piwik no script img

Früherer US-Präsident Donald TrumpAngeklagt wie ein Mafiaboss

Der Ex-US-Präsident und 18 Mitstreiter müssen sich vor Gericht in Georgia verantworten. Erneut geht es um Betrug bei der Präsidentschaftswahl 2020.

Gibt sich noch entspannt: Donald Trump, hier während eines Besuchs der Iowa State Fair am 12. August Foto: Charlie Neibergall/ap

Washington taz | Für seinen Versuch, das Wahlergebnis der US-Präsidentschaftswahlen 2020 anzufechten und zu seinen Gunsten zu kippen, muss sich Ex-Präsident Donald Trump erneut vor Gericht verantworten. Wie die Generalstaatsanwältin des US-Bundesstaates Georgia, Fanni Willis, am späten Montagabend verkündete, hat sich eine Grand Jury aus Bür­ge­r:in­nen dazu entschlossen, Anklage gegen Trump sowie 18 weitere Mitverschwörer zu erheben.

„Die Anklage wirft den Angeklagten vor, sich in einer kriminellen Organisation zusammengeschlossen zu haben, um das Wahlergebnis in Georgia zu kippen, ohne den rechtlichen Wegen zur Anfechtung des Wahlausgangs zu folgen“, erklärte Willis auf einer Pressekonferenz. Auf knapp 100 Seiten detailliert die Anklageschrift etliche Versuche von Trump und seinen Mitstreitern, die Wahlniederlage des Ex-Präsidenten in Georgia doch noch in einen Sieg zu verwandeln. Dazu zählen Versuche der Einschüchterung gegen den republikanischen Innenminister des Bundesstaates, damit er die nötigen Stimmen für einen Trump-Sieg findet. Erwähnung finden auch die Belästigung und Schikanierung von Wahlhelfern, denen unschuldigerweise Wahlbetrug vorgeworfen wurde, sowie der Plan, Lan­des­po­li­ti­ke­r:in­nen davon zu überzeugen, neue Wahlleute zu finden, die für Trump stimmen.

In einer offiziellen Stellungnahme bezeichnete Trumps Wahlkampf-Team die Anklage als politisch motiviert und die Anklagepunkte als komplett „fabriziert“ – die gleichen Anschuldigungen, die Trump und seine Anhänger bislang in allen rechtlichen Klagen gegen den Ex-Präsidenten erhoben haben. Laut Trump wird das US-Rechtssystem von Präsident Joe Biden als Waffe missbraucht, um seinen ärgsten Widersacher zu schädigen und die bevorstehende Wahl im kommenden Jahr zu beeinflussen. „Der rechtlichen Doppelmoral gegen Präsident Trump muss ein Ende gesetzt werden. Gemäß dem korrupten Biden-Kartell gibt es keine Regeln für Demokraten. Republikaner hingegen sehen sich einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt, wenn sie von ihren in der Verfassung geschützten Rechten Gebrauch machen“, hieß es in der Mitteilung.

Vierte Anklage für Donald Trump

Für Trump ist es mittlerweile die vierte Anklage innerhalb der vergangenen fünf Monate. In New York wurde Trump im März wegen einer Schweigegeld-Zahlung und der Manipulation von Geschäftsunterlagen angeklagt. Danach folgten zwei Anklagen auf Bundesebene – eine in Florida, wo er sich für seine angebliche unsachgemäße Handhabung von Geheimakten verantworten muss, und eine weitere in Washington zu seinen Versuchen, das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu drehen.

Die Anklage gibt einen guten Einblick in die Operation zur Anfechtung des Wahlergebnisses

Sowohl die Anklage in Georgia als auch die in Washington befassen sich mit Trumps Versuch, das Wahlergebnis zu kippen und die Bestätigung von ­Bidens Wahlsieg am 6. Januar 2021 im US-Kongress zu verhindern. Es gibt daher viele sich überschneidende Anklagepunkte, vor allem bezüglich der Pläne, die Bestätigung von Biden zu blockieren. Diese Pläne waren der Anstoß für den anschließenden Sturm auf das Kapitol.

Im Gegensatz zur bundesstaatlichen Anklage gibt die Anklage in Georgia einen genaueren Einblick in die Abläufe und benennt mehrere Drahtzieher der Operation zur Anfechtung des Wahlergebnisses. Neben Trump werden sein ehemaliger Stabschef Mark Meadows und der frühere Bürgermeister von New York und Trump-Anwalt Rudy Giuliani genannt. Ebenfalls namentlich identifiziert werden weitere Mitglieder von Trumps Rechtsteam. Die 41 Anklagepunkte vergleichen die letzten Wochen von Trumps Amtszeit mit den zwielichtigen Operationen von Mafiabossen oder Bandenführern.

