Gefälschte Corona-Impfdaten?: Hausdurchsuchung bei Bolsonaro
Brasiliens Ex-Präsident wird beschuldigt, mit falschen Impfpässen in die USA gereist zu sein. Er hatte immer wieder betont, nicht geimpft zu sein.
Bolsonaro und einige seiner nächsten Angehörigen stehen unter Verdacht, mit gefälschten Impfpässen in die USA eingereist zu sein. Die Ermittlungen richten sich gegen eine mutmaßliche kriminelle Vereinigung, die falsche Impfdaten in ein System des Gesundheitsministeriums eingegeben haben soll. Neben Bolsonaros Adresse durchsuchten die Beamt*innen der Bundespolizei weitere Immobilien und verhafteten mehrere Verbündete des Rechtsradikalen, unter anderem Oberstleutnant Mauro Cid Barbosa, die ehemalige rechte Hand Bolsonaros.
Laut den Ermittler*innen sollen die Impfdaten Bolsonaros, seiner 12-jährigen Tochter Laura und Barbosas gefälscht gewesen sein. Bolsonaro erklärte, von der Hausdurchsuchung „überrascht“ gewesen zu sein, und beteuerte seine Unschuld. „Ich war nicht geimpft. Punkt“, sagte der 68-Jährige zu einer Gruppe Reporter*innen vor seiner Wohnung. Bolsonaro soll während des ermittelten Zeitraums dreimal in die USA eingereist sein.
Bolsonaro hatte die Gefahren des Coronavirus, das in Brasilien 700.000 Menschen tötete, öffentlich heruntergespielt und das Virus mehrfach als „kleine Grippe“ bezeichnet. Außerdem steht Bolsonaro in Verdacht, den Kauf von Impfstoffen aus politischen Gründen sabotiert zu haben. Immer wieder hatte er zudem behauptet, nicht geimpft zu sein, weigerte sich allerdings, Unterlagen vorzuweisen, die das beweisen. Der sozialdemokratische Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva, der am 1. Januar sein Amt antrat, forderte, Bolsonaro müsse für seine Handlungen während der Pandemie vor Gericht gestellt werden.
Bolsonaro verweigert Aussage
Während Rechte von einem „Komplott“ gegen ihr Idol sprachen, feierten viele die Hausdurchsuchung in der Wohnung des Ex-Präsidenten. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er sich im Gefängnis für seine Verbrechen verantworten muss“, twitterte der linke Bundesabgeordnete Guilherme Boulos.
Nach Rücksprache mit Verbündeten verweigerte Bolsonaro am Mittwoch die Aussage vor der Bundespolizei. In einem Interview mit dem rechten Sender Jovem Pan erklärte der mit den Tränen ringende Bolsonaro, dass bei seiner Einreise in die USA kein Impfnachweis gefordert gewesen wäre. Sollte er lügen, drohen ihm schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen.
Und der mögliche Skandal um die gefälschten Impfnachweise ist nur einer von vielen: Bolsonaro sieht sich mit einer Reihe von Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verbrechen konfrontiert. Ein Problem dabei: Dass er seit seinem Ausschneiden aus dem Präsidentenamt keine Immunität mehr vor Strafverfolgung hat. Ende April musste Bolsonaro bereits vor der Bundespolizei aussagen, die ihn als möglichen „intellektuellen Anstifter“ für die Ereignisse am 8. Januar sieht. An diesem Tag hatten Anhänger*innen des Ex-Präsidenten das Regierungsviertel in Brasília gestürmt und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Bolsonaro hatte während seiner Amtszeit regelmäßig Lügen über das Wahlsystem verbreitet und seine Unterstützer*innen zu antidemokratischen Protesten aufgepeitscht.
Bolsonaro war erst vor wenigen Wochen von einem längeren USA-Aufenthalt nach Brasilien zurückgekehrt. Die extreme Rechte wollte die immer noch große Popularität ihrer Führungsfigur nutzen, um den Kampf gegen die Lula-Regierung zu intensivieren. Eine mögliche Verurteilung könnte ihrer Bewegung nun schaden. Viele Expert*innen rechnen auch damit, dass Bolsonaro schon bald seine politischen Rechte verlieren wird – und so nicht mehr zu Wahlen antreten kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich