Fleischproduktion im Rückgang: Klasse statt Masse
Wenn die deutsche Fleischbranche nicht bald tier- und umweltfreundlicher wird, wird sie zusammenbrechen. Das zeigen die jüngsten Produktionsrückgänge.
D ass die Fleischproduktion in Deutschland im vergangenen Jahr um 8,1 Prozent eingebrochen ist, ist ein Weckruf für die Branche: Vor allem die Viehhalter müssen dringend tier- und umweltfreundlicher werden, wenn sie überleben wollen.
Denn der Produktionsrückgang ist kein einmaliger Ausreißer, sondern langfristig, und wird das wohl auch so bleiben. Der aktuelle Trend nach unten begann bereits 2016. Ein Grund für die sinkenden Zahlen ist, dass die Menschen in Deutschland immer weniger Fleisch essen.
Außerdem hat vor allem China seinen Markt für Schweinefleischimporte aus Deutschland gesperrt, nachdem hierzulande 2020 die Afrikanische Schweinepest ausbrach. Jetzt baut die Volksrepublik, die einmal wichtigster Importeur von Schweinefleisch aus Deutschland war, ihre eigene Produktion aus. Gegen die Konkurrenz im Billiglohnland China werden die deutschen Landwirte und Schlachter nicht bestehen können.
Jedenfalls nicht über den Preis. Aber die deutsche Fleischbranche hätte sehr wohl eine Chance, wenn sie auf Klasse statt Masse setzen würde. Es wäre ein Wettbewerbsvorteil, wenn die Landwirte ihren Schweinen Auslauf gewähren, mehr Platz im Stall einräumen und nicht mehr die Ringelschwänze abschneiden würden. Auch wenn Fleisch mit höheren Ethikstandards wegen der hohen Inflation derzeit nicht mehr so stark nachgefragt wird: Das Mensch-Tier-Verhältnis hat sich grundlegend verändert. Wenn der Inflationsschock abklingt, wird Tierschutz wieder eine größere Rolle für die Verbraucher spielen.
Klar ist aber auch, dass die Fleischbranche in Deutschland schrumpfen muss und wird. Denn tierfreundlicher erzeugtes Fleisch kostet mehr, und das wird den Konsum senken. Außerdem erkennen immer mehr Verbraucher, dass der derzeitige durchschnittliche Fleischkonsum der Gesundheit schadet, von den Schäden für das Klima ganz zu schweigen. Wenn die deutschen Viehhalter nun schnell auf mehr Tierschutz umstellen, können sie die Verluste aber so stark wie möglich begrenzen. Tun sie es nicht, gehen sie unter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch