Friedenskonferenz in München: Schwere Vorwürfe zum Abschied
Dann halt gar nicht: Nach dem Vorwurf des Antisemitismus haben die Organisatoren die Tagung abgesagt – und noch mal kräftig ausgeteilt.
Zuvor hatten die Veranstalter einen Eklat verursacht, als sie den SPD-Stadtrat Marian Offman, der für die Stadt das Grußwort hätte sprechen sollen, ausgeladen hatten. Offman ist Münchens einziger jüdischer Stadtrat. Und wie die Mehrheit des Stadtrats ist auch er Gegner der Kampagne BDS (Boycott, Divestment and Sanctions), die zum Boykott und zur Isolation Israels aufruft.
Ganz anders als Friedenskonferenz-Organisator Thomas Rödl, der offensichtlich ein starker BDS-Befürworter ist. Dennoch ist Offman der erste Vertreter der Stadt, der wegen seiner Haltung zur Persona non grata wurde. In den Jahren zuvor hielten ebenfalls BDS-kritische Stadträte von Grünen und SPD die Grußworte – ohne Beanstandung der Organisatoren. Für Offman ist dies „ganz klar israelbezogener Antisemitismus in Reinstform“. Eine Einschätzung, mit der er nicht allein dasteht, die etwa auch vom bayerischen Antisemitismusbeauftragten Ludwig Spaenle geteilt wird.
Rödl dagegen wies den Vorwurf des Antisemitismus zunächst weit von sich und begründete die Ausladung vielmehr damit, dass man befürchtet habe, dass Offman die BDS-Kampagne zum Thema machen werde – „und unsere Veranstaltung durch Zwischenrufe und Tumulte gestört und Herr Offman beleidigt wird“. Rödl scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass gerade die Ausladung selbst von Offman wie auch von der Stadt München, namentlich deren Oberbürgermeister Dieter Reiter, als Beleidigung aufgefasst werden könnte.
Rödl hätte sich nun einfach entschuldigen können. Er tat es aber nicht. Stattdessen nun die Absage der Veranstaltung. „Wir sehen uns nicht in der Lage, die Veranstaltungen der Internationalen Münchner Friedenskonferenz sorgfältig vorzubereiten und gleichzeitig und zeitnah zu den vielen Artikeln und Kommentaren in den Medien Stellung zu nehmen“, schreiben Rödl und seine Kollegin Gudrun Haas im Namen des Trägerkreises, zu dem unter anderem die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Pax Christi und sowie der Kreisjugendring München Stadt gehören. Mit dem Kreisjugendring wurde die Erklärung allerdings nicht abgesprochen.
Dass sie „keine Kapazität“ hätten, „die Friedenskonferenz vorzubereiten und gleichzeitig diesen Konflikt für alle zufriedenstellend zu lösen“, ist eine erstaunliche Einschätzung. Denn eigentlich wäre schon anzunehmen gewesen, dass eine Veranstaltung dieser Größenordnung, die sich an die Öffentlichkeit richtet, auch auf ein Minimum von Öffentlichkeitsarbeit eingerichtet ist. Zudem hätte ja vielleicht eine einzige Stellungnahme genügt – wäre sie denn klar und eindeutig gewesen.
Kurz vor der endgültigen Absage hatten die Organisatoren auf Reiters Drängen hin wohl doch noch eingewilligt, Offman sprechen zu lassen. Eine Entscheidung, die ihn jedoch nicht erreicht hat, wie Offman der taz sagte. Er wäre allerdings dieser widerwilligen Nun-doch-Einladung auch nicht gefolgt.
Die Antwort des Stadtrats warteten die Organisatoren aber ohnehin nicht ab, sondern bliesen die Tagung ab. Zur Begründung gaben sie an, sie hätten „eine weitere Eskalation der Kampagne gegen unsere Veranstaltung in den nächsten Wochen befürchten“ müssen. „In der derzeitigen Situation können wir die Verantwortung für die Sicherheit der ReferentInnen und der TeilnehmerInnen nicht übernehmen“, schreiben Rödl und Haas. Sie sähen „die Unversehrtheit für alle an der Friedenskonferenz Beteiligten nicht mehr gewährleistet“. Wie sie zu dieser bedrohlich klingenden Annahme gekommen sind, erläutern die beiden nicht.
Ist die Münchner Friedenskonferenz also nur ein armes Opfer einer bösen Kampagne? Für Marian Offman ist das eine höchst befremdliche Wahrnehmung. „Das ist schon starker Tobak“, sagt er.
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