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Frankreichs Jä­ge­r:in­nen in AufruhrLautes Gezwitscher gegen Verbot

Tausende haben am Samstag gegen einen Bann der Vogeljagd mittels Netz, Käfig oder Leim protestiert. Dabei war die Regierung schon teilweise wieder eingeknickt.

Französische Jä­ge­r:in­nen haben es auch auf Kiebitze abgesehen. Diese Exemplare hier befinden sich aber weit weg von Fallensteller:innen, nämlich in der Altmark bei Salzwedel Foto: dpa

Paris/mont-de-marsan dpa/afp | Tausende Jäger und sogenannte Unterstützer für den Erhalt der „ländlichen Kultur“ haben in Frankreich am Samstag gegen ein Verbot der traditionellen Vogeljagd demonstriert. Die Proteste in verschiedenen Departements des Landes verliefen nach Polizeiangaben friedlich. Allein im südwestfranzösischen Mont-de-Marsan nahmen nach offiziellen Angaben mindestens 13.000 Menschen an einer Kundgebung für den „bedrohten ländlichen Raum“ und „Traditionen in Gefahr“ teil.

„Ich bin es satt zu sehen, wie meine Kultur zugrunde geht“, klagte ein 47-jähriger Demonstrant namens Eric gegenüber afp. „Meine Sprache, das Gaskognische, wurde schon ausgelöscht und jetzt die traditionellen Jagdmethoden“.

Im August hatte der Staatsrat zuvor erteilte Genehmigungen zur Jagd auf rund 115.000 Vögel, darunter Kiebitze, Lerchen oder Drosseln, unter Verwendung von Netzen und Käfigen annulliert. Diese verstoße gegen die europäische Vogelschutzrichtlinie von 2009 beschied das Gremium in seiner Funktion als oberstes Verwaltungsgericht.

Infolge einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs war im Juni auch die von Umweltschützern viel kritisierte und in einigen südfranzösischen Gebieten praktizierte Leimrutenjagd verboten worden. Dafür bestreichen Jäger Äste mit klebrigem Leim, an dem Singvögel wie Amseln und Drosseln kleben bleiben.

Sie wolle „diese Traditionen weitergeben“, sagte die Demonstrantin Myriam in Mont-de-Marsan, die mit einem Jäger verheiratet und zudem Stierkampf-Fan ist. Es gehe ihr nicht nur um die Jagd. „Diese Städter sollen uns in Frieden lassen“, sagte ihr Begleiter.

Drei Tage vor den Demonstrationen hatte das Umweltministerium in Paris allerdings einen Teil der Jagdverbote auf Vögel mit traditionellen Techniken in verschiedenen Regionen vorläufig wieder aufgehoben. Es solle nun eine neue und abschließende Bewertung der Justiz erfolgen, ob diese Jagdtechniken tatsächlichen mit den EU-Regeln unvereinbar seien, hieß es.

Die Jägerschaft fühlt sich unterdessen auch von einer, wie sie sagt, kleinen Gruppe „radikaler Jagdgegner“ in die Ecke gedrängt. Über eine Million Menschen in Frankreich haben nach Angaben des Jagdverbands einen Jagdschein. Zusammen mit ihren Familien und Unterstützern wird von rund fünf Millionen, mehrheitlich konservativ eingestellten Stimmberechtigten ausgegangen.

Hinter den Kulissen wird der Vorwurf laut, dass sich die Regierung von Präsident Emmanuel Macron sieben Monate vor der Präsidentschaftswahl den Interessen von Lobbygruppen zur Sicherung von Wählerstimmen beugt. So war ebenfalls bereits die eigentlich nach EU-Regeln nötige Einführung von TÜV-Kontrollen für motorisierte Zweiräder vor einigen Wochen kurzerhand aufgeschoben worden, nachdem es Protest dagegen gegeben hatte.

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16 Kommentare

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  • Also wirklich!



    Sie gönnen einem ja auch garnichts !

    Es geht doch nichts über den unschätzbaren Genuss eine Ammer kunstvoll zu verzehren:

    de.wikipedia.org/wiki/Fettammer

  • Wie ist das nun zu verstehen? Wenn ich die Nachbarskatze vergifte, dann ist das eine Straftat. Wenn ich das aber regelmäßig über einen gewissen Zeitraum immer wieder mache, dann ist es Tradition und u.U. schützenswert?

    • @Bunte Kuh:

      Die Katze des Nachbarn ist Privateigentum, der wilde Vogel nicht. Um nur mal einen Unterschied zu nennen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Übelste Sauerei, was da passiert.



    Italien und v.a. Malta sind da kein Deut besser - alles EU-Staaten.



    Es passiert offenbar nichts.

  • Grundsätzlich habe ich nichts gegen die Jagd, wenn es darum geht, überschüssigen Wildbestand zu dezimieren. Wie z.B. in Berlin/Brandenburg die Wildschweine. Es fehlt in der Natur nun mal an der natürlichen Narungskette, die haben wir ja schon zerstört.

    Aber haben die Franzosen einen Überfluss an Kiebitzen, Lerchen oder Drosseln?

    • @Ber.lin.er:

      "Ein Überschuss an Wildtieren" ist doch ein interessanter Gedanke. Was ist denn der "ideale Bestand" und wie sollen natürliche Schwankungen künftig betrachtet werden, wenn diese nur unterhalb der imaginären Grenze verlaufen dürfen?