Alle 19 Angeklagten können sich freiwillig bis 12 Uhr am 25. August stellen. Mit Hinblick auf die Wahlen im November 2024 und Trumps Position als Topfavorit für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner plädiert Generalstaatsanwältin Willis für einen raschen Gerichtstermin binnen sechs Monaten. Da Kameras in Gerichtsverhandlungen in Georgia erlaubt sind, könnte dies der erste Trump-Prozess sein, der live übertragen wird. Das letzte Wort hierbei hat allerdings der vorsitzende Richter.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Wenn Trump nochmal Präsident werden sollte, gibt es in den USA keine Demkratie irgendwelcher Art mehr. Trump selbst wird nicht ewig leben, aber sein System von Lügen und Spalten und Hetzen geht weiter und der nächste Drecksack wird nicht lange auf sich warten lassen. Vielleicht ist es diesmal eine Frau?

  • " Insbesondere weil er die Medien perfekt für sich auszunützen versteht." ... Es gehören immer zwei dazu.



    Ansonsten finde ich dieses Argument einfach nur am Thema vorbei. Die Menschen, die in den USA Trump oder De Santis wählen, die sind nicht blöd. Die wollen das so. Nicht trotz, sondern wegen ...



    Genau wie bei uns. Die Wähler der AfD verzeihen nicht die (für uns unerträglichen) Ausfälle, sondern genau deswegen wird die AfD gewählt.



    Ich bleib dabei: Wer Nazis wählt ist Nazi. Nix Protest, oder so eine Verharmlosung. Das sind echte, knallharte Nazis.

  • Gegen Trump helfen nur Fakten-Checks. Das fällt bei den Massen an Lügen, die er verbreitet sehr schwer. Insbesondere weil er die Medien perfekt für sich auszunützen versteht.



    Sobald Herr Trump weitere Lügen verbreitet, bekommt er jedwede Medienpräsenz. Beispielsweise hat er Lügen über den Bundesstaat Georgia (Mordstatistik mit falschen Jahreszahlen) und die Staatsanwältin Willis, die den Mut hat, diesen Prozess gegen 19 Angeklagte ins Rollen zu bringen verbreitet, die Fakten-Checks nicht standhalten. Nur wenige Menschen machen sich die Mühe, nachzulesen. In der Fernsehmedienlandschaft der USA so wieso eher viel weniger, denn der Fernseher mit Kriechtitel läuft immer im Hintergrund auf jedem Nachrichtensender in jedem Haushalt. Dann liest man nicht mehr nach, sondern glaubt den Nachrichten, die durchgepeitscht werden. Dafür ist jedes Haushaltmitglied am Ende des Arbeitstages nicht mehr aufnahmefähig. So wird Meinung - auch hier - gemacht! Wenn auch nicht bei allen Kanälen und in der Presse gleichermaßen

  • Der einzig sinnvolle Weg Trump loszuwerden ist über die Wahlurne. Alles Andere stärkt ihn bloß bei seinen Anhängern und macht ihn dort zum Märtyrer.

    • @Thomas Müller:

      In einem Land mit nur zwei Parteien und in einem grundsätzlich manipulierbarem und zweifelhaft demokratischem Wahlsystem?

      Ich denke die Justiz muss dringlich ihre Neutralität und Stärke beweisen - vor allem hinsichtlich Menschen mit großem Reichtum ... damit das Volk sieht, dass man Recht und Freiheit nicht kaufen kann.

  • Typen wie Trump und seine Fanatiker gibt es leider überall. Was jedoch höchste Besorginsse verursacht, ist die Tatsache, dass so viele Menschen einfach blind für Verbrechen und Lügen sind. Das gilt insbesondere für die Republikaner, auch führende Leute. Was all diesen Trump-Fans gemeinsam ist, das ist der extreme Egoismus: die denken nur (!) an den eigenen Vorteil und/oder Karriere. Leider greift das auch auf unsere Gesellschaft über. Auch hier wird polemisiert, sachliche Diskussionen werden zugunsten aufputschender Rhetorik immer weiter zurückgedrängt. Die Methode wird von Merz, Söder; Kubicki und natürlich der AfD ungeniert angewandt.

    • @Perkele:

      Ich glaube das es noch schlimmer ist. Die Wähler sind nicht blind sondern es ist ihnen egal solange ihre Interessen durchgesetzt werden.

      • @Andreas J:

        Ja, richtig: Bei uns ist das auch schon deutlich sichtbar und wird sich weiterentwickeln, wenn wir nicht höllisch aufpassen...

      • @Andreas J:

        Genau das will der InternationalMichel.

  • Die Stellungnahme des Trump Wahlkampf-Teams fängt schon mit einer faustdicken Lüge an, indem von "Präsident Trump" gesprochen wird.



    Nunja, sie sagen nicht Präsident der USA - also wird wohl ein Golf-Club gemeint sein.

  • Es wird Zeit, dass dieser irre Fanatiker hinter Gitter kommt, und zwar für immer.

    Es ist einfach supergruselig ,dass die ganzen Spinner hinter ihm einen Gottesstaat errichten wollen.

    Das Christentum ist echt das Krebsgeschwür der menschlichen Gesellschaft schon seit 2000 Jahre, Trump nur einer dieser Auswüchse davon.