Gastronomie in Berlin: Ausschank auf dem Parkplatz

In Zeiten von Corona dürfen Wirte und Ladeninhaber in Friedrichshain-Kreuzberg bald ihre Tische auf öffentliches Straßenland stellen.

Paar beim Kuchen-Kaiser in Kreuzberg

Mittags beim Kuchen-Kaiser am Oranienplatz in Kreuzberg Foto: plu

Vor dem Kuchen-Kaiser sitzt ein ergrautes Paar in der Sonne. Kurz vor 12 Uhr sind die beiden an diesem Dienstag in dem Restaurant am Oranienplatz in Kreuzberg fast die einzigen Gäste. Die Atemschutzmasken unter dem Kinn hängend schlürft sie einen Kaffee, er eine Saftschorle. Abends und am Wochenende ist das Lokal besser besucht. „Aber alle wollen draußen sitzen“, erzählt Masen Kerdi, Assistent der Geschäftsführung. „Selbst bei 13 Grad und grauem Himmel.“

Überall ist das so. Jeder Quadratmeter Außenfläche ist für Wirte in Zeiten von Corona bare Münze. Die Gäste sind verunsichert, nur wenige wollen trotz Mindestabstand drinnen sitzen.

Das Angebot des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg kommt somit gerade recht: Gastronomische Betriebe, Gewerbetreibende, Einzelhandel und soziale Projekte dürfen mit Stühlen und Tischen auf die Pkw-Parkflächen vor ihrem Laden oder Lokal ausweichen. Voraussetzung ist, dass sie bis 17. Mai unter fixmyberlin.de eine entsprechende Anfrage gestellt haben.

Rund 300 Anträge seien eingegangen, sagt Felix Weisbrich, Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes des Bezirks, am Dienstag zur taz. Über 100 Meldungen beträfen den Raum Dresdner Straße, Boxhagener Platz und Samariterstraße.

Jeder Antrag werde einzeln geprüft. Nicht jeden werde man genehmigen können. Lokalitäten an stark befahrenen Straßen schieden zum Beispiel aus. Auch das stellt Weisbrich klar: „Wir werden definitiv keine Straßen sperren.“

Ursprünglich hatte es geheißen, dass auch Platzbedarfe auf der Fahrbahn angemeldet werden könnten. „Alles muss im Verhältnis bleiben“, sagt Weisbrich nun. Dem Amtsleiter eilt der Ruf voraus, die Pandemie zu nutzen, um die Verkehrswende in seinem Bezirk durchzudrücken. Die Fahrradstreifen schießen in Kreuzberg zurzeit nur so aus dem Boden.

Weisbrich weist das zurück: „Wir agieren nicht besonders radikal, die Situation ist radikal“, sagt er. Bei 50.000 Parkplätzen in einem ex­trem verdichteten Bezirk müssten Abstriche gemacht werden. „Aber keiner sagt, alle Autos müssen weg.“

Geplant ist nun folgendes: Freitags bis sonntags zwischen 11 und 22 Uhr kann mit entsprechender Genehmigung ein Halteverbot vor dem betreffenden Laden und Lokal erlassen werden. Genauso lang wie die Ladenfront, um der unterschiedlichen Größe der Lokalitäten gerecht zu werden.

„Bei einem kleinen Imbiss wäre das ein einzelner Parkplatz“, sagt der Amtsleiter. Am Wochenende vom 5. bis 7. Juni werde man die Aktion hoffentlich starten können.

Die Genehmigung ist gebührenfrei. Aber es gibt Bedingungen: Schilder und Sperren müssen selbst aufgebaut werden, auf den Gehwegen muss mindestens zwei Meter für Fußgänger frei bleiben. Und: Die Betreiber müssen sich zur Einführung eines Pfandsystems bei To-go-Waren verpflichten.

„Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, nennt das Weisbrich. Es gehe darum, der Flut von Pizzakartons und Plastikbechern Herr zu werden.

Noch steht Friedrichshain-Kreuzberg mit dem Vorhaben alleine da. Aber Vorsicht, es besteht Ansteckungsgefahr. Christiane Heiß, in Tempelhof-Schöneberg als grüne Stadträtin zuständig für das Straßen- und Grünflächenamt, kündigte am Dienstag bereits an: „Ich werde dann mal im Nachbarbezirk gucken gehen, wie das so läuft.“

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