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Gekürzte Vergütung von BioenergieBiomasseanlagen auf dem Rückzug

Die Bundesregierung deckelt die Vergütung von Bioenergie. Bei der ersten Ausschreibung für Biomasseanlagen 2024 gingen viele Betreiber leer aus.

Werden perspektivisch nicht mehr, sondern weniger: Biogasanlagen wie diese hier in Torgelow in Meckenburg-Vorpommern Foto: Jens Büttner/dpa

Osnabrück taz | Im Jahr 2023 prägten knapp 10.000 Erzeugungs-Anlagen den ländlichen Raum. Aber mehr wird es nicht werden – im Gegenteil. Das „Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien“ (EEG) sehe „als Ziel der installierten Leistung von Bioenergie im Stromsektor im Jahre 2030 insgesamt 8.400 MW vor“, schreibt Robert Säverin, Sprecher des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, der taz. Derzeit installiert sind 9.000. Denn „auch wenn sie natürlichen Ursprungs ist und ein erneuerbarer Rohstoff“, hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Herbst 2022 gesagt, sei „ihr Einsatz nicht per se klima- und umweltfreundlich“.

An eine Einspeisevergütung zu kommen, ist daher nicht leicht: Erhielt ein Betreiber früher für eine Neuanlage automatisch 20 Jahre lang festes EEG-Geld, muss er heute an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen; für Bestandsanlagen, deren Vergütungsverträge ausgelaufen sind, gilt das Gleiche. Man bietet eine Leistungsmenge in Megawatt (MW) und hofft auf den Zuschlag. Für Neuanlagen bringt der 20 Jahre lang Geld, für Bestandsanlagen 10.

Das Problem für die Anbieter: Viele von ihnen gehen leer aus. Die erste Biomasse-Ausschreibung 2024 sei „stark überzeichnet“ gewesen, kritisiert der Fachverband Biogas, 3.200 Betreibermitglieder stark. „Knapp zwei von drei Anlagen haben keinen Zuschlag erhalten.“ Viele Betreiber seien „verunsichert“. 788 Gebote gingen ein, im Umfang von 742 MW. Nur 263 Gebote waren erfolgreich, denn das Ausschreibungsvolumen war bei rund 240 MW gedeckelt.

Den Zuschlag bekommt, wer pro Kilowattstunde (kWh) weniger fordert als die anderen. Das führt dazu, dass die Betreiber sich unterbieten. Und die Ausschreibungsmengen sinken weiter. Für 2024 sind es insgesamt 500 MW, in ganz 2028 werden es nur noch 300 sein.

Anlagen in nördlichen Bundesländern benachteiligt

Das hat auch Auswirkungen auf die Wärmeversorgung, warnt Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas: „Wenn die Biogaswärme, die bei der Erzeugung von Strom in Blockheizkraftwerken eh anfällt, nicht mehr zur Verfügung steht, wird es an vielen Stellen schwer werden mit der Umsetzung der Wärmewende.“ Der Verband fordert ein Ausschreibungsvolumen von 1.800 MW pro Jahr.

In den nördlichen Bundesländern war es bisher besonders schwer, einen Zuschlag zu erhalten. Der Gesetzgeber habe mit dem EEG 2021 ein Zuschlagsverfahren eingeführt, „durch das die Hälfte des Ausschreibungsvolumens nur an Anlagen in der Südregion vergeben wird“, bestätigt Marta Mituta, Sprecherin der Bundesnetzagentur, der taz. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland hatten dadurch Vorteile.

