Fortbestand der Sprachkitas: Eine Schonfrist, nicht mehr
Der Bund verlängert die Förderung für die Sprachkitas bis Mitte 2023. Darauf darf sich Berlin jetzt nicht ausruhen.
V iel zu oft laufen Kita-Themen unter dem, was ein Bundeskanzler a.D. mal im Ressort „Gedöns“ verortet hat. Schulpolitik hat es noch etwas leichter durchzudringen, da geht es ja immerhin um Noten, um Abschlüsse; da schaltet sich dann auch mal die Industrie- und Handelskammer (IHK) ein, wenn die Ergebnisse aus irgendwelchen Länder-Leistungsvergleichen nicht stimmen. Dann hören alle zu, es geht ja bei Bildungspolitik um diejenigen, die einmal das Bruttosozialprodukt erwirtschaften sollen, und wenn sie es nicht tun, weil man sie nicht dazu befähigt hat, wird das teuer für alle. Es geht also ums Geld.
Aber Kita? Kleine Kinder und prekär bezahlte Jobs, die vor allem von Frauen gemacht werden, hatten es noch nie leicht, Gehör zu finden. Bevor wir hier abdriften: Der Punkt ist, Kita-Politik bekommt nicht den Stellenwert, die sie verdient. Der aber nötig wäre, damit am Ende nicht alle drauf zahlen, am meisten die Kinder selbst.
Jüngstes Beispiel ist die Debatte um die Sprachkitas. Nach viel Protest aus den Ländern hat sich der Bund diese Woche doch dazu durchgerungen, die seit 2016 laufende Förderung noch einmal bis Ende Juni 2023 zu verlängern. Eigentlich sollte das Bundesprogramm Ende des Jahres auslaufen. Jetzt gibt es weitere 109 Millionen Euro von der grünen Familienministerin Lisa Paus.
Das Geld fließt in Personalmittel für zusätzliche Sprachförderung. Bundesweit werden so rund 7.000 Teilzeitstellen in den Kitas finanziert. Berlin bekommt rund 13 Millionen Euro für über 300 Kitas.
Nun hat die Berliner Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), die auch für die Kitas zuständig ist, bereits klar gemacht: Man will die Stellen erhalten, auch wenn das Bundesprogramm ausläuft, das sei „ein Versprechen an die Fachkräfte, die eine enorm wichtige Arbeit leisten“. Es sei aber auch klar, „dass die fehlenden Mittel insgesamt eine Lücke reißen würden“.
Übersetzt auf den Kita-Alltag hieße das: Im Zweifel werden die Gruppen eben größer, sodass man das Personal halten kann. Die Betreuungsqualität leidet dann natürlich, Sprachförderung wird schwieriger – egal, ob die Person mit der entsprechenden Fortbildung noch da ist oder nicht.
Das kann sich Berlin eigentlich nicht leisten, wenn man sich anschaut, wie zum Beispiel die Ergebnisse der Viertklässler*innen im jüngsten bundesweiten Bildungsranking abschnitten. Beinahe die Hälfte, 46 Prozent, erreichen nicht die Mindeststandards in Rechtschreibung, 27 Prozent können auch in der vierten Klasse nicht richtig lesen. Das hatte eine viel beachtete Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, kurz IQB, im Oktober gezeigt. Der Vizepräsident der IHK sprach daraufhin von einer „ernstzunehmenden Bedrohung für den Wirtschaftsstandort“Berlin.
Konsequente Vorschulpolitik
Ob und wie gut jemand in der vierten Klasse Lesen und Schreiben kann, entscheidet sich aber schon zu einem guten Teil in der Kita. Hamburg zum Beispiel schnitt auffällig gut ab. Der Stadtstaat betreibt eine konsequente Vorschulpolitik für Kinder, die im Kita-Alter durch einen verpflichtenden Sprachtest fallen.
In Berlin hingegen bleibt ein solcher Sprachtest meist folgenlos – die Kinder landen trotzdem nicht in einer Kita oder in der Sprachförderung. Und zwar nicht, weil die Familien nicht wollen, sondern weil es an einer verständlichen Ansprache seitens des Jugendamts oder mitunter auch an Kitaplätzen in der Nähe mangelt.
Wenn der Bund das Projekt Sprachkitas nicht dauerhaft finanziert – und darauf war es nie angelegt – muss das Geld aus dem Landeshaushalt kommen. Dass die Bildungssenatorin erstmal versuchen muss, möglichst lange und möglichst viel Geld vom Bund zu bekommen, bevor sie den eigenen Finanzsenator dazu bewegen kann, selbst Geld in die Hand zu nehmen, nennt man Haushaltspolitik.
Jede halbe Stelle für Sprachförderung ist wichtig, aber wenn sie anderswo in der Kita eine Lücke reißt, wird der Effekt verpuffen. Und natürlich müssen die Kinder, die es am dringendsten brauchen, auch überhaupt erstmal in diesen „Sprachkitas“ ankommen. Es wäre eine Investition in die Zukunft.
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