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Forscherin zu Sozialleistungen„Verzicht als legitime Kritik“

Warum wollen Menschen kein Geld vom Staat, obwohl sie Anspruch darauf haben? Die Sozialwissenschaftlerin Jennifer Eckhardt glaubt: auch aus Protest.

Lieber einen leeren Kühlschrank, als sich im Jobcenter demütigen lassen Foto: Daniel Karmann/picture alliance
Oskar Paul
Interview von Oskar Paul

taz: Frau Eckhardt, wer in Deutschland arbeitslos ist, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld. Doch es gibt Menschen, die darauf verzichten. Wie viele sind das?

Jennifer Eckhardt: Die letzten Schätzungen gingen von rund 40 Prozent der Anspruchsberechtigten aus – im Bereich Arbeitslosengeld II.

So viele?

Ja. Und es gibt noch viele weitere Sozialleistungen. Wohngeld zum Beispiel. Wenn man alle Leistungen anschauen würde, dann kann man von noch höheren Zahlen ausgehen. Genaue Zahlen haben wir dazu aber derzeit nicht.

Wissen viele Menschen einfach nicht, dass sie einen Anspruch auf Sozialleistungen haben?

justfotography/sfs
Im Interview: Jennifer Eckhardt

ist Sozialwissenschaftlerin an der TU Dortmund. Ihr Buch „Spannungsfeld Nichtinanspruchnahme“ ist ihre Disser­tation und kürzlich erschienen.

Diese Situation der vollkommenen Unwissenheit gibt es, glaube ich, kaum. Außer wenn es um besondere Zugangsprobleme geht, wie zum Beispiel bei Flucht oder Behinderung. Bei Sprachbarrieren ist es noch mal schwieriger.

Sie haben im Rahmen Ihrer Forschung mit Menschen gesprochen, die ganz bewusst auf Sozialleistungen verzichten.

Das ist ein Problem, das selten gesehen wird. Wir sprechen viel über Sozialleistungsmissbrauch und Behördenversagen. Die Nichtinanspruchnahme findet im öffentlichen Diskurs aber kaum statt. Dabei zeigt sie ganz wesentlich an, dass etwas nicht funktioniert. Da sind Menschen, die sagen: „Das, was ihr da tut, das lehne ich ab.“

Was sind das für Menschen?

Das sind Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Ich habe früher in der Straßensozialarbeit gearbeitet, im Dortmunder Norden. Dort gibt es einen Platz, da kommen Wohnungslose, Drogenabhängige, aber auch Leute, die nach der Arbeit ihr Feierabendbier trinken wollen, zusammen. Und da ist mir das Thema immer vor die Füße gefallen, Nichtinanspruchnahme betraf viele, die da rumsaßen.

Von potenziellen Bafög-Empfänger*innen über Prostituierte, die Anspruch auf Wohngeld gehabt hätten bis zu Handwerkern, die aufstocken hätten können und Rentner*innen, die Angst um ihre kleine Eigentumswohnung hatten. Als Wissenschaftlerin habe ich dann später versucht, in dieser sozialen Praxis des Verzichts Regelmäßigkeiten zu finden.

Und?

Ich konnte in meiner Untersuchung mit Menschen sprechen, die eine bejahende Haltung zum Sozialstaat haben, auch zu einem Sozialstaat, der viel von Leis­tungs­emp­fän­ge­r*in­nen fordert. Aber die selbst nicht in dieser Art und Weise gegängelt werden wollen. Für andere ist der Verzicht eine politische Positionierung.

Also Aktivismus?

Zwei meiner Ge­sprächs­part­ne­r*in­nen leben in einer sozialistischen Selbsthilfe – ohne Hilfe vom Staat. Sie wollen demonstrieren, dass man anders leben kann. Aber das ist ein Punkt, an den man erst mal kommen muss: Die Dinge als nicht gegeben sehen, sondern als veränderbar.

Wenn jemand tagtäglich nur damit beschäftigt ist, sich irgendwie über Wasser zu halten, dann ist das schwierig. Und das gibt es auch: Menschen, die auf Essen verzichten. Da gibt es dann eine Woche lang Reis, eine Woche lang Nudeln und dann eine Woche warmes Wasser, bis dann von irgendwo wieder ein bisschen Geld reinkommt.

Warum verzichten Menschen auf Geld, wenn sie dann unter solchen Bedingungen leben müssen?

Manche Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind über Jahre mit dem Sozialsystem in Berührung gekommen und haben über Jahre Zumutungen erlitten. Eine Person hat mir erzählt, dass sie im Jobcenter als Missgeburt bezeichnet worden sei, als zu alt, als zu kaputt für den Arbeitsmarkt.

