Gericht urteilt über Bafögsätze: Verfassungwidrig niedrig

Im Jahr 2021 waren die Bafögsätze zu niedrig, urteilt das Berliner Verwaltungsgericht. Nun muss sich Karlsruhe mit dem Fall befassen.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger spricht auf eine Pressekonferenz

Ist für die Bafög-Reformen verantwortlich: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN afp/taz | Das Bafög für Studierende im Jahr 2021 ist aus Sicht des Berliner Verwaltungsgerichts verfassungswidrig niedrig gewesen. 427 Euro seien zur Deckung des Grundbedarfs zu wenig gewesen, weil die Summe unter dem Bürgergeldminimum von 446 gelegen habe, hieß es am Dienstag von dem Gericht. Auch seien 325 Euro nicht ausreichend für den Unterkunftsbedarf gewesen, weil die Mehrheit der Studierenden mehr Miete habe bezahlen müssen.

Geklagt hatte eine Studentin, die ab 2016 an der Berliner Charité Medizin studierte. Ihre Klage bezog sich auf den Zeitraum von Oktober 2021 bis September 2022. Aus ihrer Sicht waren die Bedarfssätze für Studierende „in verfassungswidriger Weise“ zu niedrig bemessen.

Bezüglich des Unterkunftsbedarfs dürfe nicht der Gesamtdurchschnitt der Unterkunftskosten im gesamten Bundesgebiet herangezogen werden, hieß es vom Verwaltungsgericht. Tatsächlich müsse die Durchschnittsmiete am Studienort oder an vergleichbaren Orten als Vergleichsmaßstab gelten.

Schließlich hätten sich 2021 die Kosten in den verschiedenen Hochschulorten um bis zu 230 Euro unterschieden. So lagen sie etwa in München bei 595 und im sächsischen Freiberg bei 266 Euro durchschnittlich.

Zweiter Fall für Karlsruhe

Das Berliner Verwaltungsgericht setzte das Verfahren nun aus und legte es dem Bundesverfassungsgericht vor. Als Fachgericht sei es nicht befugt, die Verfassungswidrigkeit eines Parlamentsgesetzes festzustellen, hieß es.

Bereits im Jahr 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Bemessungsgrundlage der Bafögsätze (für die Jahre 2014/15) infrage gestellt. Auch in diesem Fall wurde das Bundesverfassungsgericht angerufen, die Verfassungsmäßigkeit der Bafögsätze zu überprüfen. Ein Urteil steht noch aus.

Die Studierendenvertretung fzs kritisiert, dass die vergangene und die jetzige Bundesregierung nur auf das Urteil aus Karlsruhe warteten. „Es ist unglaublich, dass zwei verschiedene Gerichte in unterschiedlichen Fällen Verfassungswidrigkeit erkennen, ein Handeln auf Bundesebene jedoch ausbleibt“, so Rahel Schüssler, fzs-Referentin für Bafög und Wohnen.

Aus Sicht des fzs reichen die Bafög-Bedarfssätze nicht zum Leben aus und seien daher „verfassungswidrig zu niedrig“, so Schüssler. Der Ampelkoalition wirft sie vor, statt ein existenzsicherndes Bafög zu beschließen, sich „lieber mit einem scheinbar schlanken Haushalt profilieren“ zu wollen.

In der aktuellen Legislaturperiode hatten SPD, Grüne und FDP drei Bafög-Reformen umgesetzt und unter anderem die Bedarfssätze und das Wohngeld erhöht. Viele Beobachter halten die Bedarfssätze wegen der starken Teuerungsraten der vergangenen Jahre aber dennoch für zu niedrig.

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