Der „schleichende Ausstieg aus der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas“ trage „bedauerliche Früchte“, sagt auch Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Mehr und mehr Bestandsanlagen, deren EEG-Vergütung ausläuft, bekommen endgültig keinen Zuschlag für eine Anschlussvergütung und müssen nun stillgelegt werden.“

Zumindest die Südquote fällt jedoch zukünftig weg, befristet „bis Anfang 2028“, so Mituta. Das EEG biete für die Biomasse-Technologie „die Möglichkeit, dass sich diese – bereits abgeschriebenen – Anlagen erneut an einer Ausschreibung beteiligen können“, schreibt Säverin vom Bundeswirtschaftsministerium. „Diese Anschlussförderung gibt es für keine andere EE-Technologie, und sie ist mit hohen EEG-Förderkosten verbunden.“ Dass der Zuschlag über den Gebotspreis erfolgt, stelle sicher, „dass nur die kosteneffizienten Anlagen einen Zuschlag erhalten“.

Niedersachsen will Prämie statt Vergütung

Auch Niedersachsen ist reich an Biomasseanlagen. Die sollen „zunehmend als Reservekraftwerke“ eingestuft werden, „weniger als Grundlast“, schreibt Korbinian Deuchler, Sprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz, der taz.

„Biogas wird auch in Zukunft gebraucht“, sagt Umweltminister Christian Meyer (Grüne) der taz, dessen Bundesland sich wiederholt für die Abschaffung der Südquote eingesetzt hat. Niedersachsen wolle eine Umstellung „von einer reinen Einspeisevergütung zu einer flexiblen netzdienlichen Prämie, da Biogasanlagen flexibel gefahren werden können und dann eine besondere Vergütung erhalten sollten, wenn der Strombedarf hoch ist“.

Niedersachsen setze sich beim Bund dafür ein, „dass Anlagen, die flexibel Strom produzieren, in ein lokales Wärmenetz einspeisen und wirtschaftlich weiterbetrieben werden können, eine Perspektive bekommen“. Biogas, „insbesondere auf Basis von Rest- und Abfallstoffen“, könne „einen Beitrag zur Energiewende“ leisten.

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12 Kommentare

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  • Mal wieder ein schöner Übersichtsartikel über alle kursierenden Ausreden.



    Am härtesten: "Rest- und Abfallstoffe". Diese Stoffe haben einen niedrigen Energiegehalt und stehen gar nicht in großen Mengen zur Verfügung.



    Einfach Gärmaterial in einen Behälter zu kippen und damit einen Generator zu betreiben, ist maximal umweltschädlich. Gas ist speicherbar und damit ideal für Stromknappheit. Der Speicher kostet natürlich Geld. Das geht ja gar nicht.



    Den höchsten Hektar Ertrag liefern Solar Paneele, gerne auch aufgeständert. So das man die Fläche darunter weiter nutzen kann. Solarthermie liefert viel Wärme, auch im Winter. Ideal für die Kombination mit Gas und Wärmepumpe. Die Kosten einer Wärmepumpe sind übrigen geringer als bei einer Ölheizung. Ein Blick in den Bosch online shop würde das bestätigen.

    • @captainrik:

      Rest- und Abfallstoffe ist eine sehr heterogene Gruppe. Natürlich gibt es welche die nicht zum Vergären geeignet sind, aber z.B. nichtverfütterbares Stroh und Frittenfett ist jetzt nicht so ganz schlecht im Energiegehalt.



      Die Vergärung ist übrigens nicht maximal umweltschädlich wie Sie behaupten, im Gegenteil.



      Natürlich wäre es optimal das Gas für Spitzenlastzeiten oder die berühmt-berüchtigte Dunkelflaute zu speichern. Gasspeicher mit sehr großen Kapazitäten existieren ja bereits.

      • @0 Substanz:

        Ihre Argumente sind aus den 80ern. Die Welt dreht sich weiter. Gasspeicherung ist eben Stand der Technik, und damit eben Voraussetzung für Subventionen.



        Frittenfett ist gut zu recyceln, ja, aber um den Bedarf von Berlin zu decken, bräuchte es 2 Millionen Pommesbuden.



        Bitte beharren sie nicht auf Annahmen aus den 80ern. Manche Fachleute runzeln da die Stirn.

