piwik no script img

„Gelbwesten“-Protest in Paris eskaliertPlünderungen und Brandstiftung

Beim „Gelbwesten“-Protest in Paris kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Eine Bankfiliale wird angezündet, Luxusgeschäfte werden geplündert.

Protestierer warfen beim Triumphbogen Rauchbomben und andere Gegenstände auf Polizisten Foto: reuters

Paris ap/afp/dpa | Bei Protesten der „Gelbwesten“ ist es in Paris zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Über der Prachtstraße Champs-Élysées standen am Samstag schwarze Rauchwolken. Randalierer verwüsteten vor allem Luxusgeschäfte und zündeten unter anderem eine Bankfiliale an. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein und nahm bis zum frühen Nachmittag 64 Personen fest, wie sie der Nachrichtenagentur ap mitteilte.

Protestierer warfen nahe dem Arc de Triomphe Rauchbomben und andere Gegenstände auf Polizisten, dann begannen sie, auf die Scheiben eines Polizeifahrzeugs einzudreschen. Die Polizei zog sich zunächst zurück.

Später versuchte ein ebenfalls abgezogener Wasserwerfer, eine Menschenmenge von zwei Luxusgeschäften zu vertreiben. Demonstranten plünderten Geschäfte an der Luxus-Einkaufsstraße Champs-Elysées, wie ein AFP-Reporter beobachtete. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

Auf den Champs-Élysées und in Nebenstraßen gab es zahlreiche Brände. Unter anderem standen zwei Zeitungskioske in Flammen. Verwüstet und in Brand gesteckt wurde auch die Brasserie „Fouquet's“, in der gern Politiker und Prominente verkehren.

7.000 bis 8.000 Demonstranten in Paris

Gefährlich wurde es, als eine Bankfiliale im Erdgeschoss eines siebenstöckigen Wohnhauses brannte. Die Feuerwehr rettete eine Frau und ihr Kind, deren Stockwerk von Flammen eingeschlossen war. Nach Angaben der Feuerwehr wurden elf Menschen leicht verletzt, unter ihnen zwei Feuerwehrleute.

Innenminister Christophe Castaner sprach von 7.000 bis 8.000 Demonstranten, von denen 1.500 extrem gewalttätig und nur auf Zerstörung aus seien. Ein Mannschaftswagen der Polizei wurde angegriffen, Demonstranten errichteten Barrikaden. Castaner verurteilte die Gewalt als Taten von „professionellen Zerstörern und Unruhestiftern“ und forderte den Polizeipräfekten von Paris auf, mit „größter Entschlossenheit“ dagegen vorzugehen.

Die „Gelbwesten“ hatten für Samstag zu einem Marsch auf Paris aufgerufen, mit dem sie neue Stärke demonstrieren wollen. Die Regierung versetzte die Sicherheitskräfte in erhöhte Alarmbereitschaft. Zuletzt waren die Teilnehmerzahlen bei den seit vier Monaten regelmäßig stattfindenden Protesten stark zurückgegangen.

Am Freitag endete offiziell der Bürgerdialog, den Präsident Emmanuel Macron als Antwort auf die Proteste ins Leben gerufen hatte. Erste Ergebnisse will der Staatschef im April präsentieren. Die Demonstranten fordern Steuersenkungen und mehr soziale Gerechtigkeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

28 Kommentare

 / 
  • Wenn sich professionelle Randalierer gelbe Westen anzünden und dann Läden demolieren oder anzünden, dann sind es natürlich DIE Gelbwesten. Unsere Qualitätsmedien kommen erst gar nicht auf die Idee danach zu fragen, wer denn die Randalierer WIRKLICH sind. Es könnten ja auch Agents Provocateurs sein. Mit Sicherheit schaden sie dem Anliegen der Gelbwesten.

    Gut, dass den Herrschenden das Thema Klimaschutz einfällt, das jetzt gegen die sozialen Themen ausgespielt wird.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Na ick weeß ja nicht.

      Die Gelbwesten sind eben schillernd. Da braucht es keine agents provocateurs.

      Es gibt Antifaschisten, die Rechte aus den Demos prügeln und es gibt Rechte die Migranten und linke Aktivisten attackieren.

      Es gibt Antisemiten und militante Gewerkschaftler. Und es gibt verantwortungslose Bastarde, die auch mal ein Haus anzünden.

      Dass man Fouquets aufmischt und Luxusläden andere Öffnungszeiten verpasst, das leuchtet mir ja noch ein.

      Aber Tote in Kauf nehmen, das geht unter keinen Umständen.

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Etwas langsamer bitte.

        Es ist immer leicht, zu sagen: "Diese Demonstranten von heute, das hätten wir nicht gemacht."