      • @Axel Donning:

        Mit Blick auch auf Kommentar @Ber.lin.er. "Ein Überschuss an Wildtieren"



        Da steckt Problematik drin. Wildtiere als notwendiger Bestandteil einer dauerhaften Grundlage der Nahrungsversorgung der Bevölkerung dürfte in Europa keine Rolle mehr spielen. Auch wenn das, was an Wildfleisch aus der Bestandsregulierung zum Verzehr auf den Markt kommt seine Abnehmer findet. Wobei man da was das Wildschweinfleisch angeht wg. der großen Zahl der Tiere mal nachprüfen müsste, ob das immer der Fall ist. Ich habe ebenfalls nichts gegen die Jagd als Bestandsregulierung und esse auch Fleisch. Nur, zur Nahrungsversorgung braucht man Wildtiere nicht. Denke, das ist auch gut so (trotz der problematischen Nutztierhaltung). Wie sollte das dicht bevölkerte Europa sich denn merkbar mit einem Nahrungsanteil aus Wildfleisch versorgen können? In anderen Erdteilen, Afrika, muss sich die Bevölkerung teilweise mit „Buschfleisch“ versorgen, oft durch Wilderei gejagt. Beispiel Corona: Das bringt Infektionsgefahren mit bringt.

        Armut, Reichtum. „Jagd“ auf Singvögel.



        Beim Lesen glaubte ich zunächst, das Fangen von Singvögeln wäre ursprünglich durch die armen Teile einer Bevölkerung durchgeführt worden, weil es keine anderen Nahrungsquellen gab. Bin mir nicht mehr sicher. Das scheint so nicht der Fall gewesen zu sein. Singvögel zu essen, war immer auch Luxus reicherer Schichten, Adel. Um es mit @Ber.lin.er zu sagen: Aber in Europa wird es wohl nie einen ausreichenden Bestandsüberfluss an Kiebitzen, Lerchen oder Drosseln geben, um überhaupt nur daran zu denken, daraus auch nur ein Luxussegment der Ernährung zu machen, geschweige denn etwas darüber hinaus. WOZU DENN AUCH? Wir sind doch wirklich reich u. haben andere gute Nahrung.

        • @Moon:

          Eine Ergänzung zu Wildfleisch als Nahrungsgrundlage. Da spreche ich ja von einer im Grunde weit zurückliegenden Vergangenheit. Aber auf einen riesigen Wildtierbestand greift die Menschheit noch zu, der für ihre Nahrungsversorgung eine bedeutende Rolle spielt: Den Seefisch. Da wird sozusagen noch "gejagt". Die Problematiken der Überfischung und die Konkurenz der "Jägerhorden" (Staaten) um die "Jagdgründe" sind bekannt.

      • @Axel Donning:

        Keine Ahnung, bin weder Jäger noch Förster. Sie etwa?

      • @Axel Donning:

        Ist doch logisch.



        Fällt ein Bestand unter Marge für den ´Idealbestand´, so muss eine entsprechende Menge traditioneller Grünröcke aus der Umwelt final entnommen werden, falls Umsiedelungsaktionen (Zwangsverstädterung) oder Vergrämung (Jagt nur noch im Herbstregen, zu Fuß und mit Lasso), bez Verhütungsmethoden (Heimliches Zufüttern von Anti-Vijägera) keinen Erfolg haben...

        • @Euromeyer:

          Schon klar: Sie argumentieren hier satirisch-ernsthaft: Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg´ auch keinem anderen zu. Aber beim Heiligen Hubertus! Auch zweibeinige „traditionelle Grünröcke“ sollten doch Respekt als unsere Mit-Geschöpfe auf dieser Erde erwarten können. Es geht doch auch barmherziger: Zünftige Tontaubenschießen auf freiem Feld während der Zeit der Schützenfeste. Zur Übung. Für die Übung der Jagd auf Wasservögel – geeignete Seen, Teiche, Feuerwehrteiche werden sich finden lassen. Apportierhunde zeigen ihr Können an verlockend riechenden Attrappen. Die Jagd mit dem Lasso? Ernsthaft: Das Erwürgen eines Tieres in der Schlinge? Nein dann besser noch der eingeübte, hoffentlich schnell tötende Schuss.



          Da wäre also die „Vergrämung“. Da muss ich sagen: Bei mir hat sie gewirkt. Als Kind u. Jugendlicher war ich Angler bei Wind u. Wetter. Habe aber zum Glück insgesamt nicht mal ein Dutzend Fische rausgezogen. Für mich, von einer jugendlichen Vorstellung von „Jagd“ angetan, war es „Ehrensache“, den Fang auch zu Essen. Der eine Hecht war o. k. Aber wozu einen kapitalen bemoosten Moderkarpfen aus dem Wasser holen? Nein, der wird durch wässern in der Badewanne geschmacklich nicht besser! Und Fischsuppe aus Rotauge u. Karausche? Probieren sie es lieber nicht…! Also wozu dann Tiere töten? Nur damit man partout mal Amsel, Drossel, Fink und Star „verkostet“ hat? Wenn uns sonst nichts fehlt im Leben… / Prima Satire. Gern gelesen.

          • @Moon:

            Das (@AXEL DONNING) war Satire? Ich hielt das für Logik, "ist doch logisch".

  • Wir sollten wieder Scheiterhaufen aufbauen, das hat auch Tradition. Außerdem belebt es die Innenstädte und schafft bestimmt *tata* =Arbeitsplätze=.

  • Hoffentlich pflegen die Franzosen nicht auch noch "Traditionen" des Folterns, Vergewaltigens und Kopfentfernens mittels Fallbeils, die es gegen die böse EU-Bürokratie und den Menschenverstand zu wahren gilt.

  • Mir fehlt hier@ Frau Kirschgrün!

  • Kopfschüttelnd fehlen mir die Worte.