Georg-Büchner-Preis für Lutz Seiler: Unverwechselbare Stimme geehrt

Der Ostthüringer Autor Lutz Seiler wird mit dem Georg-Büchner-Preis 2023 ausgezeichnet. In seinem Werk verarbeitet er die Erfahrungen der Wendezeit.

Lutz Seiler sitzt vor roter Bestuhlung

Lyriker, Essayist und Erzähler, jetzt Büchner-Preisträger: Lutz Seiler Foto: Hendrik Schmidt/dpa

DARMSTADT epd | Der Schriftsteller Lutz Seiler erhält den Georg-Büchner-Preis 2023. Der 1963 im thüringischen Gera geborene Autor habe als Romancier und als Dichter zu seiner eigenen, unverwechselbaren Stimme gefunden, „melancholisch, dringlich, aufrichtig, voll von wunderbaren Echos aus einer langen literarischen Tradition“, erklärte die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Dienstag in Darmstadt. Seiler lebt in Wilhelmshorst und Stockholm. Zu seinen größten Erfolgen zählen die Romane „Kruso“ (2014) und „Stern 111“ (2020).

Der mit 50.000 Euro dotierte Büchner-Preis gilt als bedeutendste literarische Auszeichnung im deutschen Sprachraum und wird am 4. November in Darmstadt verliehen. Finanziert wird die Auszeichnung von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Stadt Darmstadt.

Lutz Seiler habe mit klangvollen Gedichtbänden begonnen und von dort zum Erzählen gefunden, hob die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hervor. Er sei aber stets „ein so klarer wie rätselhafter, dunkel leuchtender Lyriker“ geblieben, zuletzt mit „schrift für blinde riesen“. Seine Essays und Poetikvorlesungen wiederum zeugten von „argumentierender Präzision“.

Seine thüringische Herkunft hat laut Sprachakademie besonders auch auf sein episches Werk Einfluss. „Edgar Bendler in der abgewirtschafteten Kneipe auf Hiddensee, Hauptfigur in dem Roman ‚Kruso‘, ist längst aus seinem Land emigriert, ohne diese DDR zu verlassen. So wird ‚Kruso‘, gemeinsam mit dem folgenden Roman ‚Stern 111‘, zum großen Epos eines untergehenden Landes.“

Vom Bau zur Lyrik

Nach einer Lehre als Baufacharbeiter arbeitete Seiler als Zimmermann und Maurer. Während seiner Armeezeit begann er sich für Literatur zu interessieren und selbst zu schreiben. Seiler studierte Geschichte und Germanistik an der Martin-Luther-Universität in Halle (Saale) und ging 1990 nach Berlin. Seit 1994 arbeitet er freiberuflich als Schriftsteller, sein Debüt, der Gedichtband „berührt/geführt“, erschien 1995.

Seiler trat zunächst als Lyriker hervor, mit zwei weiteren und vielbeachteten Gedichtbänden „pech & blende“ (2000) und „vierzig kilometer nacht“ (2003), dann auch als Essayist und Erzähler. Für die Erzählung „Turksib“ wurde er 2007 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet.

Für „Kruso“ erhielt er 2014 den Deutschen Buchpreis. Der Roman wurde in 25 Sprachen übersetzt, mehrfach für das Theater adaptiert und von der UFA verfilmt. Sein zweiter Roman „Stern 111“ wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2020 ausgezeichnet. 2023 wurden ihm der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Bertolt-Brecht-Preis und der Berliner Literaturpreis zuerkannt.

Der Georg-Büchner-Preis wird seit 1951 verliehen. Zu den Preisträgern gehören Elias Canetti, Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Christa Wolf, Erich Fried, Wilhelm Genazino, Felicitas Hoppe und Terézia Mora. Im vergangenen Jahr wurde die türkisch-deutsche Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar ausgezeichnet.

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