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Fußball gegen Kritik in ArgentinienEiner mit Macht

Aus Angst vor einem Journalisten ließ die Regierung die Fußball-Spielpläne ändern. Doch so leicht meiden Fans eine Serie über korrupte Politiker nicht.

Jorge Lanata in seiner Fernsehsendung „Periodismo para Todos“ („Journalismus für alle“). Screenshot: eltrecetv.com.ar

BUENOS AIRES taz | Die argentinische Regierung hat so viel Schiss vor einem Journalisten, dass sie die Fußballspielpläne geändert hat. Das aktuelle Topspiel der Ersten Liga wird seit vergangenem Wochenende nun immer sonntags um 21.30 Uhr angepfiffen – wegen eines einzigen Journalisten.

Mit seiner Fernsehsendung „Periodismo para Todos“ („Journalismus für alle“) hat Jorge Lanata den Fernsehknaller des Sonntagabends gelandet. In einer Mischung aus investigativem Journalismus und Politkabarett versucht er dem ehemaligen Präsidenten Néstor Kirchner und seinem getreuen Kreis aus Parteispezis, Wirtschaftsfreunden und anderen Gefolgsleuten Korruption und Geldwäsche in großen Stil nachzuweisen. Damit zielt er natürlich auf die Erbin des im Oktober 2010 verstorbenen Néstor und Nachfolgerin im Präsidentenamt, Cristina Kirchner.

Die Regierung hält die Fernsehrechte an den Fußballspielen, die Partie wurde live in der Sendung „Fútbol para Todos“ ausgestrahlt – Lanatas Sendung setzte sich mit 25 zu 16 Prozent Einschaltquote gegen das Staatsfernsehen durch.

Der Journalist ist zum Medienstar avanciert. Lanata ist der Gründer der einstmals erfolgreichen linken Oppositionszeitung Página/12, die heute aber nur noch ein Sprachrohr der Regierung ist – und er zieht auch schon mal drastisch über Kollegen her, von denen er vermutet, dass sie von der Regierung geschmiert worden sind.

Ausgestrahlt wird seine über Antenne zu empfangende Sendung über den Fernsehsender Canal 13, sie erreicht Einschaltquoten bis zu 30 Prozent. Schon seit vergangenem Jahr kommt er über den zum argentinischen Medienriesen Grupo Clarín gehörenden Sender in die Wohnzimmer.

Fantasie vom riesigen Kirchner-Schatz

Damit hat der 52-Jährige einen finanzkräftigen und meinungsmachenden Konzern hinter sich. Als Gegenleistung ist Lanata Claríns derzeit schlagkräftigste Waffe in dem seit vier Jahren tobenden Krieg zwischen der Kirchner-Regierung und dem Medienkonzern. Mitte April zeigte Lanata ein verdeckt aufgenommenes Interview mit einem mutmaßlichen Geldkofferträger des Bauunternehmers Lázaro Báez aus der Provinz Santa Cruz.

Dort war Néstor Kirchner vor seinem Antritt als Präsident 2003 zwölf Jahre lang Provinzgouverneur. Lázaro Báez stieg vom kleinen Bankangestellten zum millionenschweren Bauunternehmer auf. Nach den Recherchen von Lanata schob ihm die Provinz fast die gesamten öffentlichen Bauaufträge zu, um die sich Báez mit meist zwei seiner drei Baufirmen eine Scheinkonkurrenz lieferte.

„Lázaro ist Néstor“, so das Fazit von Lanata, der in den folgenden Sendungen versuchte aufzuzeigen, wie die beiseitegeschafften Millionen von Santa Cruz über Buenos Aires in ausländische Steuerparadiese transportiert wurden. Höhepunkte der Sendungen waren die Interviews mit Néstor Kirchners persönlicher Sekretärin, Miriam Quiroga, die vor laufender Kamera die Existenz der Geldkoffer und deren Hin und Her bestätigt. Die Fantasie vom riesigen Kirchner-Schatz in der Heimatprovinz Santa Cruz schoss danach mächtig ins Kraut.

Vergangene Woche lud der Lázaro Báez die Presse auf sein Anwesen in Santa Cruz. Báez wollte zeigen, dass es bei ihm nie einen begehbaren Safe gegeben hatte, dessen Existenz Lanata bei ihm vermutete. Die Hausführung überschnitt sich allerdings mit der Veröffentlichung von Fotos, die den mutmaßlichen Umbau ebenjenes Safe-Raums in einen Weinkeller zeigen. Die Aufnahmen hatte ein mutmaßlich an den Umbauarbeiten beteiligter Angestellter von Báez’ eigener Baufirma gemacht. Jorge Lanatas Fazit: Báez ließ eilends umbauen. Fortsetzung folgt – nächsten Sonntag, 21.30 Uhr.

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4 Kommentare

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  • H
    héctor

    Soll das Journalismus sein? Die TAZ stilisiert einen Provokateur der Medienkonzerne zum Freiheitskämpfer. Tausende "Enthüllungen", kein einziger Beweis. In Deutschland wäre er schon wg. übler Nachrede zigmal verurteilt. Dass er unbehelligt bleibt, soll er dem argentinischen Rechtsstaat und der einzigartigen Gesetzgebung über Meinungsferiheit, die er verachtet.

  • J
    Jorge

    Oh, haben es die kirchneristischen Trolle schon in die Taz geschafft?

     

    Für alle, die es nicht wissen: Die argentinische Regierung ist NICHT links. Cristina Kirchner pflegt zwar eine linksperonistische Rhetorik, in ihrer Regierung befinden sich jedoch mit Vize Amado Boudou ein bekennender Wirtschaftsliberaler und mit Guillermo Moreno gar ein Rechtskonservativer. Das Ergebnis? Eine Wurschtel-Politik mit Einflüssen aus allen ökonomischen Schulen, aber keine richtig angewendet.

     

    Daher haben wir jetzt auch schon 2 Jahre Stagnation mit hoher Inflation (25 % / Jahr) hinter uns.

     

    Natürlich ist die Clarín-Schmähkritik zum Teil ziemlich dreist und der Lieblingspolitiker der Clarín-Gruppe, der Multimillionär Mauricio Macri ist schon gar keine Alternative. Aber das rechtfertigt nicht das Eingreifen der Regierung gegen die Presse. Auch linke deutsche Regierungen haben die "Bild" ausgehalten.

  • L
    latino

    Ist das dein Ernst, Jürgen Vogt?

    Ein Produkt der Grupo Clarín als demokratisches Korrektiv zu verkaufen?

     

    Als nächstes dann Herrn Edwards aus Santiago als Speerspitze der progressiven Intelligenzija, Globovision als antidiktatorisches Sprachrohr der Freiheit?

    Manitos Blancos als basisdemokratische Antirassisten, Herr Uribe als Kämpfer gegen stalinistische Betonkopfguerilla?

    Porfirio Lobo als lobenswerter Verteidiger der honduranischen Verfassung?

     

    Der Mann weiss genug um es besser zu wissen...es kann gar nicht anders sein, er tut es mit Absicht.

    Er nimmt wirklich _jedes_ Thema mit, was auf der Agenda der rechten Medienkartelle Lateinamerikas und der US-Thinktanks, Sektion LATAM, steht.

  • LT
    luis tomé

    Das fehlte noch: die linke TAZ als Sprachrohr eines notorischen Lügners und Reaktionärs von Rechts (O-Ton Jorge Lanatas: "Ich bin ein Gorilla, na und?"), der offen zu Diensten der Medienkonzerne ist. Links, links, rechts!