Frauen-WM und TV-Rechte: Gegen die gut geölte Maschine

Noch immer hat kein deutscher Sender die Frauen-WM-Rechte gekauft. Das ist ein Problem – und trotzdem ist das Zögern richtig.

Viele Hände halten gemeinsam den WM-Pokal

Bezahlt von Rundfunkgebühren? Die große Show der Fifa, hier bei der Frauen-WM 2019 Foto: Francisco Seco dpa AP

Seit Jahren ist „Sichtbarkeit“ eines der beliebtesten Worte im Fußball der Frauen. Mehr Sichtbarkeit brauche es, vor allem im Free TV. Und besonders nach der beim Publikum so erfolgreichen EM im vergangenen Jahr. Ausgerechnet bei der kommenden WM in Australien und Neuseeland steht diese Sichtbarkeit nun auf dem Spiel. Noch immer gibt es keinen deutschen Sender, der das Turnier überträgt, obwohl die Fifa-Ausschreibungsfrist seit sechs Wochen abgelaufen ist.

TV-Rechte wurden bisher vor allem an kleinere europäische Staaten verkauft; auf den großen Märkten England, Spanien und Italien zögern die Sender ebenfalls. Grund ist eine neue Konstellation. Endlich wurden die Rechte für eine Frauen-WM erstmals separat ausgeschrieben und nicht im Paket mit den Männern verkauft. Doch offenbar laufen die Verhandlungen zäh. ARD-Sportchef Axel Balkausky kritisierte, die Fifa verlange unwirtschaftliche Summen, Fifa-Boss Gianni Infantino kritisierte, Sender böten bis zu hundert Mal weniger als für die Männer. Zu solchen Preisen verkaufe man nicht.

In der Debatte innerhalb der Frauenfußball-Bubble fiel der Schwarze Peter schnell an ARD und ZDF: Die sollten gefälligst mal aktiv werden. Es könne doch nicht angehen, dass eine WM im Pay TV versteckt werde, während ARD und ZDF für die letzte Männer-WM (im Paket mit den Frauen) mal eben rund 214 Millionen Euro zahlten. Und der fehlende Investitionswille zeige mal wieder den Status der kickenden Frauen für die Sender hierzulande. All die Vorwürfe sind richtig. Aber ganz so einfach ist es auch nicht. Wer so argumentiert, geht dem Geschäftssinn der Fifa auf den Leim.

„Aus eins mach zwei“, lautet deren Devise. Und natürlich ist die Fifa selbst Getriebene berechtigter Forderungen der Frauen. Sie hat das Preisgeld bei dieser WM im Vergleich zur letzten auf 110 Millionen Euro verdreifacht. Zur WM 2027, so Infantino, wolle man die Preisgelder komplett an die der Männer angleichen. Zum jetzigen Zeitpunkt würde das 440 Millionen Euro bedeuten. Die wollen refinanziert werden, und womöglich hat sich die Fifa da beim Zahlungswillen der Sender verspekuliert. Zumal die Übertragungszeiten aus Australien unattraktiv und die Reisekosten hoch sind.

Nur ein Verhandlungstrick

Aber um Gleichberechtigung zu schaffen, ist es weder ratsam noch nötig, weitere Hunderte Millionen Euro Rundfunkgebühren an die Fifa zu verteilen. Die Diskriminierungskeule ist nur ein Verhandlungstrick Infantinos. Gleiche Prämien (nicht zu verwechseln mit Equal Pay) sind an und für sich ein nobles Ziel. Aber wer mit Prämien arbeitet, schafft zugleich im viel geringer finanzierten Fußball der Frauen noch viel dramatischere Lücken als bei den Männern. Und natürlich wollen auch die Fifa-Funktionär:innen fleißig einstreichen, subventioniert von öffentlich-rechtlichen Geldern.

Unter dem Vorwand der Gleichberechtigung versucht der schon gepamperte Fußball, der Gesellschaft noch mehr aus den Rippen zu leiern. Dabei könnte es ganz einfach sein. Indem die Fifa vertraglich festlegt, dass Bie­te­r:in­nen an Männer und Frauen die gleiche Summe für die Rechte zahlen. Nicht als Paket, sondern als gleiche Summe für beide. Und zweitens: Die Hälfte der Männer-Preisgelder an die Frauen gibt. Gleichberechtigung, ohne die Gelddruckmaschine Fifa weiter zu ölen. Im Zögern von ARD und ZDF äußert sich natürlich der Sexismus unserer Zeit. Richtig ist es trotzdem.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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