Fußfesseln für Gewalttäter: Richtig, um Frauenleben zu retten
Justizministerin Stefanie Hubig will elektronische Fußfesseln für gewalttätige Männer einführen. Das ist gut, reicht aber noch nicht.

G erade verhandelt das Landgericht Stendal einen Fall von Partnerschaftsgewalt: Eine junge Frau wurde von ihrem Ex-Partner getötet, obwohl dieser ein Annäherungsverbot gegenüber seiner früheren Freundin hatte. Doch das ignorierte er – und die Statistik ist um einen weiteren Femizid reicher. Was liegt da näher, nicht nur ein Annäherungsverbot auszusprechen, sondern dieses gezielt zu kontrollieren? Mit einer elektronischen Fußfessel, wie sie Justizministerin Stefanie Hubig einführen will?
Das ist richtig. Und wer jetzt mit dem Argument der eingeschränkten Freiheit kommt, der schaue sich häusliche und Partnerschaftsgewalt, die in der Mehrzahl von Männern ausgeht und gegen Frauen gerichtet ist, genau an: Jeden Tag versucht ein Mann, seine (Ex-)Partnerin zu töten – und fast jeden zweiten Tag gelingt das. Nicht wenige dieser Mörder wurden vorher vom Gericht oder von der Polizei mit einem Annäherungsverbot belegt – das sie bewusst ignorierten.
Wenn sie mit einer Fußfessel besser kontrollierbar sind, weil sowohl die Bedrohte als auch die Polizei über einen GPS-Tracker über Annäherungsversuche informiert werden, ist das ein Schutz, der tatsächlich Frauenleben retten kann. Das ist jedenfalls eine Erfahrung in Spanien, wo seit 2009 Gewalttätern Fußfesseln angelegt werden und kein Gewaltopfer mehr getötet wurde.

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Komplett verhindern können Fußfesseln Partnerschaftsgewalt und Femizide nicht. Dafür müsste der rechtliche Schutzrahmen für potenzielle Opfer noch weiter ausgedehnt werden, insbesondere beim Umgangsrecht für gewalttätige Väter. Solange der Vater „nur“ die Mutter seiner Kinder verprügelt, würgt, stalkt, dürfen die Kinder weiterhin zu ihm. Das ist falsch, weil nicht nur die Kinder indirekt von der Gewalt betroffen sind. Sondern, weil nicht wenige Femizide bei der Übergabe der Kinder passieren. Auch das will Ministerin Hubig gesetzlich nachbessern.
Wenn beide Maßnahmen – Fußfesseln und Umgangsverbot – rasch kommen, wird die Welt für Frauen hoffentlich ein klein wenig sicherer.
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