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Flüchtlingspolitik in DeutschlandAlbig fürchtet Ghettobildung

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig fürchtet Massenunterkünfte für Flüchtlinge. Er fordert Hilfe vom Bund. Dort sieht man es anders.

In Kiel wird diese ehemalige Kaserne künftig zur Durchgangsunterkunft für Flüchtlinge. Bild: dpa

HAMBURG/KIEL/BERLIN dpa | Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig hat angesichts steigender Flüchtlingszahlen vor Massenunterkünften gewarnt. „Wir müssen aufpassen, dass wir keine riesigen Flüchtlingsghettos wie in Jordanien schaffen“, sagte der SPD-Politiker der Welt am Sonntag. Es dürfe keine Gesellschaft neben der Gesellschaft entstehen. „Wir müssen möglichst schnell genügend Wohnraum in der Mitte der Gemeinden bereitstellen.“

Albig verlangte erneut, dass der Bund die Asylverfahren beschleunigt. „Wir haben aktuell 180.000 offene Fälle. Berlin muss endlich die notwendigen Stellen in dem zuständigen Bundesamt besetzen.“ Notfalls müssten auch Beamte aus anderen Verwaltungen abgeordnet werden. „Denn es nützt gar nichts, wenn der Bund zwar die Stellen schafft, aber auf den Stellen keine Menschen sitzen.“

Albig nahm auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich in die Pflicht. „Ich erwarte von Bundeskanzlerin Merkel, dass sie ihrem Kabinett sagt: 'Wenn wir nicht wollen, dass nach den nächsten Kommunalwahlen in jedem Kommunalparlament zehn Nazis sitzen, dann ist es hohe Zeit, den Ländern und Kommunen zu helfen'.“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht dagegen zurzeit keinen Grund, den Ländern mehr Geld zur Versorgung von Flüchtlingen zu geben. „Es ist noch nicht einmal vier Monate her, dass der Bund für diesen Zweck für dieses und kommendes Jahr je 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat und die Länder das akzeptiert haben“, sagte er dem Tagesspiegel. Man sei sich einig gewesen, dass dies eine ausgewogene Regelung sei. „Ich sehe jetzt keinen Grund, von dieser Vereinbarung abzuweichen.“

Die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer hatten vergangene Woche eine deutlich stärkere Beteiligung des Bundes an der Unterbringung und medizinischen Versorgung von Flüchtlingen verlangt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schätzt, dass in diesem Jahr rund 300.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen, die Länder rechnen mit viel mehr.

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8 Kommentare

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  • „Wir müssen aufpassen, dass wir keine riesigen Flüchtlingsghettos wie in Jordanien schaffen“

     

    Da müßte Schland erst mal umgerechnet so 20 bis 30 Millionen Flüchtlinge aufnehmen, um auf dasselbe Verhältnis zur Einwohnerzahl zu kommen.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Friedrich Zoller:

      Ja, eine pegideske Wahnvorstellung, die der Herr Albig da produziert. Schade, dass ihm so etwas unterläuft, denn hätte er gesagt, dass eine dezentrale Unterbringung vorzuziehen ist, hätte ihm jeder zustimmen können.

      • @889 (Profil gelöscht):

        Das sind Scheinargumente á la Kretschmann. Da geht´s nur drum, so lange zu jammern, bis man noch rigoroser abschiebt. Gleichzeitig ermutigt man damit natürlich indirekt Pegidaner und Schlimmeres aus der rechten Ecke, das ihre dazuzutun. Ob mit Absicht, kann ich nicht sagen, kann´s aber auch nicht ausschließen.

  • Albig hat völlig recht! Wenn man große Flüchtlingsghettos schafft, programmiert man damit gezielt vermeidbaren Ärger und spart erkennbar am falschen Ende. Das darf man dem Bund nicht durchgehen lassen.

    • @Rainer B.:

      Jaja. Aber da geht´s doch nicht drum, wer das bezahlt. Schland ist reich genug und Schleswig-Holstein auch. Da geht´s nur drum, so lange zu jammern, bis man noch rigoroser abschiebt. Gleichzeitig ermutigt man damit natürlich indirekt Pegidaner und Schlimmeres aus der rechten Ecke, das ihre dazuzutun. Ob mit Absicht, kann ich nicht sagen, kann´s aber auch nicht ausschließen.

      • @Friedrich Zoller:

        Für die Länder und Kommunen ist das schon eine erhebliche finanzielle Belastung und Schleswig-Holstein gehört nun wirklich nicht zu den "reichen" Ländern. Darüber muss man offen reden und insbesondere auch darüber, wie man die Unterbringung möglichst sinnvoll gestaltet. Ich gehe davon aus, dass es bei einer Vermeidung von Ghettobildungen auch durchaus gut angelegtes Geld ist und keinesfalls ein Argument für weitere Abschiebungen.

        • @Rainer B.:

          Nun, so reich wie die Herkunftsländer der Flüchtlinge ist Schleswig-Holstein aber schon noch, oder?

          • @Friedrich Zoller:

            Derartige Vergleiche könnte man allenfalls dann anstellen, wenn eine Rückkehr ins Herkunftsland absehbar möglich wäre. Davon ist aber nicht auszugehen.