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Fridays for Future ungebrochen in AktionWieder Tausende auf der Straße

Im Westen sind junge Aktivist*innen trotz Schulferien auf der Straße. In Berlin wird auch im neuen Schuljahr wieder gestreikt.

Weiter geht's: Wie hier im Juni in Berlin streiken Schüler*innen weiter fürs Klima Foto: dpa

Berlin taz/dpa | Auch in der 34. Woche der Schüler*innenproteste sind deutschlandweit wieder tausende junge Leute auf die Straße gegangen, um für ein Umdenken in der Klimapolitik zu protestieren. In Bonn kamen trotz Schulferien in Nordrhein-Westfalen rund 1300 Unterstützer*innen zum Klima-Protest. „Allerspätestens jetzt können auch die größten Nörgler nicht mehr sagen, wir würden das nur machen, um die Schule zu schwänzen“, sagte Mitorganisator Luca Samlidis.

Im 480 Kilometer weiter östlich gelegenen Berlin wurde wieder gestreikt. Dort hat die Schule begonnen. Im Berliner Invalidenpark protestierten am Freitag laut Veranstalter*innen rund 500 Demonstrant*innen. „Scheuer ist uns nicht geheuer, wir woll'n eine Klimasteuer“, schallte es bis vor den benachbarten Amtssitz von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). „Die Ferien sind vorbei, wir stehen immer noch hier“, begrüßte Fridays for Future-Aktivistin Zoë Kappel ihre Mitstreiter*innen. Dass das notwendig sei, sei traurig und liege an der Politik, die noch immer keine Maßnahmen getroffen habe.

Und das, obwohl die Wissenschaft eine klare Sprache spricht: Erst am Donnerstag forderte der Weltklimarat IPCC eine Kehrtwende bei der Landnutzung und warnte vor globalen Hungerkrisen. Die Rolle von Forst- und Landwirtschaft sei von großer Bedeutung für den Klimawandel, ein radikales Umsteuern sei nötig. „Der Report ist von höchstem Interesse für die gesamte Bewegung“, sagte Fridays for Future-Mitorganisator Tom Patzelt der taz. „Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Thema Landnutzung und Landwirtschaft. Als Puzzleteil im Gesamtbild der Klimagerechtigkeit ist das ein sehr ernstes Thema.“

Klöckner soll handeln

So verfehle der Landwirtschaftssektor auch in Deutschland massiv seine Ziele. Dabei seien relativ einfache Maßnahmen möglich, um erste Emissionen einzusparen, sagte Patzelt. Zum Beispiel bei den trockengelegten Mooren, die benässt werden müssten, um den Ausstoß von klimaschädlichem Methan zu reduzieren. „Wir fordern eine sofortige Initiative von Julia Klöckner, die Taten folgen lassen sollte, anstatt Videos mit Nestlé zu drehen“, sagte Patzelt. Eine klare Stellungnahme der Ministerin zum Bericht sei überfällig. Ein Umdenken in der Landwirtschaft sei dringend nötig. Seit Jahren werde über ökologische Landwirtschaft gesprochen. „Das muss jetzt auch mal umgesetzt werden“, forderte er.

So denken viele der mehr als 500 Anwesenden. „Der Bericht ist erschreckend und zeigt auf, dass etwas getan werden muss“, sagte Steffen, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte. Er ist einer der vielen erwachsenen Teilnehmer*innen. Deutlich pessimistischer ist eine Frau, die im „Omas gegen Rechts“-Block steht. „Das ist alles überhaupt nichts Neues“, sagte sie. „Ich kann einfach nicht glauben, dass es niemand versteht, obwohl das Thema überall in den Nachrichten kommt.“

Nach dem Sommerkongress in Dortmund, wo laut eigenen Angaben 1700 Aktivist*innen aus Deutschland zusammenkamen, wird sich Fridays for Future nun intensiver mit dem Thema Landnutzung beschäftigen, sagte Mitorganisator Tom Patzelt. Der Schwerpunkt liege aber bei der Organisation des dritten globalen Klimastreiks am 20. September: „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und wir hoffen, dass es ein Riesenstreik wird.“

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2 Kommentare

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  • Der Bericht des Weltklimarats fordert eine andere Landnutzung und die Fridays-DemonstrantInnen beziehen sich darauf. Der Bericht ist das Papier nicht wert, auf dem er steht. Gerade eben wurde das Mercosur-Handelsabkommen geschlossen: die EU nimmt Unmengen Fleisch aus Südamerika auf, dort wird für die Rinderhaltung der Urwald (Lunge der Welt) in gigantischem Ausmaß gerodet, die Rinder werden mit Soja gefüttert, das zur Ertragssteigerung massenhaft mit Giften behandelt wird, die z.B. von Bayer/Monsanto dorthin geliefert werden. Ziel des Mercosur-Handelsabkommens war es ja nicht zuletzt, den südamerikanischen Markt für die einheimische Giftproduktion zu öffnen. Dieses Gift landet dann per Re-Import auf unseren Tellern als Fleisch, als Gemüse, als Früchte und wird zu Asthma, Allergien, Hautgeschwüren und Krebs. Kapitalismus par excellence: Einige wenige machen Profit und die große Mehrheit muss dafür bluten. Diesen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krankheit habe ich nirgendwo so präzise dargestellt gefunden, wie in den Verlautbarungen des Sozialistischen Patientenkollektiv (SPK). Die Fridays for Future Bewegung suche nach Orientierung, lese ich. Was läge näher, als sich an der eigenen Krankheit zu orientieren, zugleich die Krankheit aller? Denn „Klima-Katastrophe“, wenn das mehr sein soll als nur Ablenkung, buchstabiert sich genau so: Kapitalismus und Krankheit.

  • Wenn man übers Titelfoto fährt, steht da "Eine Frau im roten Kleid spricht in ein Megafon". Diese Frau hat auch einen Namen: Clara Mayer (FFF-Aktivistin in Berlin). Sie wurde hier übrigens auch schon mal interviewt. taz.de/Abiturienti...usstsein/!5602595/

    Auch ich war in Berlin überrascht, dass nach den Ferien so viele gekommen sind, wie vorher da waren. Ich mache mir zu jeder Demo Notizen, wieviele Leute gekommen sind (eigene Einschätzung, aber auch offizielle Angaben im Nachhinein). Und vor den Ferien gab es auch Demos mit weniger Teilnehmern als heute, ingesamt ist der Zulauf ziemlich konstant, wenn man von den Großdemos oder besonderen Aktionen (z.B. Reichstag umzingeln) absieht.

    Wichtiger als die konkrete Anzahl sind mir aber die Redebeiträge und da war die Kita-Gruppe heute schon ein Knaller. :-) Andererseits ist es ein erbärmliches Armutszeugnis für die Politik, dass Kinder für ihre Zukunft demonstrieren müssen. Am 20. September haben immerhin alle Erwachsenen die Möglichkeit, diese jungen Menschen zu unterstützen. Ich hoffe, viele nutzen diese Chance.