Fridays for Future: Mehr Macht als gedacht
Im Superwahljahr 2021 werden die jungen Klima-Aktivist*innen zu einem entscheidenden Faktor. Da geht es um Stimmen und weniger um Zahlen bei Demos.
W enn Fridays for Future jetzt zum nächsten weltweiten Klimastreik ruft, droht der Frust überall: Wegen Corona gibt es weder große Demonstrationen noch beeindruckende Bilder für Fernsehen und Instagram. Weltweit hat sich die Klimapolitik noch nicht grundlegend verbessert. Und ihre Gegner, die schon immer meinten, die süßen Kleinen sollten diese Materie „den Profis überlassen“, höhnen, die Bewegung sei zum Stillstand gekommen.
Sie freuen sich zu früh. Denn Fridays for Future ist die erfolgreichste soziale Bewegung, die dieses Land seit Jahrzehnten gesehen hat. Und ihre Macht wirkt, weil ihre Forderungen auf breite Zustimmung stoßen. Die Jugend hat jedes Recht, sich gegen das Ende ihrer Zukunft zu wehren. Dazu fordert sie von der Politk etwas eigentlich Banales: sich an die eigenen Verträge zu halten und die wissenschaftlichen Realitäten zu akzeptieren. Die Fridays haben klug Alliierte gefunden, ihr Führungspersonal ist professionell und hat – anders als die „Profis“ – in zwei Jahren Dauerstress keine strategischen Fehler gemacht.
Während die verwöhnten Millionäre des Profi-Fußballs Corona-Privilegien beanspruchen, brauchen die jungen Klimaschützer*innen in der Pandemie keine Vorzugsbehandlung und sind dennoch systemrelevant. Ihr Einfluss ist groß, auch wenn sie sich selbst oft als machtlos empfinden. Vor zwei Jahren haben sie die „grüne Welle“ bei den EU-Wahlen mit ausgelöst. Sie geben in der medialen Öffentlichkeit den Meldungen vom galoppierenden Klimawandel ein Gesicht. Sie sitzen nicht nur in Talkshows, sondern auch bei den Entscheider*innen in Politik und Wirtschaft am Frühstückstisch. Wer schon mal mit dauergenervten Teenagern (zumal im Lockdown) zusammengelebt hat, kennt den Einfluss solcher Konstellationen.
All das spielt den Fridays und ihrem Anliegen in die Hände. Im Superwahljahr 2021 werden sie zu einem entscheidenden Faktor. Da geht es um Wahlen, weniger um Zahlen bei Demos. Woran liegt es wohl, dass plötzlich alle vernunftbegabten Parteien behaupten, Klimaschutz stehe im Zentrum ihrer Anstrengungen? Dass sich gerade 29 Unions-Abgeordnete für mehr Klimaschutz und höhere CO2-Preise ausgesprochen haben? Dass die Grünen einen bislang einmaligen Höhenflug hinlegen?
Die Klima-Listen haben wenige Stimmen bekommen, helfen aber, das Thema durch konstanten Druck in der Debatte zu halten. Die Strategie „Immer weiter nerven“ bewegt etwas, selbst in einem so schwerfälligen Land wie Deutschland.
Nicht genug, das ist schon klar. Aber daran werden uns die Fridays bei nächster Gelegenheit wieder nachdrücklich erinnern.
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