Fragen und Anworten zur Schweinepest: Widerstandsfähiges Virus
Bei deutschen Hausschweinen wurde erstmals die Afrikanische Schweinepest festgestellt. Nun geht es darum, die Seuche zu stoppen.
Es ist ein kleiner Betrieb mit vier Schweinen im Landkreis Märkisch-Oderland. Das teilte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit. Erst am Donnerstag war nur wenige Kilometer entfernt auf einem anderen kleinen Betrieb mit zwei Schweinen das Virus entdeckt worden. Weiter südlich, im Landkreis Spree-Neiße, hatte es zudem einen Ökobetrieb mit rund 200 Schweinen getroffen. Am Montag werden voraussichtlich auch die EU-Agrarminister bei ihrem Rat über die Ausbrüche sprechen. Wie gefährlich wird die Schweinepest? Sieben Fragen.
Leiden die Tiere?
Fieber, Schwäche, Fressunlust, Bewegungsstörungen, Durchfall, Atemprobleme, entzündete Augen, blau verfärbte Haut: Eine Infektion mit der Afrikanischen Schweinepest verläuft heftig und endet in der Regel binnen einer Woche tödlich. Medikamente existieren nicht, eine Impfung ist bislang nicht möglich. Bei einem Befall in einem Stall wird immer der gesamte Bestand getötet.
Was ist das für ein Virus?
Die Afrikanische Schweinepest stammt – das sagt der Name – aus Afrika. 2007 wurde das Virus nach Georgien eingeschleppt. Vermutlich kam es mit einem aus Afrika kommenden Frachtschiff dort an. Dann breitete es sich in Europa aus. Im September 2020 tauchte es bei Wildschweinen in Deutschland auf – trotz aller Bemühungen, es mit festen Zäunen entlang der Oder und Neiße fernzuhalten.
Wie kommt die Seuche auf einen Hof?
Noch ist unklar, wie das Virus in die beiden Betriebe gelangt ist. Das wird derzeit untersucht. Die Fälle kämen aber „leider nicht völlig überraschend“, sagt Professor Thomas Mettenleiter, der das Friedrich-Loeffler-Institut, das nationale Referenzlabor für die Seuche, leitet. Mit dem Befall von Hausschweinen habe spätestens seit dem Nachweis der Infektion bei Wildschweinen gerechnet werden müssen.
Warum ist die Eindämmung so schwierig?
Das Virus gilt als sehr widerstandsfähig, überlebt lange. Im Rohschinken bleibt es über Monate, im Gefrierfleisch sogar über Jahre ansteckend. Und wenn ein erkranktes Tier stirbt und im Wald verwest, bleibt das Virus mehrere Wochen bis Monate infektiös. So können Tiere krank werden, wenn sie etwa den Kadaver eines befallenen Wildschweins fressen. Aber auch ein Wurstbrot, das Reisende auf einem Rastplatz liegen lassen, kann ihnen zum Verhängnis werden. Das Virus kann zudem an Fahrzeugen, Kleidung oder Schuhen haften.
Wie gefährlich ist das für Menschen?
Für Menschen ist das Virus nicht gefährlich, es wird nicht von Tier zu Mensch übertragen. Auch wer Fleisch von infizierten Tieren verzehrt, erkrankt daran nicht. Um Katze und Hund muss sich auch niemand sorgen: Die Afrikanische Schweinepest befällt keine anderen Haus-, auch keine weiteren Wildtiere. In Gefahr sind die rund 24,6 Millionen Schweine, die in Deutschland gehalten werden.
Wird Schweinefleisch teurer?
Theoretisch könnten mit einer Schweinepest die Bestände stark dezimiert werden, die Preise dann steigen. Aber derzeit ist die Lage völlig anders. Deutschland gehört zu den großen Schweinefleischexporteuren der Welt. Nur: China, Südkorea und Japan Länder nehmen schon jetzt kein Schweinefleisch mehr ab. Sie haben die Importe bereits gestoppt, als die Afrikanische Schweinepest erstmals bei Wildschweinen aufgetaucht war. Dann gingen die Preise runter, was zusammentraf mit den Coronaproblemen in den Schlachthöfen.
Zum Vergleich: Ende 2019 lag der Schlachtpreis, den Bauern pro Kilogramm Schweinefleisch bekamen, noch bei rund 2 Euro. Heute sind es 1,42 Euro. „Konkret machen die Schweinehalter derzeit einen Verlust von 30 bis 40 Euro je Tier“, sagt Torsten Staack, Geschäftsführer der Interessengemeinschaft der Schweinehalter. Er rief aber dazu auf: „Ruhe bewahren!“ Er erwartet keine weiteren Einschränkungen, weil die betroffenen Betriebe in den Gebieten liegen, die schon vorher befallen waren. Ausgeschlossen sind sie allerdings nicht. Alles hängt davon ab, ob das Virus gestoppt wird.
Wie geht es weiter?
Die betroffenen Betriebe müssen nun alles reinigen und desinfizieren. Ihre Schweine wurden getötet und „unschädlich beseitigt“, wie es hieß. Die Schweinehalter bekommen eine Entschädigung von der Tierseuchenkasse. Die Behörden haben um die Betriebe in einem Radius von drei Kilometern ein Sperrgebiet gezogen. Dieses kann nur betreten, wer eine Genehmigung hat. In einem Radius von zehn Kilometern ist eine Überwachungszone eingerichtet, in der die Landwirte angehalten sind, ihre Bestände auf Schweinepestrisiken zu überwachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja