Fotograf*innen in Corona-Krise: Die Durststrecke der Paparazzi
Paparazzi können uns eigentlich egal sein. Doch die wohl ärmsten Schweine in der Krise sind die freien Fotografen.
E s gibt ein schönes Foto von Rod Stewart, aufgenommen irgendwann im April. Es zeigt den alternden Rockstar mit perfekt auf die Sneaker abgestimmten grünen Ringelsocken und natürlich ganz coronabewusst mit Handschuhen. Die Marke Letzterer ist leider nicht zu erkennen. Sieht wirklich edel aus. Die Frise sitzt sowieso, und Stewart lächelt huldvoll sonnenbebrillt auf seinem Weg zum Wagen.
Das war es dann aber auch schon. Nein, es sind keine schönen Zeiten für Paparazzi und all die anderen Wegelagerer*nnen, die sonst am roten Teppich zu finden sind. Denn diese sind wegen Corona seit rund zwei Monaten eingerollt.
Preisverleihungen und Galas sind so gut wie überall abgesagt oder finden virtuell im Netz statt. Der Deutsche Filmpreis war so ein Versuch, der einen sofort an den alten Sekt-Werbespruch mit Götz George erinnert: „Lieber trocken trinken als trocken feiern“.
Die ganze Promiwelt sitzt also zu Hause – was früher für geübte Paparazzi natürlich kein Hinderungsgrund war. Aber eben heute doch ist.
Schwarzenegger instagrammt die ganze Zeit
Weil die Auslegung der Persönlichkeitsrechte inzwischen immer häufiger zugunsten der Promis ausfällt, kann es im Zweifel richtig teuer werden. Da haben sie jede Menge Vorschriften wie das Verkaufsverbot an Sonntagen wegen Corona gelockert. Aber so was auch beim Caroline-Urteil zu machen und so den Schicki-Micki-Knipsern besser durch die Krise zu helfen – Fehlanzeige!
Die bittere Realität ist sogar noch schlimmer. Denn weil den mitteilsamen Promis natürlich in ihren Lofts, Villen und Fincas wie uns meisten eher mal langweilig ist, senden sie von sich aus und ganz von alleine ihr Leben in die sozialen Medien.
Arnold Schwarzenegger beispielsweise instagrammt so arg, dass man allmählich Angst bekommt, das Internet könnte dann irgendwann doch mal voll sein. Zumal wir ja jetzt alle irgendwie VIP sind, weil wir ständig auf zig Kanälen im Netz senden.
Die ärmsten Schweine der Krise
Während einem in Wirklichkeit Paparazzi und andere Promi-Verfolger völlig egal sein können, hat die ganze Sache aber einen bitteren Kern: Fotograf*innen sind fast überall als freie Bildkünstler*nnen unterwegs. Festangestellte „staff photographers“ stehen schon seit Jahrzehnten auf der „Vom Aussterben bedroht“-Liste so ziemlich aller Nationen und Medienmärkte.
Diese freien Fotografinnen und Fotografen sind neben vielen anderen Freiberufler*innen wohl die ärmsten Schweine in der Coronakrise. Ja, es gäbe viel zu fotografieren. Aber die Aufträge bleiben aus. Und weil gerade im hochwertigen und besser bezahlten Bereich der Magazine und Zeitschriften auf lange Sicht geplant wird, ist auch noch kein Licht am Ende des Tunnels in Sicht.
Es wird also Zeit, dass der rote Teppich wieder kommt. Aber bis dahin gehen jetzt bitte alle mit ihrer Mitbewohnerin für die nächsten Passbilder mal nicht zur Billigbude um die Ecke. Sondern bezahlen die echten Profis.
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