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Frankfurts ehemaliger OB vor GerichtKorruptionsanklage gegen Feldmann

Der Feldmann-Prozess gilt als der spektakulärste Fall in der AWO-Affäre in Hessen. Nun ist die Beweisaufnahme geschlossen worden.

Der ehemalige Oberbürgermeister wird von Christian Graßie und David Hofferbert verteidigt Foto: Sebastian Gollnow/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | In seinem Schlusswort hat der wegen Korruption angeklagte ehemalige Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD, vor dem Frankfurter Landgericht in eigener Sache auf Freispruch plädiert. Weder habe er jemals Vorteile angenommen, noch sei ihm eine unzulässige Einflussnahme nachzuweisen, sagte der 64-Jährige, der nach seiner Abwahl Anfang November ohne Job ist. Die Staatsanwaltschaft fordert dagegen 31.500 Euro Geldstrafe.

Feldmann habe mit den damals Verantwortlichen der Arbeiterwohlfahrt (AWO) stillschweigend eine rechtswidrige Vereinbarung getroffen und dadurch zusammen mit seiner damaligen Lebenspartnerin wirtschaftliche Vorteile angenommen; der AWO habe er im Gegenzug das „Wohlwollen“ der Stadt gesichert.

Hauptansatzpunkt der Anklage ist ein umstrittenes Beschäftigungsverhältnis, das die damalige AWO-Geschäftsführerin Hannelore Richter 2014 mit Feldmanns Freundin und späterer Ehefrau Zübeyde Feldmann geschlossen hatte. Ohne einschlägige Berufserfahrung war die junge Frau zu einem übertariflichen Gehalt zur Leiterin einer deutsch-türkischen Einrichtung berufen worden, nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft, weil sie die Partnerin des OB war und sich die AWO davon Vorteile versprach.

Zum damaligen Zeitpunkt sei die AWO ein anerkannter Wohlfahrtsträger gewesen, die Abzocke durch Verantwortliche, „dass dort alle Grenzen gefallen waren“, sei erst viel später bekannt geworden, betonte Feldmanns Verteidiger Christian Graßie. „Ich hätte damals genauer schauen müssen, was in meinem Umfeld passiert“, räumte Feldmann in seinem Schlusswort ein. Er sei damals davon ausgegangen, dass seine damalige Freundin wegen ihrer Qualifikation und interkulturellen Kompetenz eingestellt worden sei.

„Großartiges Amt“ verloren

Die angeblichen Vorteile aus diesem Arbeitsverhältnis seiner Partnerin habe er vor drei Jahren mit einer freiwilligen Zahlung von rund 20.000 Euro an die AWO ausgeglichen: „Ich wollte ein Zeichen setzen! Ich wollte nicht profitieren.“ Für seinen Fehler habe er mit der Höchststrafe gebüßt: „Vier Jahre Dauerstress und nationale Medienpolemik, blanker Hass in den sozialen Medien“, außerdem habe er sein „großartiges Amt“ verloren.

In einem vergleichbaren Fall einer ehemaligen Oberbürgermeisterin sei das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt worden, obwohl die sich, anders als er, sogar selbst bereichert habe. „Sie wollen ein Exempel statuieren“, hielt Feldmann Oberstaatsanwaltschaft Johannes Schmidt vor. Die Anklagebehörde fordert 180 Tagessätze à 175 Euro. Folgt das Frankfurter Landgericht, könnte der Ex-OB sogar seine Pensionsansprüche verlieren.

Der Feldmann-Prozess gilt als der spektakulärste Fall in der AWO-Affäre in Hessen. Führende Manager der AWO Frankfurt und Wiesbaden sollen sich über Jahre persönlich bereichert und ungerechtfertigte Zuwendungen an Privatpersonen geleistet haben, darunter auch an PolitikerInnen von SPD, CDU und Grünen. Vor den Gerichten sind rund ein Dutzend Verfahren anhängig.

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