Folgen der Pandemie: Mehr Magersucht seit Corona
Im Laufe der Pandemie sind mehr Menschen an Magersucht erkrankt. Besonders besorgniserregend ist, dass die Patientinnen immer jünger werden.
Magersucht betrifft vor allem Mädchen in der Pubertät. In der Münchner Beratungsstelle, die Schnebel leitet, tauchen seinen Angaben nach seit einigen Jahren aber auch immer jüngere Mädchen auf, teilweise schon 8- oder 9-Jährige. „Das hängt damit zusammen, dass heute alles früher anfängt, wie die Pubertät und der Zugang zu sozialen Medien“, sagt der Fachmann.
Gestörtes Verhältnis zu Körper aufgrund von Social Media
Dass seit Corona mehr Jugendliche mit einer Essstörung wie Magersucht oder Bulimie behandelt werden müssen, bestätigen auch die Auswertungen von Krankenkassen unter ihren Versicherten. Demnach stellt die DAK-Gesundheit für 2020 eine Zunahme bei den Krankenhausbehandlungen wegen Essstörungen von 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr fest, unter den 15- bis 17-Jährigen sind es sogar 13 Prozent mehr. Die KKH kommt nach eigenen Angaben auf ein überproportionales Plus von rund 7 Prozent bei den 13- bis 18-Jährigen.
Die früher einsetzende Pubertät könne dazu führen, dass die körperliche Reife möglicherweise nicht kompatibel mit der psychischen Reife sei. Gleichzeitig seien Kinder und Jugendliche immer früher in den sozialen Medien unterwegs, wo sie permanent mit geschönten Bildern konfrontiert würden. „Je fragiler das Körperbild, desto offener ist man für diesen Einfluss“, sagt Silja Vocks, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Osnabrück.
Problematisch seien vor allem spezielle Magersuchtforen und Bilder oder Videos von zu dünnen Teenagern unter speziellen Hashtags auf TikTok, Instagram und anderen sozialen Netzwerken, sagt die Expertin Iren Schulz von der Initiative „Schau hin!“. „Da treffen sich Gleichgesinnte, die sich gegenseitig hochpushen.“
Während der Coronabeschränkungen verbrachten junge Leute noch mehr Zeit im Internet, dieses war zum Teil ihr einziger Kontakt zur Außenwelt – und auf Instagram und anderen Kanälen bekamen sie unentwegt überarbeitete Bilder von Freundinnen, Mitschülerinnen und anderen Gleichaltrigen zu sehen, wie der Münchner Psychologe Schnebel erläutert. Weil sie diese aber nicht mehr trafen, hielten sie deren geschöntes Aussehen für echt. „Die realen Vergleiche sind weggefallen.“
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