piwik no script img

Forderung der UnionRote Karte für Bahn-Chef Lutz?

Viel zu selten pünktlich bei der EM: CSU-Mann fordert personelle Konsequenzen für die Bahnbosse. Der Konzern sei „keine Visitenkarte für Deutschland“.

Zu oft zu spät: Bahnreisende zum Spiel Serbien gegen England Foto: IMAGO/Simon Stacpoole

Augsburg afp | Angesichts der schlechten Pünktlichkeitswerte der Deutschen Bahn (DB) und der Probleme während der Fußballeuropameisterschaft fordert der Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) personelle Konsequenzen für die Chefetage des Konzerns. Bahn-Chef Richard Lutz und sein Vorstand könnten nicht einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen, sagte Lange der Augsburger Allgemeinen vom Mittwoch. „In der Sprache des Fußballs gesprochen, müssten einige Vorstandsmitglieder jetzt vom Platz gestellt werden.“ Die Rote Karte gelte auch für Bahn-Chef Lutz.

„Die Bahn ist keine Visitenkarte für Deutschland“, sagte Lange der Zeitung weiter. „Wir haben massive Probleme beim Management der Baustellen, bei Information und Service“, kritisierte er. Die anhaltende Serie aus Pleiten, Pech und Pannen könne nicht nur auf fehlende Investitionen geschoben werden, sondern sei auch ein Managementproblem.

Auch der SPD-Fraktionsvize Detlef Müller deutete Kritik am Management der DB an: Der Bund stelle für die anstehenden Korridorsanierungen auf dem Schienennetz Milliardenbeträge bereit – „die Bahn muss die Mittel erfolgreich verbauen, damit die Zuverlässigkeit im Netz wieder steigt“, sagte er der Rheinischen Post. Der Konzern müsse „klare Verbesserungen bei der Infrastruktur und dem Betrieb konsequent voranbringen“.

Mit Blick auf die EM sagte Müller: „Die Verspätungen sind ein großes Ärgernis. Die Fahrgäste erwarten zu Recht pünktliche und funktionierende Züge.“ Allerdings sei der Juni auch durch externe Faktoren wie die Flutschäden an den Bahnstrecken und zusätzliche Fahrgäste aufgrund der EM sicherlich kein gewöhnlicher Monat gewesen.

Der Vorsitzende der Eisenbahngewerkschaft EVG, Martin Burkert, sagte der Augsburger Allgemeinen, das Pünktlichkeitsziel von 70 Prozent in diesem Jahr sei nicht mehr zu erreichen. „Bei der Pünktlichkeit im Fernverkehr liegen wir im Juni bei etwa 55 Prozent, das hatte auch mit den Unwettern und Überschwemmungen zu tun.“ Um die angepeilten 70 Prozent im Gesamtjahr zu erreichen, müsste die DB in den kommenden Monaten bis Jahresende deutlich bessere Werte um 77 Prozent erreichen, um den Rückstand aufzuholen. „Das wird nicht zu schaffen sein.“ Im zweiten Halbjahr kämen neue Baustellen hinzu, die für weitere Verspätungen im Zugverkehr sorgen würden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • Schön, dass die Missstände durch die Fußballfans ans Licht kommen.



    Wenn sie nur die arbeitende Bevölkerung betreffen, spielen sie anscheinend keine Rolle,

  • Es wäre hilfreich, wenn der Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) auch personelle Konsequenzen für die Chefetage der CDU/CSU fordern würde. Bei denen ist die individuelle motorisierte Mobilität ja ganz offensichtlich seit zig Legislaturperioden eine Naturkonstante.

  • Okay, die Versager von der CSU wurden schon abgesetzt, da könnte man beim Bahnmanagement durchaus sinnvoll weitermachen. Vielleicht lieber mal wieder Profis mit Sachverstand auf die Posten berufen, hat schon in manchem Unternehmen Wunder bewirkt.

    • @vieldenker:

      Profis mit Sachverstand. So so. Woran machen Sie das fest, dass es daran fehlt?



      Es gibt da eine klare Rollenverteilung: Der Bund stellt erforderliche Mittel (genauso wie bei Autobahnen und anderer Infrastruktur). Rein empirisch spricht viel dafür, dass dort der Hase im Pfeffer liegt. Und die Politik jetzt natürlich mangelndes Management identifiziert hat. Weil? Ja klar, sonst hätte sie ja einen Fehler gemacht. Das kann ja gar nicht sein...

      • @Horst Hornblende:

        Auch anderer Manager bekommen von ihren Investoren nicht immerhin Gelder, diesie gerne haben. Trotzdem funktioniert deren Kerngeschäft. An der Stelle scheint die Bahnleitung aber einen betrieblichen Kurzschluss zu haben.

        • @vieldenker:

          "Trotzdem funktioniert deren Kerngeschäft."

