Geflüchtete aus griechischen Lagern: Keine weiteren Aufnahmen geplant
2.812 Geflüchtete aus Griechenland hat Deutschland aus humanitären Gründen aufgenommen. Die Linkspartei kritisiert das Ende des Programms.
Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor. „Alle Personen mit Aufnahmezusage sind zwischenzeitlich eingereist“, schrieb Innenstaatssekretär Mahmut Özdemir (SPD). Und: „Es bestehen zurzeit keine konkreten Überlegungen zu weiteren Aufnahmeverfahren aus Griechenland.“
Überwiegend kamen die Geflüchteten per Charterflug nach Deutschland, zunächst im Rahmen des Programms zur Aufnahme von kranken Kindern und ihren Familien sowie zur Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen. Die größte Gruppe konnte nach dem Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos im September 2020 ausreisen. Hauptherkunftsland der aufgenommenen Menschen ist Afghanistan, gefolgt von Syrien.
Allerdings konnten laut der Antwort der Bundesregierung insgesamt 103 Personen aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht einreisen – in die Auswahl einbezogen waren außer dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auch das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und der Verfassungsschutz. Zur Dauer des Aufnahmeverfahrens der einzelnen Antragsteller:innen macht die Regierung keine Angaben, diese sei „statistisch nicht erfasst“ worden. Auch ist unklar, wie viele der 2.812 Geflüchteten einen Asylantrag gestellt haben. Auch hierzu gibt es laut Bundesregierung keine Statistik.
Kritik von Linkspartei
Die Linken-Politikerin Bünger zieht eine ernüchternde Bilanz der Hilfe und spricht von „mikroskopischen Aufnahmeprogrammen“ der EU-Staaten. Ihr fehlt eine dauerhafte Entlastung der Ersteinreisestaaten an den europäischen Grenzen und eine faire Verantwortungsteilung beim Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union.
Stattdessen drohe eine Ausweitung und Verrechtlichung des „menschen- und rechtsstaatswidrigen Hotspot-Systems“, dies als Folge der von den EU-Innenminister:innen erteilten Zustimmung zur Screening-Verordnung. Die Verordnung soll dazu beitragen, die Personenkontrollen an den Außengrenzen der Europäischen Union zu verstärken.
Bünger sagte, sie erinnere sich noch gut daran, welche Szenen sich im Herbst 2020 auf Lesbos im damals völlig überfüllten Camp Moria abgespielt hätten: „Verzweifelte Frauen, Männer und Kinder, die über Nacht all ihr Hab und Gut verloren hatten, irrten tagelang über die Insel. Dabei wurden sie von der Polizei und von Inselbewohner:innen gejagt und angegriffen.“
Richtig wäre es damals gewesen, „das menschenverachtende Hotspot-System ein für alle Mal aufzulösen und den dort festsitzenden Geflüchteten die Einreise in die EU zu ermöglichen“. Stattdessen hätten sich die Mitgliedsländer der Union auf den Bau neuer Lager verständigt, „mit den bekannten Folgen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl