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Förderung durch FamilienministeriumAnti-links-Projekten winkt weiter Geld

Manuela Schwesig (SPD) fördert trotz miserabler Bilanz Programme gegen linke Gewalt. Einem davon wurde schon vorher Einseitigkeit vorgeworfen.

Hatte die schlechte Bilanz eigentlich schon verlesen: Manuela Schwesig. Bild: dpa

BERLIN taz | Was Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) im vergangenen Sommer zu den staatlich geförderten Projekten gegen Linksextremismus vortrug, klang klar: „Die bisherigen Programme gegen Linksextremismus waren einfach nicht erfolgreich“, bilanzierte sie bei einer Fachtagung.

„Sie haben die Zielgruppe nicht erreicht und die Probleme nicht getroffen.“ Das von ihrer Vorgängerin geschaffene Bundesprogramm lief deshalb zum Jahresende aus. Doch in einer Übersicht des Familienministeriums zum neuen Bundesprogramm „Demokratie leben!“ finden sich wieder drei Präventionsprojekte gegen „linke Militanz“.

Demnach wurden in dem unter Schwesigs Regie neu geschaffenen Programmbereich zur „Radikalisierungsprävention“ aus 71 Bewerbungen insgesamt 36 Modellprojekte ausgewählt und aufgefordert, einen Förderantrag zu stellen – „darunter alle drei Projekte im Themenfeld ’linke Militanz‘ “. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor, die der taz vorliegt.

Außerdem sollen 14 Modellprojekte gegen rechts und 19 gegen islamistische Orientierungen gefördert werden. Das Geld sei allerdings noch nicht endgültig bewilligt, man sei noch in der abschließenden Prüfung, sagte ein Ministeriumssprecher der taz auf Nachfrage. Wie viel Geld die Modellprojekte im Einzelnen aus dem Bundeshaushalt bekommen werden, steht dem Ministerium zufolge noch nicht fest. Allerdings liege der Höchstbetrag bei 130.000 Euro.

Schülerseminare gegen Linksextremismus

Unter den zur Förderung ausgewählten drei Modellprojekten gegen linke Militanz ist auch eines der Gedenkstätte Hohenschönhausen mit dem Titel „Linke Militanz in Geschichte und Gegenwart. Aufklärung gefährdeter Jugendlicher über Linksextremismus und Gewalt“.

Die Stasi-Gedenkstätte hatte schon unter der Exbundesfamilienministerin Kristina Schröder mehr als 500.000 Euro für Schülerseminare gegen Linksextremismus bezogen – in der 2014 vorgelegten Evaluation durch das Deutsche Jugendinstitut (DJI) aber schlecht abgeschnitten. Das DJI konstatierte eine „weitreichend einseitige Materialauswahl“ und einen „unausgesprochenen Totalitarismusverdacht“ gegen linke Strömungen.

„Dass das Projekt der Gedenkstätte trotz erwiesener Inkompetenz weiter gefördert werden soll, ist die reinste Geldverschwendung“, kritisiert die Bundestagsabgeordnete der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Offenbar wolle Schwesig „keinen Krach mit ihrem Koalitionspartner riskieren“. Aus der Union hatte es Kritik an Schwesigs Plänen zur Abschaffung des Anti-Linksextremismus-Programms gegeben.

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7 Kommentare

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  • Wer Angst vor den Linken haben muss,- der macht eben schlechte Politik. Wer nur noch Politik für Parteien und Technokraten macht,dazu noch Politik bei der man tagtäglich mit einem Finanzcrash rechnen muss, der ist zu blöd zu kapieren-, und der ist mit den Linken noch ganz gut bedient. In diesem sogenannten demokratischen System ist Fortschritt = Rückschritt.

    • @Frost:

      "Wer Angst vor den Linken haben muss" brauchte zu Hochzeiten des Kommunismus nur frei denken. Sowas sollte man immer im Hinterkopf haben, bevor man rote Fahnen schwenkt.

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Wie lange ist eigentlich der letzte rechtsextremistische Anschlag in diesem Land her und wie lange der letzte im Ausmaß vergleichbare linksextremistische Anschlag? Die aktuellen Prioritäten sollten wohl klar sein! Bedauerlich, dass die Nachfolgepartei der Parteien, die dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben, dies nicht begreift!

    • @2097 (Profil gelöscht):

      Die aktuellen Prioritäten sind im Ausmaß der Finazierungen gegen die verschiedenen Strömungen doch ziemlich klar. 3 gegen 50+ Projekte gegen den jeweiligen Extremismus ist doch ziemlich deutlich.

  • Das will ich glauben, dass "die bisherigen Programme gegen Linksextremismus [...] einfach nicht erfolgreich" waren, weil sie "die Zielgruppe nicht erreicht und die Probleme nicht getroffen" haben. Staatliche Präventionsprogramme scheinen überhaupt nicht all zu erfolgversprechend zu sein, wo sie gewaltbereiten Extremisten begegnen sollen. Vermutlich, weil gewaltbereite Extremisten sich grundsätzlich nichts empfehlen lassen wollen von staatlicher Seite. Sie sind besonders stolz darauf, dass sie mehr oder weniger autonom agieren können und sich dem staatlichen Gewaltmonopol nicht beugen brauchen.

     

    Die taz berichtet, dass sich in Frankfurt/Main, in Leipzig, Hannover, Chemnitz, Magdeburg und Kassel gerade wieder jede Menge nützliche Idioten gefunden haben, die der Staatsmacht unbedingt einen Vorwand liefern mussten, personell und technisch aufzurüsten. Obwohl fest steht, dass diese Aufrüstung nichts bringt – abgesehen natürlich von einem wachsenden Gewaltpotential eines immer intransparenter agierenden Staates. Der im Gegenzug zu verbuchende Erfolg der Flaschen-, Eier-, Farbbeutel-, Böllerwerfer und Faustkämpfer ist überschaubar, finde ich. Die diversen Egidisten werden sich den Spaß am Provozieren jedenfalls auch künftig sicherlich nicht nehmen lassen. Schon gar nicht von Leuten, die ihnen immer wieder in die Schlagzeilen verhelfen.

     

    Für Geld, das eigentlich nicht da ist, Programme zu finanzieren, die nichts bewirken, ist bescheuert, das ist wahr. Aber was wäre die Alternative? Gar nichts tun und statt dessen einen gewaltbereiten Innenminister zu pimpen? Rechte und Linke sollten ihre Leute selbst ansprechen, finde ich. Sie kennen ihre "Zielgruppen" schließlich genauer als jeder Verein der Gegenseite sie kennt. Allerdings wäre auch in dem Fall der Erfolg ein eher ungewisser. Wer sich nicht überzeugen lassen will, der ist auch nicht zu überzeugen. Nicht mal von seinen (potentiellen) Freunden und Kollegen.

  • Linke Terroristen kann es nicht geben - genauso wenig wie diskriminierte Jungen in der Schule (die sind dann einfach selber schuld) oder diskriminierte Männer bei Jobs mit 95% Frauenanteil (die Männer wollen halt nicht).

    Man kann die ideologische Scheubrille ablegen und trotzdem nicht Rechts- und Linksextremismus gleichsetzen. Es ist eher umgekehrt, wer glaubwürdig bleiben will, darf die Augen auch dort nicht verschliessen, wo es ihm oder ihr ideologisch nicht so in den Kram passt.

    Leider hat gerade die taz hieran Offenheit verloren. Bei 3 von 36 Projekten scheint der Fokus ja auch nicht schief zu liegen. Ein Projekt zur Extremismusprävention soll natürlich eingestellt werden, wenn es ineffektiv ist - aber das gilt egal ob es gegen Rechte, Linke, Islamisten oder radikale Christen vorbeugen soll.

  • Programme gegen Extremismus sind doch eigentlich immer "einseitig", oder? Es liegt doch in der Natur der Sache dass Extremismus selten auf Thesen beruht die man würdigen und respektieren kann oder will. Ich für meinen Teil möchte zumindest nicht dass von meinem Steuergeld Informationsmaterial mit dem Absatz "Wo die Neonazis trotzdem recht haben - Ein Perspektivwechsel" gedruckt werden. Das gleiche gilt folglich auch für linke und religiöse Extremisten