        • @captainrik:

          Sehr geehrter Herr CAPTAINRIK, ich wußte tatsächlich nicht, daß Vergärung inzwischen maximal umweltschädlich ist, danke für die Info. Auch, daß für Gasspeicher, die bis vor einigen Jahren unter der Regie von Gazprom betrieben wurden inzwischen Voraussetzungen für Subventionen sind, ist interessant.



          Weiterhin tut mir leid, daß ich ausgerechnet das Frittenfett als Beispiel für einen hochenergetischen Abfallstoff anführte.



          Weiterhin schwöre ich, daß ich nicht mehr auf Annahmen aus den 80ern beharren werde.

  • Bekanntlich haben CDU/SPD Wind und Sonne in Deutschland ausgebremst.



    Anscheinend bemüht sich Habeck um die zweifelhafte Ehre, auch noch die Bioenergie auszubremsen.

  • "...hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Herbst 2022 gesagt, sei „ihr Einsatz nicht per se klima- und umweltfreundlich“."



    Ja, wir nehmen lieber Braunkohle. Die ist umweltfreundlicher...



    Aber noch gibt es Hoffnung für Biogas: Anscheinend gibt es Fördergelder, wenn man daraus Wasserstoff macht:



    taz.de/Gruener-Was...s-Biogas/!6002876/



    Satire ist tot.

  • taz: *Die Bundesregierung deckelt die Vergütung von Bioenergie*

    Es wird ohnehin hauptsächlich Energiemais zur Energiegewinnung in Biogasanlagen genutzt. 'Als Energiemais wird Mais bezeichnet, der zur Energiegewinnung in Biogasanlagen genutzt wird.' In der Welt hungern immer mehr Menschen, aber in den reichen Industriestaaten baut man schon 'Energiemais' an, damit der Wahnsinn des klimaschädlichen Wirtschaftswachstum weitergehen kann. Dreiunddreißig (33%) Prozent des gesamten Maisanbaus in Deutschland ist 'Energiemais'. Durch die stark gehäuften Regen-Unwetter in Deutschland wurden übrigens schon Stimmen von Fachleuten laut, die dem verstärkten Maisanbau eine Schuld zuwiesen, da hierdurch die Aufnahmefähigkeit des Bodens für Wasser reduziert ist.

    So schaut sie aus, die Verrücktheit der reichen Industriestaaten, denn Mais der ausschließlich zur Energiegewinnung für das klimaschädliche Wirtschaftswachstum angepflanzt wird, obwohl in anderen Ländern Menschen verhungern, ist wohl kaum noch zu toppen.

    Das wirkliche Problem ist doch die Gier der Wirtschaft nach immer mehr Energie, um unsinnige Dinge zu produzieren, die kein Mensch wirklich benötigt.

  • Wieso heißt Biogas eigentlich "BIO"gas?



    Unser einziger Biogasbauer im Nachbarort hat all seine landwirtschaftlichen Flächen auf Monokultur Biogasmais umgestellt. Da es keine Futterpflanzen sind, unterliegen sie auch kaum Vorschriften, was Düngung und Insektizide angeht. Es wird gedüngt uns gespritzt was das Zeug hält, Hauptsache viel Mail für viel Gas. Eigenen Angaben zu Folge verdient er damit deutlich mehr als früher, wo er noch Gemüsebauer war. Tolles "Biogas".

    • @Rudi Hamm:

      Exakt die gleichen Vorschriften wie bei allen andern Nutzungsformen. Und bei Mais deutlich weniger als bei fast allen anderen Kulturen.

      • @Edzard Dralle:

        Hat Mais nicht einen enormen Düngerbedarf?

        • @0 Substanz:

          Nein. Im Gegenteil kommt Mais auch mit "Unterdüngung" relativ gut zurecht. Daher wächst in den so genannten roten Gebieten mit der Vorgabe 20% Stickstoff unter Bedarf zu düngen auch der Maisanbau.



          Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.