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Forschungsstelle für Tierrecht in BremenIm Paragrafendschungel

Die Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht an der Uni Bremen untersucht, welche Rechte Tiere haben und wie diese durchgesetzt werden können.

Würde von manchen am liebsten schnell abgeschossen: der Wolf. Hier ist er im Juli 2023 in Nordsachsen unterwegs Foto: dpa | Sebastian Willnow

Bremen taz | Abschuss, Fang oder Vergiftung: „wildLIFEcrime“ ist das neuste Projekt der Forschungsstelle für Tier- und Tierschutzrecht an der Uni Bremen. Es geht um Deutschlands und Österreichs große Beutegreifer wie Wolf, Luchs und Bär, aber auch um Fischotter und Greifvögel, erklärt Professor Sönke Gerhold, der die Forschungsstelle leitet. „Diese Arten sind besonders betroffen von illegaler Nachstellung, weil einige Menschen meinen, dass sie ihre Interessen beeinträchtigen.“ Aufgeklärt, so Gerhold, werden die Fälle kaum.

Die Motive hinter der sogenannten Wildtierkriminalität seien vielfältig, so Gerhold. Mal gehe es um Trophäenjagd, mal um ganz konkrete Konflikte wie die Angst, dass die Population des jagbaren Wildes abnimmt oder die Sorge um eigene Weidetiere.

Aber auch Stellvertreterkonflikte, erklärt Gerhold, können Grund für die illegale Tötung sein: „Manche ärgern sich über ein neues Umweltschutzgebiet – und dieser Ärger wird dann auf gewisse Arten projiziert.“ Auch wer auf seinem Land einen Windpark anlegen oder bauen will, so eine weitere These aus der Kriminologie, kann Gründe haben, geschützten Tieren gegenüber feindlich eingestellt zu sein. „Mit Blick auf den höheren Schutzstatus besteht daher im Einzelfall gerade ein Anreiz, seltene Arten zu vertreiben.“

Die Forschungsstelle ist nur ein Partner des Projektes; viele Akteure sind involviert wie der WWF, verschiedene Polizeipräsidien, das BKA Österreich oder der Verein Luchs Bayern e.V. Die Rolle der Bremer Forscher*innen: „den rechtlichen Status quo zu beschreiben und der Frage nachzugehen, ob und wo es Lücken gibt“. Im Bereich Tierschutz, erklärt Gerhold, können Völker-, Europa-, Bundes- und Landesrecht wirken – reichlich Platz für Widersprüche also.

Mit Blick auf den höheren Schutzstatus besteht im Einzelfall gerade ein Anreiz, seltene Arten zu vertreiben

Sönke Gerhold, Tierrechtsforscher

Zudem nehmen sich Gerhold und Johannes Aschermann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, alle Akten vor, die ihnen im Rahmen von Akteneinsichten zur Verfügung gestellt werden können. „Wir schauen, woran es liegt, dass Verfahren nicht mit einer Verurteilung enden. Möglich, dass es Falschbezichtigungen gibt. Aber auch möglich, dass Vorwürfe nicht so ernst genommen werden, nicht ermittelt wurde oder rechtliche Hemmnisse bestehen.“

In der Forschungsstelle, die es jetzt seit zwei Jahren gibt, beschäftigen Gerhold und sein Team sich auch mit Kriminalität gegen Nutz- oder Heimtiere. Die Hauptaufgabe ist immer: das Recht, was Tiere betrifft, aufzuarbeiten und darüber zu publizieren. „Damit Dritte es nachlesen können“, sagt Gerhold. „Es gibt wenig Literatur, gleichzeitig ist das Recht sehr komplex.“

So beschäftigen sich die Mitarbeitenden derzeit auch mit der Anbindehaltung von Nutztieren. Ein Verbot werde derzeit diskutiert, so Gerhold. „Wir stellen uns die Frage: Ist das nicht schon lange verboten? Man darf Tieren schließlich keine erheblichen Leiden zufügen.“ Die Auslegung von vorhandenem Recht ist somit Kerngeschäft des Teams.

Gerhold, der an der Uni Bremen eine Professur für Straf-, Strafprozess-, Strafvollzugs- und Medienrecht innehat, wollte sich schon in seiner Dissertation und Habilitation mit dem Thema befassen – doch ihm wurde davon abgeraten. „Meine Doktormutter hat gesagt, dass es keinen einzigen Lehrstuhl auf dem Gebiet gibt, ich mich damit verqualifiziere und gegebenenfalls nie Professor werde.“

Gerhold hat ihren Rat angenommen und im Medienstrafrecht promoviert – obwohl sein Interesse schon damals dem Tierschutzstrafrecht galt: „Es gibt hier unglaublich viele offene Forschungsfragen.“ Vor zwei Jahren war dann endlich Kapazität da, die Forschungsstelle zu gründen. Auch in seiner Lehre greift Gerhold das Thema auf. „Wer wirklich Tierschutzrecht studieren will, hat in Bremen die Chance auf regelmäßige Veranstaltungen dazu.“

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1 Kommentar

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  • Machen Sie sich auch Sorgen um kleine Wildtiere, oder gar Amphibien, die nicht den Glamour eines Wolfes versprühen, aber unter den - meist gar nicht funktionierenden Schutzmassnahmen, z. B. Herdenschutzzäune (witzig, das man auf die noch baut), Lärm, Herdenschutzhunde leiden? Diese, und Weidetiere, haben einen viel höheren ökologischen Nutzen als ein Wolf. Biodiversität, Landschafts - und Lawinenschutz geht auf das Konto von Weidetieren, der Wolf trägt dazu gar nichts bei. Und er ist intelligent, er lernt, wo es nicht weh tut, da kann ich jagen. So sinkt die Hemmschwelle.



    Es macht mich wütend, das man den Schutzstatus nicht senkt, es grenzt an Dummheit.