G7 wollen Getreidepreise abbremsen: Gegen Exportverbote für Weizen
Der Ukraine-Konflikt sorgt für Engpässe bei Getreide. Deshalb wollen die G7 Ausfuhrbeschränkungen verhindern. Krieg erhöht Zahl Hungernder weltweit.
Die Maßnahmen sollen einer Knappheit durch den Krieg in der Ukraine entgegenwirken. Russland erzeugt dem Bundesagrarministerium zufolge 10 Prozent und die Ukraine 4 Prozent des Weizens weltweit. Beide Länder gehören zu den wichtigsten Exporteuren. Ihr Anteil an den globalen Ausfuhren beträgt 17 Prozent (Russland) und 12 Prozent (Ukraine). Die ukrainischen Exporte sind Medienberichten zufolge bereits beinahe zum Erliegen gekommen, da Handelswege gekappt und Infrastruktur zerstört worden sind. Der Handel mit Russland wird erschwert durch die Sanktionen gegen das Land infolge des Angriffs auf die Ukraine.
Um die Produktion hierzulande zu erhöhen, dürfen die deutschen Bauern 2022 Özdemir zufolge ausnahmsweise die Pflanzen von bestimmten „ökologischen Vorrangflächen“ verfüttern. Was dort wächst, wird normalerweise untergepflügt, um den Boden zu verbessern. Jetzt gibt das Ministerium den Aufwuchs auf 1,06 Millionen Hektar Zwischenfrüchteflächen und 0,17 Millionen Hektar Brache frei. Das entspricht etwa 7 Prozent des Agrarlands in Deutschland. Zudem will sich Özdemir dafür einsetzen, dass die EU Ökobauern ausnahmsweise gestattet, auch konventionelles Futter zu verwenden. Denn bisher hat die Ukraine einen Großteil der proteinhaltigen ökologischen Futterkomponenten wie Sonnenblumen und Sojabohnen geliefert.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN (FAO) rechnete in einer Simulation vor, dass die Zahl von unterernährten Menschen weltweit 2022/23 um 8 bis 13 Millionen steigen wird, wenn der Konflikt in der Ukraine noch Monate andauert. Betroffen davon seien dann vor allem der asiatisch-pazifische Raum, Länder südlich der Sahara, der Nahe Osten und Nordafrika. Laut FAO beziehen 26 Länder wie Eritrea, Kasachstan oder Somalia mindestens die Hälfte ihres Weizens aus der Ukraine und Russland.
Getreidepreise bereits auf Rekordständen
Wegen des Konflikts sind die Getreidepreise bereits auf Rekordstände gestiegen. Zu höheren Lebensmittelpreisen trägt auch bei, dass Energie infolge des Kriegs teurer geworden ist. Denn für die Produktion von Kunstdünger wird Erdgas benötigt, die Traktoren brauchen Diesel. Weil Deutschland und die EU mehr Weizen produzieren, als sie selbst verbrauchen, ist die Versorgung dort gesichert. Die ohnehin schon stark gestiegenen Lebensmittelpreise dürften jedoch weiter zulegen. Auch Fleisch und Milch könnten teurer werden, weil das Futter mehr kostet.
Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte in Deutschland stiegen im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat um 21,1 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Die Verbraucher mussten demnach für Lebensmittel im Februar durchschnittlich 5,3 Prozent mehr als vor einem Jahr zahlen.
Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund oder Greenpeace forderten, im Kampf gegen eine drohende Hungerkrise die Fläche für den Anbau von Biokraftstoffen zu reduzieren: „Allein in Deutschland könnten hierdurch 800.000 Hektar freigemacht werden.“ Das entspricht knapp 5 Prozent der Agrarfläche, auf denen bisher zum Beispiel Weizen, Roggen oder Zuckerrüben für Bioethanol wachsen. Außerdem verlangten die Verbände, weniger Getreide zu verfüttern. Bisher landeten 60 Prozent der deutschen Produktion im Trog. Das World Food Programme müsse mehr Geld bekommen.
Die Organisationen lehnten es aber ab, auf Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft zu verzichten, um die Ernten zu vergrößern. Dabei geht es vor allem darum, dass ab 2023 mindestens 4 Prozent der Ackerflächen brachliegen oder von Bäumen, Hecken oder Tümpeln besetzt sein müssen, wenn die Landwirte EU-Agrarsubventionen erhalten wollen. Würden die Behörden diese Bedingung streichen, „kann hiermit nur wenig Produktionsfläche aktiviert werden“, argumentieren die Umweltschützer.
Mehr Hilfen für Entwicklungsländer
Denn schon jetzt liegt der Anteil bei etwa 2 Prozent. Solche Flächen seien meist auch nicht so produktiv. Für den Schutz vor Erosion sowie als Wasser- und Kohlenstoffspeicher etwa seien nicht produktive Flächen aber sehr wichtig. Ohne Klima- und Artenschutz „sind unsere Ernten langfristig massiv gefährdet“, so die Verbände.
Germanwatch forderte mehr Hilfen für Entwicklungsländer, ihre eigene Erzeugung mit ökologisch angepassten, nicht auf teurem Dünger und Pestiziden basierenden Methoden zu steigern.
Die unionsgeführten Agrarministerien der Länder dagegen verlangten, vorübergehend keine Flächen für den Naturschutz zu reservieren. „Ökologische Aspekte sind wichtig, sie müssen aber jetzt für die nötige Zeit ein Stück zurücktreten“, erklärten die Ressortchefs aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Auch die FDP hatte sich so geäußert.
Der Bauernverband stellte die „Green Deal“-Klimaschutzstrategie der EU-Kommission und deren Landwirtschaftsumsetzung in der „Farm to Fork“-Strategie infrage. Die Papiere fordern zum Beispiel, dass 2030 25 Prozent der EU-Agrarfläche bio sind. Der Pestizideinsatz soll im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre von 2015 bis 2017 um 50 Prozent sinken. Beide Ziele könnten die Erträge senken.
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