Einer anderen Person, einem gelernten Feinmechaniker, sei gesagt worden, er habe nichts gelernt, er sei zu alt. Er hat eine schwere Depression und das auf seinen Kontakt mit dem Jobcenter zurückgeführt. Diese Menschen haben durch den Verzicht der Zumutung ein Ende gesetzt und sich ihrer eigenen Menschenwürde wieder versichert.

Ließe sich die Nichtinanspruchnahme auch als ein Mittel zur Selbstermächtigung bezeichnen?

Ja, das würde ich sagen. Es geht auch um das Ausleben eines Eigensinns, darum zu sagen: „Ich bin ich und nicht nur euer Hartz-IV-Empfänger.“

Müssen wir anders über Bedürftigkeit sprechen?

Das Prinzip Eigenverantwortung führt dazu, dass wir uns selbst Bedürftigkeit nicht zugestehen.

Und dann kommt uns auch immer mehr die Fähigkeit abhanden, die Bedürftigkeit des anderen zu sehen. In den Augen der Mehrheitsgesellschaft hat es der erwachsene, erwerbsfähige Mensch mitunter nicht verdient, unterstützt zu werden, weil er ja erwachsen und erwerbsfähig ist. Der ist selbst schuld. Aber jeder hat einen Grund, warum er oder sie in eine Situation geraten ist, die den Empfang von Sozialleistungen notwendig macht.

Ist es ein Problem für den Sozialstaat, wenn sich Menschen so von ihm abwenden?

Wenn man daran zweifelt, dass einem der Staat, in dem man lebt, etwas Gutes möchte, dann ist das mit Sicherheit kein guter Indikator für das Verhältnis zwischen Bür­ge­r*in­nen und Staat. Es ist ja kontraintuitiv, dass jemand finanzielle Hilfen ablehnt. Ich fände es schön, wenn der Verzicht als legitime Kritik anerkannt werden würde von Menschen, die vielleicht sonst keine Stimme haben. Das ist eine sehr stille, aber sehr deutliche Kritik an der Art und Weise, wie der Sozialstaat ausgestaltet ist.

Ändert das Bürgergeld etwas daran?

Der Armutsforscher Christoph Butterwegge hat das Bürgergeld als Reformruine bezeichnet. Das, was vom Bürgergeld übrig geblieben ist, hat wenig mit dem zu tun, wofür es mal intendiert war.

Hat der Sozialstaat überhaupt ein Interesse daran, dass mehr Menschen Sozialleistungen in Anspruch nehmen? Wenn rund 40 Prozent der Berechtigten auf Arbeitslosengeld II verzichten, spart der Staat ja auch eine Menge Geld?

Das müssen Sie Öko­no­m*in­nen fragen, die könnten das besser beantworten. Aber man kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass offenbar kein Interesse daran besteht. In vielen anderen Ländern werden Maßnahmen ergriffen, um die Nichtinanspruchnahme zu reduzieren. Da ­werden ­regelmäßig Erhebungen gemacht. Da wird berichtet. Das ist in Deutschland nicht der Fall.

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17 Kommentare

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  • ... wer jahrelang Steuern und in unser Sozialsystem gezahlt hat, sollte seine berechtigte Hilfe in Anspruch nehmen.

  • "Wenn man daran zweifelt, dass einem der Staat, in dem man lebt, etwas Gutes möchte, dann ist das mit Sicherheit kein guter Indikator für das Verhältnis zwischen Bür­ge­r*in­nen und Staat."

    Das ist hier der Schlüsselsatz, würde ich sagen.



    Und aus genau diesem Grund sollten Menschen, denen an unserer Demokratie liegt, sich für ein Bedingungsloses Grundeinkommen für alle einsetzen.



    Ich verweise hier nochmal auf unsere Veranstaltung zum 175. Jubiläum der dt. Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche am 18.5.23



    bge-rheinmain.org/...r-uns-im-jahr-2023

    • @Eric Manneschmidt:

      ...der Schlüsselsatz könnte aber auch lauten: " Wenn man daran zweifelt, dass ein Teil der hier lebenden Bürger, dem Staat, in dem sie leben - etwas Gutes wollen, dann ist das bestimmt kein guter Indikator für das Verhältnis zwischen den Bürgern, die Leistungen in Anspruch nehmen, obwohl nie auch nur ein Cent in die Sozialkassen noch Lohnsteuer gezahlt haben und denen, die jahrzehnte lang Steuern zahlen, für ihre Kinder selber aufkommen, inclusive Schulausbildung und ggf. Studium....



