Folgen für Klimakrise: Wie Russland die Erde aufheizt
Das Kampfgeschehen in der Ukraine hat direkte und indirekte Folgen für die Klimakrise. Die Emissionen seien signifikant, sagt eine neue Studie.
Zum Vergleich: Das entspricht etwa einem Sechstel der Emissionen, die ganz Deutschland in demselben Zeitraum verursacht hat. In der Berechnung sind alle Treibhausgase berücksichtigt, also etwa auch Methan. Zur besseren Übersicht über ihre Klimawirkung wurden sie in CO2 umgerechnet.
Etwa ein Fünftel der kriegsbedingten Emissionen gehen der Analyse nach unmittelbar auf die Kämpfe zurück. Das hat zum Beispiel mit dem Spritverbrauch von Panzern und Fahrzeugen zu tun. Den Klimaschaden, der durch die Lecks in den Nord-Stream-Pipelines entstanden ist, zählt das Team ebenfalls mit.
Die Forscher:innen sehen aber auch indirekte Effekte. Der größte Posten ist hier der nötige Wiederaufbau. Um zerstörte Häuser, Straßen, Kraftwerke und Fabriken in der Ukraine wieder instand zu setzen, sind große Mengen an Baustoffen nötig. Bei der Herstellung von Beton, Zement, Stahl und Glas entsteht sehr viel CO2 – teils durch den hohen Energiebedarf, teils durch den Produktionsprozess selbst. Der Klimaschutz im Bausektor läuft deshalb schleppend.
Kriegsgebiet muss weiträumig umflogen werden
Hinzu kommt, dass internationale Flugzeuge das Kriegsgebiet weiträumig umfliegen müssen, dadurch mehr Treibstoff benötigen und entsprechend mehr CO2 in die Atmosphäre entlassen.
Als weitere Emissionsquelle haben die Forscher:innen die Feuer identifiziert, die nahe der Front ausbrechen. Ein Siebtel der kriegsbedingten Emissionen stammt der Analyse nach aus solchen Bränden.
Darüber hinaus werden in der Rechnung die Emissionen berücksichtigt, die Flugzeuge durch ihre weiträumigen Umwege über Asien verursachen, seit die Sanktionen gegen Russland gelten und Russland seinen Luftraum gesperrt hat.
„Die Emissionen durch Russlands ausgeweitete Invasion in die Ukraine sind signifikant“, sagte der niederländische Klimaforscher Lennard de Klerk, Leitautor der Studie, am Mittwochnachmittag am Rande der Klimaverhandlungen in Bonn. Dort treffen sich derzeit Diplomat:innen zahlreicher Länder, um die Weltklimakonferenz COP 28 vorzubereiten, die Ende des Jahres in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfinden soll.
Ein Knackpunkt der Verhandlungen: Dieses Jahr soll Bilanz gezogen werden über die Klimaschutzbemühungen seit Beschluss des Pariser Weltklimaabkommens 2015. Insgesamt ist durchschlagender Erfolg ausgeblieben – weltweit betrachtet sind die Treibhausgasemissionen seither weiter angestiegen.
Klimaforscher de Klerk will mit seiner Forschung anstoßen, dass kriegsbedingte Emissionen in die offiziellen Klimabilanzen der Vereinten Nationen Eingang finden – bislang tun sie das nämlich nur anteilig.
Das kritisiert auch Umweltschützerin Linsey Cottrell von der britischen Organisation Conflict and Environment Observatory. Weil es für Länder nicht verpflichtend sei, dass sie ihre militärischen Emissionen an die Vereinten Nationen melden, täten das nur sehr wenige. Nur teilweise seien die Emissionen in anderen Bereichen inbegriffen, etwa beim Verkehr. Das ist Cottrell nicht genug.
„Es gibt eine große Datenlücke“, sagte die Umweltschützerin in Bonn. „Militär ist ein gigantischer Verbraucher von fossilen Kraftstoffen“, so Cottrell. „Das ist ein oft übersehener Aspekt der Klimakrise.“
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