        Ich bin auch aus dem Alter raus, in dem ich mich noch an solchen Demos beteiligen könnte, aber ich habe mit Menschen gesprochen, die bei den G20 Sachen in Heiligendamm und Hamburg dabei waren und muss mal auf die Unterschiede hinweisen. Früher in Brokdorf, Gorleben oder Wackersdorf wären Mollis ziemlich schwachsinnig gewesen, man hätte auch nur die eigenen Hütten der FRW angezündet oder irgendwelche Moorgründe angezündet. Das überlässt man besser der Bundeswehr. Nur ist ein Straßenkampf was anderes. Man sieht in dem Video (weiter unten von Ihnen gepostet) ziemlich genau, dass die Mollis auch zuerst in die Richtung der Polizei flogen und auch von früheren Demos weiß man noch, wie aggressiv man da reagierte (wenn auch hilfloser), wenn einfach die Bullizei mit Wasserwerfern und Tränengas grundlos auf einen zufuhr. Bei dem Brand bin ich mir aber auch nicht sicher, ob dieser nicht absichtlich dort gelegt wurde und nicht nur ein daneben geflogener Molli war.



        Ob allerdings die Demonstranten davon ausgehen konnten, dass auf der Champs-Elysees wirklich noch Menschen wohnen, weiß ich nicht. Ich war noch nie in Paris, aber in Vororten von Paris, haben Bekannte mir berichtet, sind die Wohnungen schon unbezahlbar. Möglich wäre es, dass man dies gar nicht für möglich gehalten hat.



        Letztendlich sieht man in dem Film aber auch, dass niemand die Rettungskräfte behinderte, dass sogar dann auch Gelbwesten neben der Polizei standen, als die Feuerwehr anrückte.



        Das Ganze erinnert mich aber auch an die Ausschreitungen vor einigen Jahren in den Banlieues, die auch nicht nur mit Wattebäuschchen ausgetragen wurden.



        Nur wegen dem falschen Handeln einiger ist es nicht angebracht, die ganze Bewegung zu verurteilen.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @Age Krüger:

          Ich will ja nicht die ganze Bewegung verurteilen und man weiß ja noch nicht, wie der Teil der in der Öffentlichkeit spricht, sich dazu verhält.

          Klar, es wohnen kaum Leute dort, aber ein paar sind es eben schon. Und zwischen dem Zerschlagen von Glas und einem Feuer in einem Haus kann ein Menschenleben liegen.

          Stellen Sie sich nur mal vor, es hätte wirklich Tote gegeben in diesem Haus. Das hätte unter anderem bedeutet, dass die Gilets Jaunes ihre Existenzberechtigung verloren hätten.

          Wahrscheinlich waren es einfach ein paar Knallchargen, nicht so schlimm wie die die Schüsse an der Startbahn zu verantworten hatten, aber eben Idioten.

          Und hey, in Wackersdorf flogen die Mollis. Zumindest an Pfingsten nach Tschernobyl nicht zu knapp. Mehr als einmal musste ein Wasserwerfer einen anderen löschen.

          Hätte vermutlich auch übel enden können.

    • @Rolf B.:

      Korrektur:

      ... gelbe Westen ANZIEHEN

      • @Rolf B.:

        Es war ganz im Sinne der Gelbwesten, sie finden die Eskalation klasse. Da braucht es keine Agents provocateurs.

        Und hinterher machten die Gelbwestinnen, Bierflasche in der Hand, bestens gelaunt Selfies vor zerstörten und geplünderten Läden.

  • taz: Beim „Gelbwesten“-Protest in Paris kommt es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Eine Bankfiliale wird angezündet, Luxusgeschäfte werden geplündert.

    "Viel Zerstörung hatte ein schwarzer Block beim G8-Gipfel in Genua 2001 angerichtet. Bei der Aufarbeitung dieser Ereignisse wurde wiederholt der Verdacht geäußert, die Polizei habe verkleidete Beamte in den Schwarzen Block als Provokateure eingeschleust. Verschiedene Augenzeugen hatten behauptet, die Polizei sei mit großer Härte gegen friedliche Demonstranten vorgegangen, habe sich aber gegenüber dem Schwarzen Block in auffälliger Weise zurückgehalten." [Quelle: WIKIPEDIA]

    "There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning." („Es herrscht Klassenkrieg, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“). [Quelle: Warren Buffett (Finanzspekulant), 2006 in der New York Times]

    • @Ricky-13:

      Etwa so?

      Provokateur: Hey Leute wollt ihr den totalen Krieg?



      Schwarzer Block: Jaaaaa!

      Die im Schwarzen Block sind keine Mitläufer. Sich mit Provokateuren aus der Verantwortung zu schleichen ist einfach nur peinlich.

  • 7G
    74450 (Profil gelöscht)

    Vergesst die Dinosaurier! Sollen die sich doch zanken...

    Es gab noch eine zweite Demo am Wochenende in Paris:

    "Friedliche Demo gegen Klimakatastrophe

    Im Osten der Stadt demonstrierten derweil Zehntausende Menschen friedlich und in gelöster Stimmung für mehr Klimaschutz, beim so genannten Marsch des Jahrhunderts. "Eine Demonstration der Hoffnung" sei dies, sagte der Spitzenkandidat der französischen Grünen für die Europawahl, Yannick Jadot. Es geht nicht nur darum, den Klima-K.O. zu verhindern, sondern der Jugend eine Zukunft zu bieten.