      Bedingungsloses Grundeinkommen, von wem bitte finanziert ?

      • @Alex_der_Wunderer:

        Erstens reden wir hier von einem "GRUNDeinkommen", d.h. einfach von dem, was nötig ist, um zu existieren.



        Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass jeder Mensch ein unveräußerliches Existenzrecht hat (und Träger von Würde ist), auch wenn er "nie auch nur einen Cent in die Sozialkassen oder Lohnsteuer eingezahlt hat". Das Existenzrecht und die Würde von irgendeiner "Nützlichkeit" abhängig zu machen, wäre ja sehr braun-schimmelig, nicht wahr?

        Zweitens übersehen Sie offenbar, dass "die Wirtschaft" nicht nur aus Geldwirtschaft und Erwerbsarbeit besteht, sondern der größere Teil der in Deutschland geleisteten Arbeitsstunden (Zeitverwendungsstudie von 2013) unbezahlte Arbeit ist. Es ist überaus wahrscheinlich, dass die Leute, die "keinen Cent in die Sozialkassen...usw." doch dies und das zur allgemeinen Wohlfahrt beitragen, indem sie unbezahlte Sorge-, Demokratie oder/und schöpferisch-kreative Arbeit machen.



        (Während übrigens nicht jede Erwerbsabeit irgendwie sinnvoll ist, ich weise nur auf die Branchen hin, die unser Klima aus dem Gleichgewicht kicken.)

        Das BGE wird natürlich genauso von allen finanziert wie andere staatliche Aufgaben, die ja auch letztlich allen zugutekommen, ob sie jetzt Lohnsteuer zahlen oder nicht bzw. ob sie irgendwas nützliches (oder schädliches) oder nichts tun.

  • taz: "Warum wollen Menschen kein Geld vom Staat, obwohl sie Anspruch darauf haben? Die Sozialwissenschaftlerin Jennifer Eckhardt glaubt: auch aus Protest." – Protest wird es sicherlich nicht sein, denn arme Menschen haben keine "Villa Kunterbunt", kein "Tischlein-deck-dich" und keinen nachwachsenden "Goldsack", und können deshalb nicht 'mal so eben' auf existenzsichernde Sozialleistungen verzichten; die ihnen in diesem Sozialstaat (Art. 20 Abs. 1 GG) auch zustehen. Arme Menschen, die auf Sozialleistungen 'verzichten', haben andere Gründe (Scham, Unwissenheit, psychische Probleme etc.).

    Frau Eckhardt: "Eine Person hat mir erzählt, dass sie im Jobcenter als Missgeburt bezeichnet worden sei, als zu alt, als zu kaputt für den Arbeitsmarkt." – Bei so netten und hilfsbereiten "Beamten" der Bundesagentur für Arbeit geht man doch als arbeitsloser Bürger gerne in die Jobcenter.

    Hartz IV hat nur einen neuen Namen bekommen. Aus dem Schokoriegel 'Raider' wurde vor Jahren 'Twix' und aus dem Sanktionssystem 'Hartz IV' wurde jetzt 'Bürgergeld' - ansonsten hat sich nichts geändert; außer eine lausige Erhöhung von 50 Euro, die von der Inflation aber sofort geschluckt wird. Wer hat eigentlich das menschenverachtende Sanktionssystem Hartz IV 'erfunden', das man jetzt Bürgergeld nennt? Ich komme im Moment nicht drauf, aber ich glaube, dass war so eine Partei, die in ihrem Parteinamen das Wort "Sozial" hat.

  • Meine Erfahrung ist, dass sich viele Anspruchsberechtigte schämen und deshalb keine Anträge stellen. In der Pflege und bei alten Leuten ist das, neben dem Nichtwissen um berechtigte Ansprüche, ein großes Problem. Eine Möglichkeit das zu ändern, wären u. a. automatische Verfahren, zumindest dann, wenn Pflegehilfen beantragt werden. Die Pflege- und Sozialstationen zahlen das gehen auf die Leute zu: "Frau Müller, diese und diese Leistung steht Ihnen noch zu. Wir Regeln das für sie." Die ambulanten Pflegestationen brauchen dafür einen Auftrag und Bezahlung vom zuständigen Amt und der Pflegekasse um aktiv diese Aufgabe übernehmen zu können. So ein auf die Leute zugehendes Verfahren könnte die Hürden hier, wenn nicht beseitigen, so doch deutlich abbauen.

