Geld für sozialen Klimaschutz: Bundesregierung reißt EU-Frist
Die Bundesregierung muss einen Plan für sozialen Klimaschutz vorlegen, reißt aber die EU-Frist. Die Grünen fürchten teure Folgen für die Bürger*innen.

Ab 2027 wird deren Preis vielleicht merklich steigen, weil die CO2-Bepreisung dann nicht mehr von der Bundesregierung festgelegt wird, sondern in einem europäischen Markt gebildet wird, dem sogenannten ETS2.
Zu diesem Zweck können EU-Länder ab 2026 Gelder aus dem Klimasozialfonds abrufen – aber erst, wenn sie ihren Klimasozialplan vorgelegt haben. Der fehlt aber aus Deutschland noch. „Der Zeitdruck ist ein Problem“, erklärte Brigitte Knopf der taz. Knopf ist Direktorin der Denkfabrik Zukunft KlimaSozial und Mitglied des Expertenrats Klima der Bundesregierung. Die Verzögerung könne dazu führen, dass die verwaltungstechnischen Voraussetzungen fehlen, um Gelder für zielgerichtete Maßnahmen auszuzahlen. „Europäisch ist es zudem ein schlechtes Signal, dass Deutschland – als großer Verfechter des ETS2 – den Plan nicht rechtzeitig einreicht“, sagte Knopf der taz.
Ministerium wiegelt ab
Zuständig für den Klimasozialplan ist das Umweltministerium von Carsten Schneider (SPD). Ein Sprecher sagte der taz, die Auszahlung aus dem Fonds sei „nicht an den Termin gebunden, an dem die Vorschläge eingereicht werden, sondern daran, ob ein Förderprogramm in Deutschland erfolgreich umgesetzt worden ist“. Übersetzt: Geld gibt es sowieso erst, wenn Maßnahmen umgesetzt wurden, also ist die Frist für den Plan nicht übermäßig wichtig.
Michael Bloß, Europa-Parlamentarier der Grünen, sieht das kritischer: „Wenn die Bundesregierung nicht einmal den Klimasozialplan umsetzt, bekommt der Klimaschutz eine große Schieflage.“ Klimaschutz dürfe nicht zu Umverteilung von unten nach oben führen, „eher andersherum“.
Klimaschutz nur über den europäischen CO2-Handel umzusetzen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) es plane, sei „fatal“, sagte Bloß. „Das macht einfach alles teurer, für Mieter und Menschen mit niedrigen Einkommen funktioniert das nicht.“ Das Bekenntnis zum CO2-Handel werde die CDU dann nicht durchhalten.
Im Klimasozialplan muss die Bundesregierung definieren, wen sie als „energie- und mobilitätsarm“ ansieht, also wer durch die CO2-Bepreisung zu wenig Geld für ausreichendes Heizen und Mobilität haben wird. Der Plan soll dann Maßnahmen vorschlagen, wie diese Haushalte entlastet werden können.
Expertin sorgt sich um falsche Sicherheit
Zukunft KlimaSozial schlägt zum Beispiel vor, die Sanierung von Häusern für Menschen mit niedrigen Einkommen zu fördern und ein E-Auto-Leasing für Regionen mit schlechter ÖPNV-Anbindung einzurichten.
Das Geld für Deutschland aus dem Klimasozialfonds wird sich aber nur auf etwa eine Milliarde Euro pro Jahr von 2026 bis 2027 belaufen, weil nur ein kleiner Teil der CO2-Handel-Einnahmen hineinfließt. „Die Bundesregierung sollte sich nicht auf dem Klimasozialfonds ausruhen“, sagte Expertin Knopf.
„Das Geld reicht überhaupt nicht, wir müssen die Transformation hin zur Klimaneutralität in die Mitte der Gesellschaft bringen“, forderte sie. Der Fond sei aber sehr gut geeignet, um Maßnahmen auszuprobieren und sie mit Einnahmen aus dem CO2-Handel größer aufzuziehen, wenn sie sich als sinnvoll erweisen.
Damit kann auch der Grüne Michael Bloß etwas anfragen: „Eigentlich müssten die kompletten Einnahmen aus der CO2-Bepreisung von Heizen und Mobilität für sozialen Klimaschutz verwendet werden“, forderte er. „Die Idee ist, dass die Leute von hohen CO2-Preisen gar nicht betroffen sind, weil sie vorher auf klimafreundliche Alternativen umsteigen.“
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