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Genderverbot in der VerwaltungNach Bayern nun Hessen

In der hessischen Verwaltung ist Gendersprache künftig tabu. Damit setzen CDU und SPD ihr Koalitionsversprechen um.

Freundlich, solange man nicht gendert: Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) Foto: Andreas Arnold/dpa

Wiesbaden dpa/taz | Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) hat in der Landesverwaltung die Gendersprache mit Doppelpunkt, Binnen-I, Unterstrich oder Sternchen verboten. „Zu einer bürgernahen Verwaltung gehört auch eine einheitliche und verständliche Sprache“, teilte die Staatskanzlei in Wiesbaden am Donnerstag auf Anfrage mit. Mit einer neuen Dienstanweisung des Ministerpräsidenten werde daher für alle Stellen der Landesverwaltung einheitlich festgelegt, wie eine geschlechtergerechte und verständliche Sprache aussehe.

„Nicht länger erlaubt sind verkürzte Formen mit Sonderzeichen wie beispielsweise dem Genderstern, dem Doppelpunkt und dem Binnen-I.“ Grundlage für diese Regelung seien die Regeln des Rates für deutsche Rechtschreibung. Zuvor hatten mehrere Medien über die Veröffentlichung der Verordnung berichtet.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung hatte sich zuletzt Mitte Dezember 2023 erneut dagegen ausgesprochen, Gender-Sonderzeichen in das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufzunehmen. Das Gremium wies darauf hin, dass es sich hier um „grundlegende Eingriffe in Wortbildung, Grammatik und Orthografie“ handle.

Laut Dienstanweisung des hessischen Ministerpräsidenten kann einer geschlechtergerechten Sprache künftig Rechnung getragen werden, indem sowohl die weibliche als auch die männliche Form genannt werden. Dabei soll die feminine Form vorangestellt werden. Auch Umschreibungen, die die Geschlechter nicht ausdrücklich benennen, sind möglich. Dazu zählt etwa der Begriff „Fachkräfte“, erläuterte die Staatskanzlei.

Auch Sachsen und Sachsen-Anhalt haben ähnliche Verbote

Im Koalitionsvertrag hatten sich CDU und SPD auf das Vorgehen verständigt. Dort heißt es: „Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt.“

Auch andere Bundesländer haben bereits ähnliche Verbote, darunter Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zuletzt hat die bayerische Staatsregierung Mitte März ein Verbot von „ideologiegetriebener“ Sprache im dienstlichen Schriftverkehr verboten. Sonderzeichen zur Geschlechterumschreibung dürfen daher nicht mehr verwendet werden.

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32 Kommentare

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  • Immer wieder lustig, erst Gender einführen weil man Geschlecht auch fühlen kann und das was anderes als Geschlecht ist, aber dann vollkommen davon überfordert das Genus nicht Geschlecht oder Gender ist und es einfach gleichsetzen.

  • Ob Frau Rhein das alles auch so sieht?



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    "MEDIEN360G: Glauben Sie, dass gendersensible Sprache mehr Gleichberechtigung bringt?

    Prof. Dr. Barbara Schlücker: Ja, ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Teil. Also das, was ich eingangs sagte, war ja schon dieses "Gesellschaftliche Teilhabe ist verbunden mit gesehen werden und eben auch sprachlich gesehen werden." Es gibt zum Beispiel eine Studie, die da ganz interessant ist. Die hat gezeigt, dass man manchmal am Anfang eines Artikels liest "Ich verwende im Folgenden nur die männliche Form, aber Frauen sind immer mitgemeint." Und es gibt eine Studie, die zeigt, dass genau das Gegenteil davon erzeugt wird."



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    Quelle mdr.de



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    Wissenschaftlichkeit ist bei diesem Thema keine schlechte Basis für Entscheidungen.

    • @Martin Rees:

      Nur gibt es bei dem Thema allgemein verschiedene Studien mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen.

      Wissenschaftlichkeit nehmen die alle für sich in Anspruch.

      In Ihrem Beispiel wäre interessant gewesen, warum das so ist.

      Der Satz schickt einen eventuell auf eine falsche Spur, weil er die Markierung eines männlichen Sexus andeutet, den der Text dann gar nicht halten kann, weil man in der deutschen Sprache den männlichen Sexus kaum markieren kann?

      Untermauert dieses Beispiel denn wirklich die Argumentation von Schlücker?

  • Ich verstehe die Aufregung nicht.

    Soweit ersichtlich kommen alle (!) Umfragen zu dem Ergebnis, dass eine breite Mehrheit gegen das Gendern ist.

    Soweit ersichtlich ist die Mehrheit der Sprachwissenschaftler gegen das Gendern.