          Naja, manche gehen auch in die Insolvenz und andere vermeiden das nur durch Verlagerung in Niedriglohnländer - geht halt bei Dienstleistungen wie der Bahn schlecht.

          Die, bei denen das Kerngeschäft funktioniert, haben aber vor allem eines: eine klare Aufgabenstellung des Eigentümers. Auf die wartet die DB schon seit 1976, als der damalige Bundesbahnpräsident Dr. Vaerst darauf hingewiesen hat, dass die 1974 vom damaligen Verkehrsminister Gscheidle ausgegeben - auch finanziellen - Prämissen (einschließlich Wunsch nach Privatisierung ab 1978) die Stilllegung von zwei Drittel des damaligen Bahnnetzes zur Folge hätten. Wenn das nicht gewünscht wäre, bräuchte es eine klare neue Aufgabenstellung. Es war nicht gewünscht (weil "Arbeitsplätze" und "abgehängte Gegenden"), aber auf die Aufgabenstellung wartet die DB jetzt seit 70 Jahren, wie die bayrische Staatsregierung auf die göttlichen Eingebungen vom Engel Aloysius...

  • Leidet die CSU an Amnesie?

    PeterRamsauer, Alexander Dobrindt, Andreas Scheuer, die "Verkehrs"minister der CSU haben die massiven Probleme der Bahn geschaffen.

    • @Fritz Lang:

      Wolfgang Tiefensee, Manfred Stolpe, Kurt Bodewig, Reinhard Klimt, Franz Müntefering - allesamt SPD, allesamt Verkehrsminister.



      Was viele immer vergessen, vor der CSU hatte die SPD von Ende der 90er bis 2010 knapp 15 Jahre dauerhaft das Verkehrsministerium inne...



      Die CSU hat nur den Scherbenhaufen übernommen und ihrem Naturell entsprechend natürlich weiter verkommen lassen.

    • @Fritz Lang:

      Die Probleme gibt es doch mindestens seit Gründung der Deutschen Bahn AG. Egal wer gerade an der Macht war, es wurde nur Geld in die Bahn gepumpt ohne die (Führungs-)Probleme überhaupt anzugehen. Allein drei genannten würde ich allenfalls eine Teilschuld unterstellen wollen.

      • @Scrooge:

        Bin ich total bei Ihnen.



        Ich habe nur was gegen das ewige Geschimpfe auf die CSU in Sachen Verkehrsminister...



        Ja, von denen war einer schlimmer als der andere, aber die SPD war auch schon so oft am Drücker und hat nichts anders gemacht 🤷‍♂️



        Und selbst ein Winfried Kretschmann in BW fährt lieber Mercedes als Fiat...



        youtu.be/l6plZx4vy...i=Fymv5JbPZw0dabQI



        ...ich überlasse es da jedem selbst sich das Verkehrsministerium unter grüner Führung vorzustellen...



        #Realpolitik



        Einfach mal nüchtern bleiben, seit Bestehen der BRD haben ALLE Parteien keine echten Ambitionen verfolgt den Verkehr zu revolutionieren. Die CSU ist da genauso viel und wenig Schuld wie der Rest.

        • @Farang:

          Und jetzt mal etwas aus der Praxis zum Thema grüne Verkehrsminister. Kürzlich in BaWü mit einem Regionalzug von Sigmaringen nach Ehingen gefahren. Fahrrad dabei. Der Einstieg in das Fahrradabteil war nur durch eine steile Treppe mit vier Stufen zu erreichen. Zum Glück fahre ich kein EBike. Habe das mit einer Mail an den grünen VM Hermann thematisiert. Was kam zurück? Ein Mail mit nicht passenden Textbausteinen von einer Dame für Öffentlichkeitsarbeit. Soviel zum Thema grüner VM. Solche Züge sind mir noch nirgendwo sonst in D untergekommen.

  • Die DB hat immer Ausreden , jetzt sind es Flutschäden und größere Auslastung . Bei meinen vielen Bahnreisen sind es Personen im Gleis, vorausgefahrene Züge, Weichen-oder Stellwerksprobleme und, und und .



    Bei den überzogenen Boni hat der Vorstand keine Probleme.

  • Der Union zur Erinnerung: Die "Bahnreform" erfolgte unter der Regierung Kohl und der Niedergang der DB unter drei CSU-Verkehrsministern in Folge.

    • @HRMe:

      ... und nach der "Bahnreform" leiteten wieviel SPD-Politiker das Verkehrsministerium? ;-)

  • „keine Visitenkarte für Deutschland“ Eigentlich doch!



    In Deutschland läuft zur Zeit so ziemlich alles schief, somit passt die aktuelle Situation gut zu der der Bahn.

    • @Rudi Hamm:

      Zustimmung. Die Bahn bildet für alle sichtbar exakt das ab, was man tagtäglich in der Zusammenarbeit mit Behörden und Ämtern erlebt udn von der Politik als Performance gezeigt wird.