Friedensabkommen für Sudan: Kriegsende fast in Sicht
Sudans Übergangsregierung schließt Frieden mit den Rebellen von Darfur und den Nuba-Bergen. Aber wichtige Anführer sind nicht dabei.
Seit Ende 2019 vermittelte Südsudan zwischen Sudans neuer Übergangsregierung und den teils seit Jahrzehnten kämpfenden Gruppen in den an Südsudan angrenzenden sudanesischen Provinzen Süd-Kordofan und Blue Nile sowie im westsudanesischen Darfur.
Das „Juba Peace Agreement“ umfasst Vereinbarungen über Sicherheit, Landeigentum, Justiz, Machtverteilung und die Rückkehr von Vertriebenen. Rebellen sollen in Sudans Armee aufgenommen werden.
Sudans Premierminister Abdalla Hamdok gab in Juba bei der Unterzeichnungszeremonie zu, dass das Abkommen länger auf sich warten ließ als anfangs gedacht. „Wir realisierten, wie komplex die ganze Sache ist“, sagte er.
Nicht alle Rebellengruppen machen mit
Das Abkommen von Juba ist zwar ein wichtiger Schritt, um die verschiedenen tief verwurzelten Konflikte Sudans zu beenden, aber nicht alle Rebellengruppen machen mit. Der von Abdulwahid al-Nur geführte Flügel der größten Darfur-Rebellenbewegung SLA (Sudanesische Befreiungsarmee) will sich erst beteiligen, wenn die Regierung die arabischen Janjaweed-Milizen in Darfur entwaffnet hat.
Deren ehemaliger Chef Hamdan „Hametti“ Daglo ist mittlerweile Nummer zwei der Regierung Sudans, leitet aber die Regierungsdelegation in Juba und hat jetzt auch für die Regierung das Abkommen unterzeichnet.
Deswegen zog sich auch ein Teil des ehemaligen Nordflügels der in Südsudan regierenden SPLM (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung), die in Süd-Kordofans Nuba-Bergen und Blue Nile weiterkämpft, aus den Verhandlungen zurück.
Gewalt in Darfur flammte unlängst wieder auf
Der Krieg in Darfur, der vor 17 Jahren anfing, hat etwa 300.000 Tote und zwei Millionen Vertriebene produziert. Erst im Juli gab es in Darfur erneut Dutzende Tote, als arabische Milizen auf Pferden, Kamelen und Motorrädern Dörfer angriffen. Das fiel zusammen mit dem Beginn der Regenzeit.
Die meisten der Vertriebenen Darfurs sind Bauern, die nach dem Sturz von Sudans Diktator Omar Hassan al-Bashir voriges Jahr hofften, dass ihr Leben wieder wie früher werden würde. Also zogen sie zu ihren alten Äckern, um zu säen und zu pflanzen. Dort gibt es nach so vielen Jahren Abwesenheit allerdings neue Bewohner, und die arabischen Völker in Darfur, die vor allem von der Viehzucht leben, sehen die Rückkehr von Vertriebenen als Bedrohung. So flammen jetzt die alten Konflikte wieder neu auf.
Darfuris haben noch immer großes Misstrauen gegen die sudanesische Armee. Die Streitkräfte haben zwar 2019 Bashir gestürzt, aber ihre eigene Führung hat sich kaum geändert, auch weil jetzt die aus den Janjaweed-Milizen entstandenen Rapid Support Forces (RSF) unter Hametti Teil der Armee sind.
Rebellenchef der Nuba-Berge skeptisch
Der Teil der SPLM-Nord, der wegen Hametti das Abkommen boykottiert, wird von Abdulaziz al-Hillu geleitet, einer der erfolgreichsten Rebellenkommandanten in den Nuba-Bergen und in Blue Nile. Die zwei Gebiete widersetzten sich immer dem Bashir-Regime und kämpften für eine säkulare, nicht islamistische Republik.
Hillu zog sich zurück aus den Verhandlungen, weil RSF-Truppen, wie er sagte, „noch immer unbewaffnete Bürger in verschiedenen Teilen Sudans angreifen“.
So ist die Frage, ob dieses Friedensabkommen Sudan wirklich Frieden bringen kann. Dass der gefürchtete Hametti der Zeremonie in seiner Armeeuniform beiwohnte, war ein deutliches Zeichen. Aber mit den verschiedenen Rebellenführern, die als gemeinsame Sudanesische Revolutionäre Front (SRF) auftraten, wagte er ein Tänzchen unter den Augen des südsudanesischen Präsidenten und Vermittlers Salva Kiir.
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