    Klarerweise hat jede Organisation das Recht, nach Außen so aufzutreten, wie sie es für richtig hält; das gilt gleichermaßen für Unternehmen, Vereine, die TAZ und auch für die öffentliche Verwaltung.

    Wenn jetzt nun die von der Mehrheit gewählte Spitze der Verwaltung beschließt, die von der Mehrheit der Bevölkerunng abgelehnte Gendersprache aus der amtlichen Kommunikation zu streichen, erscheint das doch vollkommen umproblematisch.

    • @Martin Köln:

      "Soweit ersichtlich ist die Mehrheit der Sprachwissenschaftler gegen das Gendern."



      Haben sie eine Quelle um dies zu belegen ?

  • @RERO

    Schon die rituelle Anrufung der "geltenden Rechtschreibung" hat einen starken autoritären Beigeschmack.

    Den Mitarbeiter*innen bis ins letzte Detail die Schreibung vorzuschreiben ist endgültig autoritär.

    • @tomás zerolo:

      Autoritär, weil einer demokratischen Mehrheit gefolgt wird?

      Es wird überhaupt nicht "bis ins letzte Detail" vorgeschrieben.

      Es wird nur eine bestimmte Form in drei Varianten deutlich untersagt.

      Sie lassen sich hier aufs ideologische Glatteis führen.

      Es lohnt sich nachzulesen, was alles noch möglich ist.

    • @tomás zerolo:

      Also soll jeder Schreiben wie es diesem passt, für was auch Regeln.

      • @Filou:

        Sie haben die Regeln mal vorsichtig angesehen? Das sind sehr viele! Nehmen wir § 55 Abs. 6 des Amtlichen Regelwerks von 2018 (übrigens ein Gesetz, das kein demokratisch legitimiertes gesetzgebendes Organ erlassen hat, und das es überdies nicht gäbe, wenn man an irgendeinem Punkt mal abgestimmt hätte). Ich zitiere nicht, sondern gebe den Inhalt kurz wieder: In bestimmten festen adverbialen Fügungen der Tageszeit wird das zweite Adverb groß geschrieben, so als wäre es ein Substantiv, weil Substantive groß geschrieben werden und die meisten Anwender:innen nicht erkennen, dass es sich hier um Adverbien handelt.



        Also: Regeln werden so gemacht, wie Leute es für richtig halten aufgrund außersprachlicher und jenseits der Regeln stehender Überlegungen.



        Ob übrigens Texte verständlicher werden, wenn man statt Student:innen nun wieder Studierende schreibt oder gar Studentinnen und Studenten, wage ich doch zu bezweifeln. Wenn das die einzigen Verständnisprobleme der öffentlichen Verlautbarungen der hessischen Verwaltung sind, dann müssen sich andere Bundesländer dringend nachschulen lassen.

  • Es gibt schließlich nichts Bürger:innennäheres und Verständlicheres als die durchreglementierte deutsche Verwaltungssprache (oder heißt das analog zur Einkommensteuer und dem sich ausbreitenden Schadenersatz jetzt auch Verwaltungsprache? – Gesetzgeber:innen, bitte handeln!)



    Da sollten auch wir linksgrün versiffte Gutmenschen (künftig: LGVSGM*) Verständnis haben, dass es selbstverständlich keiner Fachkraft überlassen bleiben kann, eine Allgemeinverfügung so zu formulieren, dass alle Gemeinten sie verstehen und sich gemeint fühlen. Es wird einfach bestimmt, dass wir alle zu verstehen haben und uns gemeint zu fühlen haben, solange nur die pöhsen Doppelpünktchen mit Stumpf und Stiel ausgemerzt sind.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Ein echter Rhein-Fall.

  • Da ist sie mal wieder, die autoritäre deutsche Fratze.

    Tiefe Seelenverwandtschaft mit De Santis und Spiessgesellen, die unter dem Banner des Free Speech stänkern und dann genau diejenigen sind, die Bücher verbieten.

    Verbote, Verbooote, Verbohohohooote 🎵

    • @tomás zerolo:

      Was Ihnen wie die "autoritäre deutsche Fratze" vorkommt, ist nichts anderes als gelebte Demokratie. Die Mehrheit der Menschen will mit Gendern nichts zu tun haben unnd vielelicht (auch) deshalb wurde in so Hessen gewählt wie geschehen. Sie haben selbstverständlich das Recht auf Ihre eigene Meinung, aber erwarten Sie bitte nicht, das die klare Mehrheit der Andersdenkennden sich nach Ihnen richtet - denn d a s wäre autoritär.

