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Gasimporte aus RusslandPutins nächster Zug

Russland will bei Gaslieferungen zukünftig nur noch Zahlungen in Rubel akzeptieren – eine eher symbolische Maßnahme.

Wer russisches Gas importieren will, muss Gazprom künftig Rubel überweisen Foto: ITAR-TASS/imago

Berlin taz | Ab kommender Woche darf Europa für sein russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen. Das gab der russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch bekannt. Der Düsseldorfer Ökonom Jens Suedekum sagte der taz, er halte dies für „einen genialen kommunikativen Schachzug“ Putins, der substanziell aber nichts ändere. Denn auch jetzt, wo Gazprom seine Zahlungen in Dollar oder Euro erhält, muss der Staatsbetrieb 80 Prozent davon bei der russischen Zentralbank in Rubel umtauschen. Künftig müssten Gasimporteure direkt bei der – eigentlich sanktionierten – russischen Zentralbank Rubel mit Euro und Dollar kaufen, anstatt den Umweg über Gazprom zu nehmen.

Die Ankündigung kommt kurz vor dem EU-Sondergipfel, bei dem die Staats- und Regierungschefs auch über Maßnahmen wegen der hohen Energiepreise beraten werden. Die EU-Kommission will laut einem Dokument, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, vorschlagen, gemeinsam Strom einzukaufen.

Außerdem will sie den Staaten die Option an die Hand geben, den Gaspreis zu deckeln. Weil der Strompreis aufgrund eines Preismechanismus vom Gaspreis abhängig ist, könnte das trotz des geringen Anteils von Gas am Strommix die Stromkosten stark verringern. Die Bundesregierung steht einem solchen Eingriff in die Preisfindung bislang ablehnend gegenüber. Zu Recht, meint Suedekum: „Wir haben eine echte Gasknappheit, und die lässt sich nicht durch Preisdeckel kaschieren.“ Der gemeinsame Stromkauf sei dagegen sinnvoll. Für eine Entlastung der von den hohen Energiekosten besonders stark Betroffenen, also vor allem Menschen mit geringem Einkommen, müsse es statt einer Preisdeckelung Einkommenstransfers geben.

Dem stimmt auch Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu. Das Preissignal der Energieknappheit und der Wettbewerb seien zu wichtig. Führe man jetzt Preisdeckel ein, werde bei jedem zukünftigen Preisanstieg wieder danach geschrien. Stattdessen solle die Bundesregierung den Sommer nutzen, um Strukturen wie das Energiegeld aufzubauen, die Ver­brau­che­r*in­nen bei hohen Energiepreisen entlasten können.

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9 Kommentare

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  • Der Herr 'Ökonom' hat die Sache wohl nicht ganz durchdacht und wollte spontan seine Gedanken in der Öffentlichkeit kundtun. Vielleicht hat er schon seine Meinung geändert. Wenn nicht sollte er auch in der heutigen Ausgabe einen entsprechenden Artikel lesen. Die Inhalte braucht man hier nicht nochmal zu wiederholen. Kurz: Putin will mit der Maßnahme den Rubel zu seinem Vorteil stützen und den Krieg besser finanzieren können.

    Ich verstehe die hier und in vielen anderen Medien veröffentlichten und gut erklärten Fakten - brauche mich aber deshalb nicht als ein angeblich sachverständiger Ökonom zu bezeichnen..

  • Putin möchte den Rubel durch betrügerische Erpressung (den Wechselkurs wird er sicherlich nicht fair ansetzen) stabilisieren. Dass er diesen Vertragsbruch als notwendig erachtet, spricht für ein Wirken der Sanktionen.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""-------„einen genialen kommunikativen Schachzug“---------------"



    ==



    Nö - Jens Suedekum hin oder her - was Putin plant ist Vertragsbruch - sämtliche Gaskäufe werden in Dollar abgerechnet - so steht es in den Verträgen.

    2.. Darüber hinaus ist Suedekum der Spezioalist der weiß, das Rubel über die russische Zentralbank gekauft werden müßten weil Rubel auf dem Weltmarkt in diesen Mengen kaum anderswo erhältlich ist.

    Das bedeutet: Putin möchte den Westen zwingen eigenen Sanktionen zu unterlaufen - denn die russische Zentralbank ist sanktioniert.

    ""...........Gas und Strompreis ...........""



    ==



    UVDL/ Kommisionspräsidentin der EU ist gerade dabei mit den USA zu verhandeln Gaslieferungen nach Europa umzulenken um den Winter 22/23 und 23/24 abzudecken. Das ist sehr viel sinnvoller als Energiepreise zu deckeln weil höhere Energiepreise der Motor sind Innovationen in den grünen EnergieProduktionsUmbau umzulenken, anzuziehen und zu intensivieren.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Da nur ein Teil des Gases über lang- und mittelfristige Verträge geliefert wird, könnte die Rubelregel ohne Bruch der alten Verträge auch nur für neue Kontrakte gelten.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      So isses, Unterlaufen der eigenen Sanktionen und vermutlich wird auch der Rubel durch die Verkäufe gestützt.



      Könnte aber auch ein Eigentor werden - so sich jemand dran hielte - denn der Rubelbedarf wäre enorm.



      Die Gaskonzerne sind ja nur teilstaatlich und es fließt also nicht alles zurück?



      Wie lang holen die Rubel ausm Keller, ohne die Drucker anzuwerfen?

  • 4G
    43985 (Profil gelöscht)

    Spannend das Saudi Arabien mit China Öl nur noch in Yuan handeln will und das Russland mit Sicherheit bald folgen wird, wenn sie dasselbe mit Gas bereits tun. Das der IWF heute darüber schreibt das der Dollar vielleicht bald nicht mehr Leitwährung ist, wird hier nicht erwähnt.

    • @43985 (Profil gelöscht):

      "Das der IWF heute darüber schreibt das der Dollar vielleicht bald nicht mehr Leitwährung ist..."



      Derartige Nachrichten gibt es seit der Existenz des Euro. Stattgefunden hat es bislang nur in kleinem Rahmen, wenn überhaupt.

    • @43985 (Profil gelöscht):

      Saudi Arabien hat schon mehrfach angekündigt, Öl nicht mehr in Dollar zu handeln. Der Grund? Die USA haben sie kritisiert (z. B. im UN Menschenrechtsrat). Haben sie es jemals durchgezogen? Nein. Werden sie es jemals tun? Nein.

      • 8G
        8190 (Profil gelöscht)
        @Devil's Advocate:

        Na, umso besser, dass das alles hier in Kommentarspalten entschieden wird.