piwik no script img

Geflüchtete mit gefälschten DokumentenNur 2,25 Prozent sind falsche Syrer

Reisen viele Flüchtlinge mit gefälschten Papieren nach Deutschland ein? Neuen Angaben der Bundesregierung zufolge ist deren Anteil sehr niedrig.

Nicht gefälscht: Syrische Geflüchtete Foto: dpa

Berlin taz | Es war ein Klischee, das viele Vorurteile befeuerte: Flüchtlinge, die angeblich zu Tausenden mit gefälschten Pässen in Deutschland auftauchten und sich hier als Syrer ausgaben. In Wirklichkeit ist aber nur ein sehr kleiner Bruchteil der Dokumente der Eingereisten gefälscht, ergeben neue Zahlen der Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag.

Danach wurden von überprüften Dokumenten der Geflüchteten im Jahr 2016 vom Bundesamt für Migration nur 2,6 Prozent als ge- oder verfälscht bewertet. Bei Geflüchteten, die angaben, aus Syrien zu kommen, waren es sogar nur 2,25 Prozent. „Die lautstarken Lamentos über angeblichen Missbrauch des Asylrechts sind verlogen“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke.

Das Bundesinnenministerium weist allerdings gern auf Schätzungen der Bundespolizei hin, nach denen 60 bis 90 Prozent der Geflüchteten gar kein Identitätsdokument vorweisen. Eine genaue Statistik darüber gibt es nicht beim Bundesamt für Migration, die Schätzungen sind aber durch Erfahrungen der Außenstellen des Bundesamts nicht gedeckt.

Laut einer Antwort der Bundesregierung vom November 2015 auf eine Anfrage der Linksfraktion legten 80 Prozent der syrischen Antragssteller in den Außenstellen Dokumente vor, darunter meist Pässe oder ID-Karten. Von den Eritreern präsentierten weniger als 10 Prozent Dokumente, obwohl deren Anerkennungschancen hoch sind. „Diese Zahlen zeigen, dass Flüchtlinge häufig aufgrund von Verfolgung, Kriegsereignissen oder einer repressiven Bürokratie nicht in der Lage sind, sich Papiere zu verschaffen“, sagte Jelpke.

Syrien, Afghanistan, der Irak und Eritrea waren auch im Januar 2017 die Hauptherkunftsländer der Asylsuchenden. Aus Somalia und Nigeria hingegen kamen insgesamt nur 7,8 Prozent, noch weniger aus anderen afrikanischen Staaten. Im Januar 2017 wurden 16.000 Erstanträge auf Asyl gestellt, ein Jahr zuvor war die Zahl mehr als dreimal so hoch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Der Budnesinnenminister von der CDU hatte doch mal 30 % gesagt und an der Zahl werden sich jetzt die Rechtsextremisten festbeißen.

     

    Wie erklärt eigentlich de Maiziere die falsche Zahl? War es ein Versehen? Ein Kommaverschieber oder was?

  • Toll, hier wird immer wieder schön mit irgendwelchen Prozentzahlen rumgeworfen... was ist eigentlich so schwierig daran, auch die Basis für die Rechnung anzugeben? 2,25% von wie vielen? Von den 16.000 im Januar? Von den 745.000 im ganzen letzten Jahr? Die Zahl "2,25%" hört sich so schön klein und unbedeutend an... Sorry, aber das ist ungenügend...

  • Ob "mit" oder "ohne" Papiere: Es bleibt die Grundsatzfrage: Kann man z.B. den ca. 33 Mio. Einwohnern Afghanistans zumuten, dort zu leben?

     

    - politische Flucht oder wirtschaftliche Flucht?

     

    Es ist vor allem die Hoffnung auf ein materiell gesichertes Leben, was die Menschen aus den [lateinamerikanischen] asiatischen, arabischen und afrikanischen Ländern außer Landes treibt.