  • Ich habe selbst ein Jahr Hartz IV bekommen und kann das sehr sehr gut verstehen. Ein paar Jahre später dann, im ersten Lockdown 2020, hätte ich mit meiner Familie wieder Anspruch auf Hartz IV gehabt, und habe es auch beantragt. Nach 4 Wochen, insgesamt über 100 abgeschickten Antragsseiten (Vier-Personen-Haushalt, Kontoauszüge der letzten 3 Monate etc.) und immernoch Nachfragen seitens des Jobcenters, habe ich gemerkt, dass ich nachts immer schlechter geschlafen habe. Das Gefühl, auseinandergenommen zu werden und keine Kontrolle mehr zu haben, hat mich immer mehr durchsetzt. Wir haben uns dann unser Erspartes angeschaut und die Gelder, die noch reinkommen könnten und beschlossen, den Antrag auf Eis zu legen. Ab da ging es mir psychisch deutlich besser. Die Sachbearbeiterin rief mich dann an einem Freitagnachmittag noch an und entschuldigte sich für das zermürbende Verfahren. Sie sagte, Menschen wie wir hätten ein Anspruch auf das Geld, und wir sollten es uns holen, ich fand das sehr menschlich, habe meine Meinung aber nicht geändert. Hartz IV ist ein System, das einen Stück für Stück entmenschlicht, es gibt einen ständig schwelenden Dauerstress und keinerlei Möglichkeit, an dem Verfahren als mündige Bürgerin auf Augenhöhe teilzunehmen. Wer das nicht selbst mal erlebt hat, kann es nicht verstehen. Aber ich verstehe jede*n der/die sich das nicht antut. Es ist sehr wahrscheinlich lebensverlängernd, auch wenn man finanziell schlechter dasteht.

    • 6G
      663534 (Profil gelöscht)
      @Maike Lala:

      Ich habe es selbst nicht erlebt, kann es aber trotzdem sehr, sehr gut nachvollziehen. Menschen die "nicht funktionieren" (Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Krankheit, Armut) bekommen vom Staat immensen Druck. Besonders leidvoll ist das für psychisch kranke Hartz-IV-Empfänger, die eine Zwangsmedikamentierung vermeiden wollen. Auch habe ich schon Schauergeschichten mitbekommen von schwer kranken Frauen (eine Schlaganfall die andere Krebs), die in unmenschliche Jobs gezwungen wurden (sehr lange Stehzeiten trotz frischer Riesen-OP etc.). Es ist ja auch leider so, dass sehr viele Menschen von der Fraktion "nach oben buckeln und nach unten treten sind" und dann ihren Frust an Hilflosen auslassen - widerlich. Manchmal denke ich, das ist ein System, das "die Spreu vom Weizen trennen soll" in einem sehr unmenschlichen Sinn nach dem Motto: entweder die Menschen gehen da kaputt (und sterben dann auch früher) oder sie "kommen in die Spur" und lassen sich irgendwo ausbeuten. Natürlich gibt es auch Menschen, die das System ausnutzen, aber eben auch sehr, sehr viele Opfer.

  • Willkommen in der Realität.

    Genauso wie es Menschen gibt, die systematisch vor Behörden Falschangaben machen, um Kohle abzugreifen, gibt es auch Menschen, die auf ihre Ansprüche verzichten. Sei es aufgrund eines asketischen Lebensstils oder weil man es sich eben leisten kann.



    Ich halte freiwilligen Verzicht (nicht aus Unwissenheit) auf Sozialleistungen grundsätzlich für sehr solidarisch und kann da kein Problem erkennen. In der Wirklichkeit ist nunmal kein staatlicher Allokationsmechanismus so gut, dass er die Bedürfnisse jedes Einzelnen perfekt ansprechen kann. Letztlich muss jeder selbst wissen, was er braucht.

    Eine Verwandte von mir hat mit Ende 50 gesagt, dass sie kleine Lust mehr aufs Arbeiten hat und das Einkommen ihres Mannes volkommen ausreichend ist um den Standard zu halten. Auf den Stress mit dem Sozialamt verzichtet sie gerne. Wer hat (in diesem Fall ein abbezahltes Haus), der kann...

  • Ich kann die Leute verstehen. Wenn man einmal bei den Behörden in die Mühlen geraten ist, kommt man da vermutlich nie wieder raus. Und als jemand, der in Armut und im Hartzi-System aufgewachsen ist, bin auch ich der Auffassung, dass sich die Bürokratiehölle und die dazugehörigen Beschämungen nicht lohnen.

