstein bei Kaiserslautern bei solchen Angriffen genutzt, um Daten aus den USA an die Drohnen zu schicken. In der Vorinstanz verlangte deshalb das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster im März 2019 von der Bundesregierung schärfere Kontrollen, ob sich die USA an das Völkerrecht halten.
Das Bundesverwaltungsgericht rügte nun, dass das OVG nicht geprüft habe, ob in Ramstein auch Datenberechnungen stattfinden oder die Rolle der Air Base auf eine rein technische Datenweiterleitung beschränkt ist. Eine umfassende Schutzpflicht Deutschlands für die Bürger Jemens lasse sich aus dem Grundgesetz aber nur bei einem deutlichen, aktiven Bezug zum Bundesgebiet ableiten.
Zudem habe das OVG nicht festgestellt, dass die Drohnenangriffe regelmäßig gegen das Völkerrecht verstoßen, etwa weil die USA dabei unverhältnismäßige Schäden der Zivilbevölkerung in Kauf nehmen würden.
Doch auch eine Schutzpflicht Deutschlands unterstellt, habe die Klage keinen Erfolg. Denn die Bundesregierung sei „nicht untätig geblieben“. Sie sei in intensive, auch rechtliche Konsultationen mit den USA eingetreten und habe „Zusicherungen der USA eingeholt, dass Aktivitäten in US-Militärliegenschaften in Deutschland im Einklang mit geltendem Recht erfolgen“.
Dies könne „nicht als völlig unzulänglich qualifiziert werden“, befanden die Leipziger Richter. Weitergehende Schritte, insbesondere eine Kündigung der völkervertraglichen Grundlagen für die Nutzung der Airbase Ramstein durch die USA, „musste die Bundesregierung wegen der massiven nachteilhaften Auswirkungen für die außen-, bündnis- und verteidigungspolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland nicht in Betracht ziehen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“