    • @tomás zerolo:

      Was ist daran jetzt autorität, wenn sich Behörden an die allgemeinen Rechtschreibregeln halten, wie es sich eine demokratische Mehrheit in diesem Land wünscht?

  • "Auch Umschreibungen, die die Geschlechter nicht ausdrücklich benennen, sind möglich. Dazu zählt etwa der Begriff „Fachkräfte“"

    Was für eine Erkenntnis! Ein generisches Femininum wie "Fachkraft" benennt das Geschlecht nicht ausdrücklich. Dasselbe gilt dann logischerweise auch für generische Maskulina. Geschlechtergerechte Sprache ganz ohne Gendern :-)

    • 8G
      81283 (Profil gelöscht)
      @Moby Dick:

      Vielleicht beschäftigen Sie sich doch noch einmal mit den Grundlagen der Sprache: Als ein generisches Femininum (von lateinisch genus „Geschlecht, Gattung, Art“, und femina „Frau“) bezeichnet man in der Sprachwissenschaft die Verwendung einer grammatisch femininen Personenbezeichnung, zu der es ein maskulines Gegenstück gibt (Lehrerin/Lehrer), in einem geschlechtsübergreifenden (generischen) Sinn.

      • @81283 (Profil gelöscht):

        Wieso mit Grundlagen beschäftigen, es reicht ja zum Besserwissen wenn man Inhalte per Copy Paste aus der Wikipedia holt. Ich bin beeindruckt.

  • Wie würde sich Ministerpräsident*in Rhein wohl fühlen, wenn man das Maskulinum verbietet? Wäre Boris Rhein dann zufrieden damit, sich "mitgemeint" fühlen zu dürfen?

  • Ich finde gendern gut und richtig, nur sollten die Änderungen in eine Rechtschreibreform eingebettet sein, wie 1996, gemeinsam mit der Schweiz, Österreich und anderen deutschsprachigen Ländern.



    Ebenso sollte auch bereits die Zukunft berücksichtigt werden, in der vielleicht noch weitere Personenstände(?)/Lesarten usw. entstehen oder beobachtet werden.

  • Aber das geht doch nicht! Die GRÜNEN sind doch die, die alles verbieten! So zumindest werden die von CDSUFDSPD sonst immer beschrieben.

    • @Perkele:

      Die Richtige Reihenfolge, zuerst Baden Württember, Bayern und dann Hessen. In BW regiert Grüne/CDU und Hessen CDU/ Grüne

      www.swr.de/swraktu...regierung-100.html

      31.1.2024, 9:52 Uhr

      Das grün-schwarze Kabinett hat eine Lösung im Streit ums Gendern gefunden: Im offiziellen Schriftverkehr sind Genderzeichen verboten.

      • @Martin Sauer:

        Wusste ich gar nicht. Erinnert mich aber bisschen an die Diskussion dass die CDU die Brandmauer nach rechts eingebrochen hat. Das Monate vorher Grüne und SPD es waren, hat niemand gestört.

        Mal angesehen davon das die CDU für mich halt gar nicht geht. Ist das bashing manchmal auch überzogen.

  • Gute Entscheidung Herr Rhein

    • @Andere Meinung:

      Nutzlose Entscheidung der Landesregierung, die echten Probleme des Landes bleiben weiter ungelöst.



      Primitiver Populismus, der keinen Naziwähler zurückholt und höchstens ein paar ewig Gestrigen etwas Genugtuung verschaffen.

  • Es ist und bleibt jedem und jeder freigestellt, geschlechtergerecht zu schreiben und zu sprechen. Nur eben zumindest in Schule, Universität und Verwaltung mit korrekter Grammatik und Rechtschreibung.

  • Jeder kann natürlich in seinem privaten Umfeld gegendert kommunizieren, im Bildungswesen und in der Administration sollte man doch darauf verzichten.

  • Vorschlag: Wir schreiben Briefe an Boris Rhein.

    Sehr geehrte Frau Boris Rhein....

    Der wird bestimmt vor Wut schäumen, dass er in Briefen ständig missgendert wird. Vielleicht wird er dann merken, wie es ist, nonbinary oder trans oder intergeschlechtliche Menschen unsichtbar zu machen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Ein wahrer Troll.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Und was ist, wenn er nun gar nicht schäumt, sondern ihm das weitgehend egal ist?

      Wäre die Regelung aus Ihrer Sicht dann ok?

    • @Troll Eulenspiegel:

      Der Kommentar ist doch völlig abwegig. Bei direkter Anrede wird jeder i.d.R. erwartungsgemäß angesprochen. Aber diese Thema polarisiert halt bis zum jüngsten Tag. Wer da schlussendlich schäumen wird, wird die Zukunft zeigen