Brandenburger Landtag beschließt Haushalt: Abschiebezentrum nicht zu stoppen

Trotz aller Bedenken soll die Finanzierung des Abschiebezentrums am BER beschlossen werden. Die Grünen sind unter Druck.

Demonstrierendehalten die Schilder "Bleiberecht" und "überall!"

Ohne Erfolg? Eine der Demonstra­tionen gegen das geplante Abschiebezentrum am BER Foto: Martin Müller/Imago

BERLIN taz | Die Brandenburger Landesregierung wird diese Woche den Haushalt für die Jahre 2023/24 unterzeichnen. Mit diesem Beschluss wird auch das umstrittene Finanzierungsmodell für das geplante Abschiebezentrum am BER verabschiedet. Auf einer Fläche von gut vier Hektar sollen sieben Gebäude entstehen. Bauen soll sie der vorbestrafte Investor Jürgen B. Harder für 155 Millionen Euro. Ab 2026 soll das Abschiebezentrum dann für 315 Millionen Euro an das Land Brandenburg vermietet werden, mit einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren. Bis zu 118 Menschen sollen darin untergebracht werden können, was einer Vervierfachung der Kapazitäten entspricht.

Die Kritik an dem Bauvorhaben der rot-schwarz-grünen Landesregierung ist groß. Die Linken-Abgeordnete Andrea Johlige nennt das Bauvorhaben „einen Finanzskandal mit Ansage“. Denn bereits jetzt sind vergaberechtliche Verstöße bekannt. Das Bauprojekt hätte im Vorfeld europaweit ausgeschrieben werden müssen. Stattdessen setzte der Landtag von Anfang an auf den Investor Jürgen B. Harder, der im Zusammenhang mit einem Schmiergeldskandal vorbestraft ist. Für Harder ist der Bau ein Millionengeschäft. Laut Schätzungen der Linken soll sich der Gewinn auf rund 250 Millionen Euro belaufen.

Haussegen in Brandenburger Kenia-Koalition hängt schief

Das umstrittene Finanzierungsmodell wurde im Jahr 2018 auf den Weg gebracht, als Brandenburg von einer rot-roten Koalition regiert wurde. Bereits damals begann die Planung für das Abschiebezentrum, auch weil der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) großes Interesse an dem Bau hatte. Doch ein eigenständiger Bau vom Land Brandenburg, der zwar sehr viel kostengünstiger wäre, war ausgeschlossen, da zu dieser Zeit das Finanzministerium im Zuständigkeitsbereich der Linken war. Das Mietmodell ermöglichte es der SPD, ihren Koalitionspartner zu umgehen und die Planung weiter voranzuschieben.

Doch auch in der Kenia-Koalition ist die Stimmung angespannt. Zwar steht der Bau des sogenannten Behördenzentrums im Koalitionsvertrag. Es ist allerdings kein Geheimnis, dass die Grünen dem Ganzen kritisch gegenüberstehen. Um sich Zeit zu verschaffen, legten sie deshalb einen Sperrvermerk auf die Finanzierung. Marie Schäffer, Abgeordnete der Grünen, kommentierte die Verabschiebung des Haushalts folgendermaßen: „Die Zustimmung zum Haushalt ist keine Zustimmung zum Behördenzentrum und auch kein Freibrief für den Innenminister.“ Der Sperrvermerk auf dem Haushaltstitel könne nur aufgehoben werden, wenn alle Bedenken zur Notwendigkeit der Kapazitätserhöhungen und zu vergaberechtlichen Fragen ausgeräumt seien. Der Innenminister und die Finanzministerin stünden dafür persönlich in der Verantwortung. Doch gerade die jetzige Finanzministerin Katrin Lange (SPD) war maßgeblich an den Planungen 2018 beteiligt, die zu ebenjenem Finanzierungsmodell führten.

Scharfe Kritik an Flüchtlingspolitik der Grünen

Derweil fordern über 60 Organisationen das Land Brandenburg und die Bundesregierung dazu auf, den Bau des Abschiebezentrums gänzlich zu stoppen. Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl, verurteilt das geplante Behördenzentrum als einen Schlag gegen die Menschenrechte: Im Wahlkampf hätten sich die Grünen für die Rechte von geflüchteten Menschen ausgesprochen. „Jetzt, wo sie in der Landesregierung sind, stimmen sie einem Abschiebezentrum zu, das faktisch dazu führt, dass unschuldige Menschen inhaftiert werden“, sagt Alaows und fordert den sofortigen Stopp des Vorhabens. Das gleiche Geld könne für die Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden verwendet werden.

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