Geplante Coronalockerungen: Die Maske wird noch gebraucht
Für eine erfolgreiche Impfkampagne ist es zu spät. Doch gerade deshalb ist eine Maskenpflicht weiter dringend nötig.
Z u den vielen Einsichten aus zwei Jahren Coronapandemie sollte eigentlich gehören, dass man das Ende aller Maßnahmen nicht vor dem Ende ihrer Notwendigkeit verspricht. Die deutsche Coronapolitik ist gegen diese Einsicht aber offenbar immun, weshalb die Ampelkoalition als würdiger Nachfolger der Groko im Februar, als sich die Rekord-Inzidenzkurve ein paar Tage lang leicht bückte, das Ende aller Maßnahmen versprach, für den 20. März.
Der rückt nun greifbar nahe. Und mit Blick auf die derzeitige Coronasituation im Lande dämmert es Politiker:innen in Bund und Ländern doch allmählich, dass man den so genannten Freedom Day besser verschiebt.
Das Virus feiert nämlich neue Rekorde. Mehr Infektionen denn je, steigende Hospitalisierungsraten und mehr als 1.000 Tote pro Woche, da hat nicht nur der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, den zutreffenden Eindruck, es sei zu früh für ein fröhliches Maskenbegräbnis.
In Brandenburg will die grüne Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher offenbar an strengen Beschränkungen festhalten, auch Rheinland-Pfalz könnte kurz vor dem Stichtag auf die Lockerungsbremse treten. Besser spät als nie, möchte man sagen, und der Bundespolitik Vergleichbares ans Herz legen. Aber mit Blick auf die geringen Impfraten ist das nicht einmal genug.
Denn da ist noch eine Einsicht: Wer Lockerungen verspricht, erweckt nicht gerade den Eindruck, eine Impfung sei jetzt noch dringend nötig. Gleichzeitig zeigt die stagnierende Impfquote deutlich, dass hypothetische Anreize durch Zugangsbeschränkungen oder die Zulassung eines vermeintlich impfgegnerfreundlichen Totimpfstoffs wirkungslos verpufft sind.
Für eine Impfkampagne, von der immer geredet wurde, die aber nie stattfand, ist es jetzt zu spät. Eine Verlängerung der bundesweiten Maskenpflicht, der Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen ist deshalb so dringend nötig wie die überfällige Entscheidung für eine Impfpflicht. Denn von allein, das sollte klar sein, wird dieses Virus eben nicht verschwinden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“