    • @Tuff:

      Es gibt aber durchaus auch die Leute, die nicht nur fragen, was kann der Staat für sie tun, sondern die Eigeninitiative höher gewichten - solange man über die Runden kommt.



      Klar, verschenkt man Geld und klar, die sind wahrscheinlich nicht in Armut aufgewachsen.

  • Jede Form von Sozialhilfe ist halt lediglich ein Anspruch. Man kann ihn in Anspruch nehmen oder halt nicht. In jedem Fall eine höchst persönliche Entscheidung, welche den Staat nix angeht.

    • @DiMa:

      Könnten Sie das bitte erläutern?



      Sozialhilfe ist ein Anspruch, den man in Anspruch nehmen kann?



      Das ist mir sozusagen zu anspruchsvoll, verstehe nicht, was Sie sagen wollen.

      • @Eric Manneschmidt:

        Es gibt halt keinen Leistungsautomatismus. Jede Leistung kann man beantragen oder halt auch nicht.

  • Ich kenne viele Leute, die zwar Anspruch auf Sozialleistungen hätten, sie aber nicht in Anspruch nehmen, weil sie irgendwie auch so zurecht kommen und den Mangel allemal den Zumutungen vorziehen, die sie beim Jobcenter erwarten. Das hat etwas mit Selbstwertgefühl und Autarkie zu tun.

    Leider sind darunter aber auch Leute, die (noch) von Ersparnissen leben und von Zuwendungen anderer, und denen früher oder später doch nichts anderes übrig bleiben wird als zum Jobcenter zu gehen, dann aber mit Null Spielraum.

    Es gibt da das Phänomen des "Reststolzes", der dann sehr hart wird und einen eher verknöchert als einem zu helfen. Das ist nicht immer klug und überhaupt, Stolz ist nicht notwendigerweise eine Tugend. Nicht alles, was sich erstmal gut anfühlt ist deshalb schon richtig. Vorsorge heißt auch, schon dann Hilfe zu suchen, bevor man ohne sie vollkommen aufgeschmissen ist. Not verhindert man am Besten, bevor sie mit aller Konsequenz eingetreten ist.

    • @Mustardman:

      Die Eltern eines (Jugend)Freundes haben sich früher fast kaputt gearbeitet.



      Sie hatten 4 Kinder, selbst keinen Abschluss(erste Kind mit 14 und dann gearbeitet) und nichts gelernt also haben sie Prospekte ausgetragen und ähnliche Jobs erledigt.



      Seine Mutter hat keinen Tag mehr als 4 Stunden geschlafen (nicht am Stück)...



      Da wäre es wirklich sinnvoll gewesen sich finanzielle Unterstützung zu holen.



      Ja sie sind irgendwie über die Runden gekommen, waren immer dafür immer müde, hatten Schmerzen und verschiedene gesundheitliche Probleme.



      Ich fand es schade das sie nicht die Energie hatten sich wirklich um ihre Kinder zu kümmern, natürlich waren sie versorgt und es ist nicht so das sie ihre Kinder wirklich vernachlässigt hätten, Sie hatten nicht genug Kraft um mal konsequent zu sein, so dass von den vier Kindern heute eins ein normales Leben hat, mein Jugend Freund ist mit Heroin gestorben, sein kleiner Bruder hat einen ähnlichen Weg eingeschlagen und auch der große Bruder hat massive Probleme.



      Sie haben immer gesagt das sie keine Hilfe brauchen und es auch so geht und nur für sich selbst wäre das auch ok gewesen.



      Wenn man Kinder hat muss man allerdings manchmal Entscheidungen treffen die man sonst nicht getroffen hätte.

      Dabei ist Hilfe in Anspruch zu nehmen in meinen Augen kein Zeichen von Schwäche und kann auch eine Form der Stärke sein.



      Zu wissen wann man alleine nicht weiter kommt und Hilfe zu suchen.

      Ich weiß das seine Eltern ihre Kinder geliebt haben und nur das Beste für sie wollten, es ist wirklich traurig das keiner ihrer Jungs ein gutes (glückliches) Leben hinbekommt.

      Sie selbst sieht nicht das evtl etwas nicht gut gelaufen ist und versucht die komplette Verantwortung für das Scheitern von drei ihrer vier Kinder auf andere abzuschieben.

      Ich glaube das ist die einzige Möglichkeit wie sie mit der Situation irgendwie zurecht kommt und ich würde nicht mit ihr darüber streiten.

    • @Mustardman:

      Wohl eher Autonomie, Autarkie ist sowieso eine Illusion in der arbeitsteiligen Gesellschaft.