Pokalschreck RB Leipzig scheitert: Glückliche Verliererinnen

Im DFB-Pokalhalbfinale scheiden die Fußballerinnen vom Zweitligisten RB Leipzig aus und beweisen Erstligareife. Verbesserungsbedarf gibt es im Umfeld.

Eine Spielerin von Freiburg und Leipzig grätschen mit ausgestrecktem Bein zum Ball

Knappes Duell: Leipzigs Luca Graf (l.) und Freiburgs Annabel Schasching im Kampf um den Ball Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Das Tor hatte sich angebahnt und kam trotzdem überraschend. Die Nachspielzeit war schon lange angebrochen, die Verlängerung schien sicher. Da flankte die Freiburgerin Cora Zicai von links in Leipzigs Strafraum zu ihrer Kapitänin Hasret Kayıkçı. Die streckte sich und beförderte den Ball ins Netz. Oft hatte Freiburg es da schon versucht, lange konnte Leipzig mithalten. Am Ende reichte es nicht. Etwas später ertönte der Schlusspfiff.

Es gibt wenige Fußballspiele, nach denen beide Team mit ihren jeweiligen Fans feiern. Das DFB-Pokalhalbfinale am Sonntagabend zwischen dem Zweitligisten RB Leipzig und dem Erstligisten SC Freiburg war ein solches. Denn trotz Niederlage hatten auch die Leipzigerinnen Grund zur Freude. Der Aufstieg in die erste Bundesliga stand am Sonntag kurz vor dem Halbfinale fest, nachdem der größte Konkurrent, der FSV Gütersloh, sein Ligaspiel verloren hatte. RB Leipzig ist sechs Spieltage vor Saisonschluss nicht mehr von der Tabellenspitze zu verdrängen. Deshalb zogen am Ende die Spielerinnen beider Teams vorbereitete Feier-T-Shirts an, sprangen und jubelten unter dem Flutlicht, Arm in Arm vor ihren Fans.

Der Rahmen war durchaus stimmungsvoll. Alle 1.800 Plätze auf dem Nebenplatz des RB-Trainingszentrums waren besetzt. Das große Leipziger Zentralstadion, das 47.000 Zu­schaue­r*in­nen Platz bietet, steht in Sichtweite, blieb aber an diesem Abend leer. Laut Verein entschied sich das Team für den kleineren Platz.

Verglichen mit dem bisherigen Liga-Alltag ist dieser Umzug schon ein Fortschritt. Normalerweise spielen die Leipzigerinnen im mehr als 10 Kilometer entfernten Markranstädt vor durchschnittlich 300 Zuschauer*innen. Gemessen an den Entwicklungen im Frauenfußball, insbesondere im letzten Jahr, wirkte dieses DFB-Pokalhalbfinale wiederum etwas zurückgeblieben. Die TV-Übertragungsqualität mutete wegen der wenigen Kameraplätze eher amateurhaft an. Ihre Erstliga­spiele sollen die Frauen von RB Leipzig kommende Saison ebenfalls auf diesem Platz bestreiten.

Glaube ans Finale

Zuversichtlich gingen die RB-Fußballerinnen in die Partie gegen Freiburg. Sie hatten schon zuvor gegen die Erstligisten Eintracht Frankfurt (2:1) und die SGS Essen (6:1) für zwei große Pokalüberraschungen gesorgt. Schon mit dem Einzug ins Halbfinale hatte die 2016 gegründete Frauenabteilung des Leipziger Brausevereins die eigenen Erwartungen übertroffen. Da war die Niederlage offensichtlich verkraftbar, auch wenn Leipzigs Kapitänin Johanna Kaiser kurz nach dem Abpfiff am Spielfeldrand sagte: „Jetzt unmittelbar nach dem Spiel ist die Enttäuschung schon groß.“ Sie habe daran geglaubt, dass ihr Team in das Finale einziehen könne.

SC Freiburgs Trainerin Theresa Merk mahnte vor dem Spiel: „Wir haben Respekt, dennoch müssen wir uns nicht kleiner machen, als wir sind.“ Am Sonntag in Leipzig war dieser „Respekt“ vor allem in den Anfangsminuten sichtbar. Doch nach fast einer halben Stunde verlagerte der SC das Spiel in die RB-Hälfte. Die Leipzigerinnen hielten zwar dagegen, aber bis zum Ende bestimmte Freiburg weitestgehend das Spiel.

Ein besorgtes Raunen ging in der 28. Minute durch die RB-Fans, als die Freiburgerin Judith Steinert in hohem Tempo von rechts nahezu ungehindert auf das Tor zu lief und abzog – aber ihr Schuss ging über die Latte. Keine fünf Minuten später setzte sich ihre Teamkollegin Marie Müller auf der linken Seite gefährlich durch, doch RB-Kapitänin Johanna Kaiser wehrte mit dem Oberschenkel ab.

Die Pokalreise war sensationell

Während der SC Freiburg etliche Chancen vergab, war die RB-Rekordkulisse schnell zu begeistern. „Hipp, Hipp, Hurra!“, tönt es von den Rängen, als einmal Leipzigs Jenny Hipp geschickt den Ball eroberte. Kurz vor Schluss, in der 88. Minute, musste Leipzigs Torhüterin Elvira Herzog blutend vom Platz. Eine Mitspielerin hatte sie bei einer Abwehraktion mit den Stollen am Kopf getroffen. Für die letzten Minuten stand Gina Schüller für RB Leipzig im Tor – und kassierte in der Nachspielzeit das einzige Tor.

So spät zu verlieren, sei besonders ärgerlich, räumte Leipzigs Trainer Saban Uzun nach dem Spiel ein. Er habe auf einen „Lucky Punch“ seines Teams gehofft. Aber er resümierte zufrieden: „Die Pokalreise war sensationell. Wir haben gezeigt, dass wir mit Erstligisten mithalten können.“ Viola Odebrecht, Leiterin des Frauenfußballs, hat angekündigt, keine großen Namen wie Alexandra Popp einkaufen zu wollen.

Trotzdem will der Verein sich in den nächsten Monaten verstärken, um langfristig an der Bundesligaspitze den VfL Wolfsburg und FC Bayern anzugreifen. Auf Wolfsburg wird Freiburg, wie schon im Jahr 2019, im Pokalfinale als krasser Außenseiter treffen. Vermutlich wird man das Spiel lange ausgeglichen halten wollen, in der Hoffnung auf einen Lucky Punch.

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