     

    Die soziale, ökonomische und politische Umwälzung in den Krisenregionen kann nicht aus Deutschland und Europa [militärisch] exportiert und in die Konfliktregionen importiert werden. Die in neo-kolonialistischer und imperialistischer Abhängigkeit und sozioökonomischer Unterentwicklung und Ausbeutung gehaltenen Regionen der Welt müssen sich selbst befreien.

     

    An dieser sozial- und gesellschaftspolitischen Aufgabe des Umbruchs, in ihren jeweiligen Herkunftsländern und -regionen, müssen sich auch die (männlichen) Flüchtlinge beteiligen - und nicht nur die von ihnen zurückgelassenen Frauen, Kinder und alten Männer!

  • Wie viele Flüchtlinge kommen ohne Päße? Wer überhaupt keinen Paß vorlegt kann auch kein Fälscher sein.

    Das es in Deutschland Flüchtlinge gibt die unter Zb. 12 Idenditäten 12 mal Leistungen bezogen haben besagt doch alles.

  • Da sich die 2,6% auf das Jahr 2016 bezieht (die Zahl der Asylanträge lag 2016 bei insgesamt 745.545), und ich mal annehme, dass die Hälfte davon Syrier waren, dann komme ich schon auf Tausende: 400.000 * 0,026 = 10.400 http://www.sueddeutsche.de/politik/asylbewerberzahlen-fuer-zahl-der-fluechtlinge-in-deutschland-extrem-gesunken-1.3328336

  • Gewißheit kann es bei diesem Problem nicht geben.

     

    2,25 Prozent, das sind die entdeckten Fälle. Über die Dunkelziffer gibt es keine Erkenntnisse, sondern allenfalls den möglichen Verdacht, daß manche Fälschungen nahezu perfekt sind. Doch dagegen hilft dann wieder das, was man an anderen Stellen auch als alternative Fakten bezeichnet.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Neuen Angaben der Bundesregierung zufolge ist deren Anteil sehr niedrig."

     

    Dieser Bundesregierung gehört ja auch der Herr de Maizière an. Wie geht der mit diesen Fakten um? In sein Raster passen die ja nicht.

  • Die Schlussfolgerung der Sprecherin der Linksfraktion in Bezug auf die Eritreer ist - zumindest so wie im Artikel beschrieben - nicht von den Tatsachen gedeckt. Man könnte umgekehrt aus den Zahlen rauslesen, dass die 90 % ohne Papiere genau keine Papiere besitzen, weil sie keine Eritreer sind, sondern z.B. Äthiopier. Sie geben sich als Eritreer aus, gerade weil die Anerkennungsquote hoch ist. Die Annahme ist genauso berechtigt wie die andere Annahme.

  • 1G
    • @10236 (Profil gelöscht):

      Was ändert das jetzt an der Feststellung, dass nur 2024 % der Syrer mit gefälschten Pässen einreisen?

      • @Artur Möff:

        2,25 % natürlich.

  • Womit noch einmal offiziell bestätigt wurde: De Maizières Behauptung, 30% der syrischen Flüchtlinge seien in Wirklichkeit keine, war komplett erfunden. Oder anders gesagt: Der Minister hat gelogen. Genau des bestätigt jetzt ausgerechnet das Innenministerium selbst. Also de Maizières Haus.

    Und es war ja nicht die einzige Erfindung. Wir erinnern uns z.B. noch an die angeblich gefälschten Arzt-Atteste. Auch das war komplett falsch.

    Konsequenzen? Anscheinend keine.

  • Hat sich eben schnell herumgesprochen, dass die fonanziellen Aufwendugen für gefälschte Pässe überflüssig sind. Ganz ohne Papiere gehts doch auch und ist billiger.

  • Wäre ganz hilfreich dazu zu sagen, dass das BAMF äußerst schlampig zu prüfen scheint:

    http://www.br.de/nachrichten/bamf-schlamperei-vorwurf-100.html

  • War das nicht der Hauptgrund, warum das Bamf die Handys von Asylbewerbern auslesen will?

    • @JoWall:

      Tja...