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Frankreichs Präsident Macron in MoskauDialog ohne Zugeständnisse

Mehr als fünf Stunden spricht Macron mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin über die Ukraine. Zu sagen haben sie lediglich Bekanntes.

Auf Abstand: Wladimir Putin und Emmanuel Macron bei ihrem Gespräch am Montag in Moskau Foto: ap

Moskau taz | Als der russische Präsident Wladimir Putin und sein Gast, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, kurz nach Mitternacht Moskauer Zeit vor die Presse treten, versuchen sie, munter zu wirken. Putin verkneift sich das Gähnen, Macron tritt hin und wieder von einem auf den anderen Fuß.

Mehr als fünf Stunden „sinnvoller und nützlicher Gespräche“ in „geschäftlicher Atmosphäre“ haben sie hinter sich. Gespräche, die beide als Meinungsaustausch bezeichnen. Macron spricht dabei von „fundamentalen Unstimmigkeiten, aber auch einigen Übereinstimmungen“. Putin lobt den „Dialog“, zu Zugeständnissen aber ist er nicht bereit.

Im Fokus der engen Kontakte – Macron und Putin hatten vor ihrem Treffen drei Mal innerhalb einer Woche telefoniert – steht die Deeskalation der Ukrainekrise. Russland hat nach Erkenntnissen von westlichen Geheimdiensten und anhand von Satellitenbildern rund 70 Prozent seiner Streitkräfte an der russisch-ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Nato und den Amerikanern wirft Moskau vor, die Ukraine mit Waffen „vollzustopfen“ und Russlands Sorgen um seine Sicherheit zu ignorieren. „Ihr hört uns nicht, aber ich kann das nochmals erklären“, sagt Putin im Verlauf der nächtlichen Pressekonferenz mehrmals.

Frankreich hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Macron nutzt diese Gelegenheit, um die europäische Diplomatie energisch voranzutreiben. Er wagt den Spagat, Verständnis für die russischen Sorgen und „die Traumata dieser großen Nation“ zu zeigen, Moskau aber auch unmissverständlich die Grundprinzipien des Westens zu erklären.

Einziger gemeinsamer Nenner

Der einzige gemeinsame Nenner, auf den sich die Präsidenten offenbar einigen können, ist die Fortsetzung der Gespräche, in Absprache mit der Ukraine. „Die nächsten Tage sind entscheidend“, sagte Macron. Der 44-Jährige trifft an diesem Dienstag den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Sicherheit in Europa gebe es nur, wenn sich auch Russland sicher fühle, sagt Macron im Kreml-Saal. Allerdings: Das in den vergangenen Jahrzehnten Erreichte dürfe nicht missachtet werden.

Putin zeigt sich fest und unbeweglich in den drei Punkten der von der Nato und den USA eingeforderten Sicherheitsgarantien: der Verzicht auf eine weitere Osterweiterung der Nato, die Begrenzung der Stationierung von Raketen und den Rückzug der Nato-Truppen auf ihre Positionen wie im Jahr 1997 (vor dem Beitritt der osteuropäischen Länder).

„Das sind unsere zentralen Anliegen“, so Putin. Minutenlang wiederholt er immer wieder die bekannten Positionen Russlands in dieser Frage. In den russischen Dokumenten sehe er keinen Punkt, der nicht zu erfüllen sei. Für Brüssel und Washington dürfte diese Aussage ein Affront sein.

Erneut spricht der russische Präsident der Krim eine entscheidende Rolle zu. Für Russland ist die Halbinsel „russisches Territorium, die Frage ist abgeschlossen“. Die Ukraine würde die Krim – die sie wie auch der Westen als von Russland annektiert betrachtet – auch mit militärischen Mitteln zurückerobern.

Wenn Kiew aber in der Nato sei, müsste Russland somit Krieg mit der Nato führen. Diese Ausführungen breitete Putin bereits bei seinem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban vor einer Woche aus. Wie ein neuer Leitspruch kommen sie daher. „Wollen Sie mit Russland kämpfen“, fragt Putin und schaut die französischen Jour­na­lis­t*in­nen im Kreml scharf an. „So wird es kommen.“

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7 Kommentare

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  • Das Foto von Putin und Macron ist ganz großartig. Mich erinnert es an Shufflepuck, das wir Älteren mit Begeisterung gespielt haben, Verar***ungen des Gegners inbegriffen. Wir hatten es allerdings leichter und haben immer ohne Blumenstrauß gespielt.

  • "Wie ein neuer Leitspruch kommen sie daher."

    Ja, dass sich Putin derartig in so ein irrationales Bedrohungsszenario reinsteigert, ist wirklich erschreckend. Wie sein Auftritt auf dieser Pressekonferenz insgesamt. Der mehrfache Hinweis darauf, dass Russland Atomwaffen hat und die in einem "Krieg mit der NATO" benutzen "muss". Und der vulgäre Vergleich der Ukraine mit einer Frauenleiche, die er f...cken könne, wie es ihm beliebt. Jemand, der ernsthaft Lösungen sucht, spricht anders.

  • Warum sollte Putin noch vor Beginn von ernsthaften Verhandlungen (mit den USA, die Europäer haben ohnehin nichts zu melden) Zugeständnisse machen? Die USA haben noch letzte Woche einen Pakt mit der Slowakei geschlossen, um neue Flugpätze für ihre Luftstreitkräfte zu eröffnen. Aber klar, Putin soll endlich Zugeständnisse machen...

    • @Klaus Meier:

      Die derzeitigen Aktivitäten der NATO sind eine Reaktion auf die (Be-)Drohungen von russischer Seite. Sie kehren Ursache und Wirkung um und verwenden dasselbe Narrativ, dessen sich der Kreml und staatsnahe Medien in Russland regelmäßig bedienen, wenn es darum geht, die Antwort der Nato auf die russischen Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenzen zu delegitimieren.

    • @Klaus Meier:

      Wer eskaliert denn, außer Putin?

      Alles, was der Westen will, ist die Einhaltung gültiger Verträge, die Russland unterzeichnet hat.

      Wenn sich Russland davon bedroht fühlt, dass es nicht mehr ungestraft Nachbarländer überfallen und sich einverleiben kann, ist das allein Russlands Problem. Es rechtfertigt überhaupt nichts von dem, was Russland getan hat und noch tut. Sich verteidigen zu können, ist keine Aggression.