    Die Teilnehmer forderten die französische Regierung auf, aktiv zu werden und den Klimawandel zu bremsen. Zugleich gab es in mehr als 200 weiteren französischen Städten ähnliche Proteste.

    Für viele Teilnehmer war es der zweite Demonstrationstag in Folge: Am Freitag hatten sich Zehntausende französische Schüler an den weltweiten Klimaprotesten "Fridays for Future" beteiligt."

    www.tagesschau.de/...and/paris-719.html

    • @74450 (Profil gelöscht):

      Kann schon jetzt absehen, welche von den beiden eher was bewirkt...

      • @agerwiese:

        Die der Gelbwesten hat es hier zumindest in die taz geschafft und wurde auch in anderen Medien international zur Kenntnis genommen.

  • Haben sich eigentlich schon die zwei politischen Gruppen, die die Gelbwestenbewegung für sich vereinnahmen wollen dazu geäußert? Was sagen Le Pen und Mélenchon dazu. Gab es klare Distanzierungen von den Brandanschläge;? Oder halten beide wieder nur still?

  • Ach, da braucht's Deutschland nicht für. Der Kerl hat ne prima Bildung genossen. Dürfte er also schon in (Elite-)Schule und Uni gelernt haben, glauben Sie nicht?

    • @Walter Sobchak:

      ging an @Sofia Dütsch, sorry

  • Macron hat von MDeutschland gelernt wie man Menschen die für ihre Rechte kämpfen diskretitiert und diskriminiert, kriminalisiert.

    Gratuliere!

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Sofia Dütsch:

      Und die Gelbwesten haben gelernt, wie man Häuser anzündet, in denen sich Menschen befinden:

      www.youtube.com/watch?v=tkT9CcZKaJk

      • @88181 (Profil gelöscht):

        Erinnert mich an Athen. Da verbrannten seinerzeit drei Bankangestellte. www.faz.net/aktuel...ammen-1985641.html

        • @Rudolf Fissner:

          Kommentar entfernt. Bitte keine Unterstellungen.

          Die Moderation

    • @Sofia Dütsch:

      Ein brennendes Wohnhaus bedeutet "für Rechte kämpfen"...war das in Rostock- Lichtenhagen auch so?

      • @Rinaldo:

        In Rostock ging es darum, ein Wohnhaus anzuzünden. Hier - davon ist auszugehen - nicht. Ist keine Rechtfertigung fürs Zündeln. Aber auch wenn beides auf ein brennendes Haus rausläuft, macht es Sinn zwischen Mob und rechtem Mob zu unterscheiden.

        Etwas abseits des Krawalls dürften Sie sehr wohl auf Menschen treffen, die gerade für ihre Rechte kämpfen.

        • @Walter Sobchak:

          Wo sehen Sie den Unterschied zwichen den verschiedenen " Mob-Arten"? Für das Opfer im brennenden Haus ist der Unterschied akademusch. Natürlich kann man nicht "die" Gelbwesten über einen Kamm scheren. Da gebe ich Ihnen recht. Dass Zündeln jedoch möglich war, zeigt, dass die Gelbwesten sich gerade selber in ihrem Anliegen zerlegen. Als Verschwörungsthroretiker würde ich das als Aktion von Agents Provocateurs erklären. Die Rechtfertigungen einiger Gelbwesten vor der Kamera belegen aber das Gegenteil.

        • 8G
          88181 (Profil gelöscht)
          @Walter Sobchak:

          Die einen zünden Häuser an, die anderen kämpfen für ihre Rechte. Das nennt man wohl Vielfalt des Widerstands.

          Ich hoffe, dass die, die für ihre Rechte kämpfen sich von denen, die Häuser anzünden, klar distanzieren.

          • @88181 (Profil gelöscht):

            Wir sind uns - denke ich - einig, daß dieser brutale Aktionismus kein Widerstand ist. Aber: Ist Distanzieren dann nicht wie das nachträgliche Konstruieren von Bezugsgruppen, die es ohnehin nicht gab?

          • @88181 (Profil gelöscht):

            Ich glaube es kaum. Im Zusammenhang mit den Gelbwesten gab es bereits 10+ Tote. Da scheint bei denen noch Luft nach oben zu sein.

            • 8G
              88181 (Profil gelöscht)
              @Rudolf Fissner:

              Schlimm genug. Aber das waren Demonstranten, oder?

              • @88181 (Profil gelöscht):

                Ja und? Sind doch deshalb nicht Einwegmenschen zum Politik spielen.



                Demonstrationen werden organisiert und dafür gibt es Verantwortliche.

  • Die Wut wächst.



    Zur Besänftigung könnte Macron ja per Hubschrauber Baden-Baden besuchen...

  • Was die Nazis vermieden machen die Franzosen selbst. Die Champs-Elysées sind großenteils zerstört. Den Willen dazu habe ich heute Früh schon gespürt. Jetzt bin ich gerade wieder über die Champs-Elysées zurückgegangen, ohne Worte...



    Wer glaubt, dass diese Bewegung den Franzosen irgendeine Verbesserung bringt, dem ist nicht zu helfen. Reine Revolutionsfolklore, und eine sehr schlechte dazu...