Geplantes Abschiebezentrum am BER: Abschiebungen als Millionengeschäft
Fast eine halbe Milliarde Euro soll das geplante Abschiebezentrum am BER kosten. Der Investor macht damit hunderte Millionen Euro Gewinn.
Laut Absichtserklärung soll Harder das Abschiebezentrum bauen und an das Land vermieten. Der Mietvertrag soll eine Laufzeit von 30 Jahren haben, mit der Option auf 10 Jahre Verlängerung. Erstmals wurden nun Kosten für das umstrittene Vorhaben bekannt: So soll die monatliche Kaltmiete für die insgesamt sieben Gebäude für Ankunft, Transit, Gewahrsam und Rückführungen mehr als 1,3 Millionen Euro betragen – zuzüglich Betriebs- und Nebenkosten. Rund eine halbe Million Euro davon soll der Bund zahlen. Bis Ende 2025 soll das „Behördenzentrum“ gebaut und Anfang 2026 in Betrieb genommen werden.
Der Mietvertrag soll „so schnell wie möglich“, spätestens jedoch bis 31. März 2023 abgeschlossen werden. Sollte er nicht zustande kommen, verpflichtet sich das Land, dem Investor 1,2 Millionen Euro „Anlaufkosten“ zu erstatten. Der rechnet laut eigener Prognose mit insgesamt 156 Millionen Euro für Grundstücke, Planung und Bau des Abschiebezentrums. Stellt man dieser Summe die Mietkosten über 30 Jahre in Höhe von mehr als 471 Millionen Euro gegenüber, macht das einen Gewinn für den Investor von rund 315 Millionen Euro – abzüglich Instandhaltungskosten.
Andrea Johlige, Linke-Landtagsabgeordnete
Die Linke-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige rechnet damit, dass Harder mit dem Abschiebezentrum insgesamt mehr als 250 Millionen Euro Gewinn machen wird. „Das ist eine ungewöhnlich hohe Rendite“, so Johlige zur taz. Die Millionenkosten, die durch das geplante Abschiebezentrum auf das Land Brandenburg zukommen, hält Johlige für eine „unglaubliche Steuergeldverschwendung“. „Die öffentliche Hand kann immer preiswerter bauen, weil sie keine Gewinne machen muss.“
Millionenprojekt am Landtag vorbei geplant
Warum das Land Brandenburg nicht selbst baut, sondern den Auftrag ohne Ausschreibung an einen Investor vergibt, zeigen Recherchen des ARD-Magazins „Kontraste“, des RBB und von „FragDenStaat“, die interne Dokumente mehrerer Landes- und Bundesbehörden ausgewertet haben. Die legen nahe, dass das seinerzeit von der SPD und mittlerweile von der CDU geführte Innenministerium den damaligen Finanzminister Christian Görke (Linke) umgehen wollte, um den Bau des Abschiebezentrums ohne politischen Gegenwind durchzusetzen.
„Da der Finanzminister von der Linken gestellt wird, will der Innenminister kein eigenes Gebäude errichten, sondern von einem Investor errichten lassen und dann anmieten“, heißt es im Januar 2019 in einem Protokoll des Bundesinnenministeriums. Der Vorteil: Auf diese Weise tauchen die Kosten im Landeshaushalt erst auf, wenn das Projekt fertiggestellt ist und die Miete fällig wird.
„Der Haushaltsgesetzgeber muss die Chance haben, da mitzureden“, sagt Johlige. „Ein Projekt mit einem windigen Investor, der 250 Millionen Euro Gewinn macht, muss politisch entschieden werden und nicht am Landtag vorbei.“ Die Abgeordnete kritisiert „absolute Intransparenz“ bei dem Projekt und fordert, dass das Innenministerium eine Wirtschaftlichkeitsberechnung und eine Bedarfsplanung vorlegt. Der Landtag habe bislang keine Informationen erhalten und sich aufgrund der parlamentarischen Sommerpause nicht zu den jüngsten Enthüllungen verhalten können. Johlige hat daher für Montag eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragt.
Das Brandenburger Innenministerium will sich auf taz-Nachfrage mit Verweis auf laufende Verhandlungen nicht zu den bekannt gewordenen Kosten äußern.
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