Gekürzte Vergütung von Bioenergie: Biomasseanlagen auf dem Rückzug
Die Bundesregierung deckelt die Vergütung von Bioenergie. Bei der ersten Ausschreibung für Biomasseanlagen 2024 gingen viele Betreiber leer aus.
An eine Einspeisevergütung zu kommen, ist daher nicht leicht: Erhielt ein Betreiber früher für eine Neuanlage automatisch 20 Jahre lang festes EEG-Geld, muss er heute an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur teilnehmen; für Bestandsanlagen, deren Vergütungsverträge ausgelaufen sind, gilt das Gleiche. Man bietet eine Leistungsmenge in Megawatt (MW) und hofft auf den Zuschlag. Für Neuanlagen bringt der 20 Jahre lang Geld, für Bestandsanlagen 10.
Das Problem für die Anbieter: Viele von ihnen gehen leer aus. Die erste Biomasse-Ausschreibung 2024 sei „stark überzeichnet“ gewesen, kritisiert der Fachverband Biogas, 3.200 Betreibermitglieder stark. „Knapp zwei von drei Anlagen haben keinen Zuschlag erhalten.“ Viele Betreiber seien „verunsichert“. 788 Gebote gingen ein, im Umfang von 742 MW. Nur 263 Gebote waren erfolgreich, denn das Ausschreibungsvolumen war bei rund 240 MW gedeckelt.
Den Zuschlag bekommt, wer pro Kilowattstunde (kWh) weniger fordert als die anderen. Das führt dazu, dass die Betreiber sich unterbieten. Und die Ausschreibungsmengen sinken weiter. Für 2024 sind es insgesamt 500 MW, in ganz 2028 werden es nur noch 300 sein.
Anlagen in nördlichen Bundesländern benachteiligt
Das hat auch Auswirkungen auf die Wärmeversorgung, warnt Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas: „Wenn die Biogaswärme, die bei der Erzeugung von Strom in Blockheizkraftwerken eh anfällt, nicht mehr zur Verfügung steht, wird es an vielen Stellen schwer werden mit der Umsetzung der Wärmewende.“ Der Verband fordert ein Ausschreibungsvolumen von 1.800 MW pro Jahr.
In den nördlichen Bundesländern war es bisher besonders schwer, einen Zuschlag zu erhalten. Der Gesetzgeber habe mit dem EEG 2021 ein Zuschlagsverfahren eingeführt, „durch das die Hälfte des Ausschreibungsvolumens nur an Anlagen in der Südregion vergeben wird“, bestätigt Marta Mituta, Sprecherin der Bundesnetzagentur, der taz. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland hatten dadurch Vorteile.
Der „schleichende Ausstieg aus der Strom- und Wärmeerzeugung aus Biogas“ trage „bedauerliche Früchte“, sagt auch Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie. „Mehr und mehr Bestandsanlagen, deren EEG-Vergütung ausläuft, bekommen endgültig keinen Zuschlag für eine Anschlussvergütung und müssen nun stillgelegt werden.“
Zumindest die Südquote fällt jedoch zukünftig weg, befristet „bis Anfang 2028“, so Mituta. Das EEG biete für die Biomasse-Technologie „die Möglichkeit, dass sich diese – bereits abgeschriebenen – Anlagen erneut an einer Ausschreibung beteiligen können“, schreibt Säverin vom Bundeswirtschaftsministerium. „Diese Anschlussförderung gibt es für keine andere EE-Technologie, und sie ist mit hohen EEG-Förderkosten verbunden.“ Dass der Zuschlag über den Gebotspreis erfolgt, stelle sicher, „dass nur die kosteneffizienten Anlagen einen Zuschlag erhalten“.
Niedersachsen will Prämie statt Vergütung
Auch Niedersachsen ist reich an Biomasseanlagen. Die sollen „zunehmend als Reservekraftwerke“ eingestuft werden, „weniger als Grundlast“, schreibt Korbinian Deuchler, Sprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz, der taz.
„Biogas wird auch in Zukunft gebraucht“, sagt Umweltminister Christian Meyer (Grüne) der taz, dessen Bundesland sich wiederholt für die Abschaffung der Südquote eingesetzt hat. Niedersachsen wolle eine Umstellung „von einer reinen Einspeisevergütung zu einer flexiblen netzdienlichen Prämie, da Biogasanlagen flexibel gefahren werden können und dann eine besondere Vergütung erhalten sollten, wenn der Strombedarf hoch ist“.
Niedersachsen setze sich beim Bund dafür ein, „dass Anlagen, die flexibel Strom produzieren, in ein lokales Wärmenetz einspeisen und wirtschaftlich weiterbetrieben werden können, eine Perspektive bekommen“. Biogas, „insbesondere auf Basis von Rest- und Abfallstoffen“, könne „einen Beitrag zur Energiewende“ leisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung