Finnland und Schweden üben Ernstfall: Ein sicherheitspolitisches Signal

Die Nicht-Nato-Mitgliedsländer Finnland und Schweden senden mit einer gemeinsamen Militärübung ein Zeichen nach Moskau.

Russische Kampfjet sind am Himmel zu sehen

Russische Kampfjets, die den Luftraum östlich von Gotland, Schweden, verletzen, 2. März 2022 Foto: Swedish Air Force/TT News/reuters

STOCKHOLM taz | Vier russische Kampfflugzeuge verletzten am Mittwoch schwedischen Luftraum über der Ostsee nahe der Insel Gotland. Das passiert, wenn diese von Kaliningrad aus ihre täglichen Routinerunden über der Ostsee fliegen – nach Mitteilung des schwedischen Militäroberkommandos rund ein Dutzend Mal jährlich und meist ungewollt. Diesmal war es vermutlich weder unabsichtlich noch zufällig, meint Luftwaffenchef Carl-Johan Edström: „Ich halte es für eine bewusste Aktion.“

Es geschah vermutlich auch nicht zufällig an diesem Mittwoch. Da hielten Finnland und Schweden auf und um Gotland eine kurzfristig angesetzte gemeinsame Bereitschaftsübung ihrer Luftwaffe und Marine ab. Keine Routineübung, betonte Schwedens Verteidigungsminister Peter Hultqvist, der zusammen mit seinem finnischen Kollegen Antti Kaikkonen die Übung besuchte: „Jede Übung ist ein sicherheitspolitisches Signal.“ Das Signal: Die Kampfjets der beiden Länder, sowohl die finnischen F-18 Hornet als auch die schwedischen Jas 39 Gripen, hatten für einen möglichen Luftkampf gefechtsklare Raketen unter den Flügeln hängen. Bei Schwedens Luftwaffe erstmals seit 1982.

Russland habe angekündigt, die europäische Sicherheitsordnung ändern zu wollen, begründete das Hultqvist, und das sei eine „Bedrohung für alle demokratischen Staaten“. Auch für die beiden einzigen skandinavischen Nicht-Nato-Mitgliedsländer Finnland und Schweden. Vor allem in Finnland mit seiner 1.300 km langen Grenze zu Russland hat der Angriff auf die Ukraine zu einer öffentlichen Debatte darüber geführt, ob man diese offizielle „Bündnisfreiheit“ nicht zugunsten einer Nato-Mitgliedschaft aufgeben solle. Nach einer sicherheitspolitischen Debatte am Dienstag im finnischen Reichstag konstatierte die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin, dass diese Frage derzeit „nicht aktuell“ sei. Einen solchen Schritt könne man nicht anhand von Meinungsumfragen entscheiden, der müsse „sorgfältig und ohne Zeitdruck analysiert“ werden.

„Solidarität mit dem ukrainischen Volk, aber Nein zur Nato“ ist dagegen der Standpunkt der schwedischen Linken. Gerade in einer Situation wie der aktuellen sei es „wichtig, dass Schwedens langjährige Sicherheitspolitik standfest bleibt“, äußerte sich auch die sozialdemokratische Regierungschefin Magdalena Andersson: Den schwedischen Interessen habe es „gut gedient“, bündnisfrei zu sein. Ähnlich wie ihre finnische Amtskollegin Marin hob Andersson die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit dem westlichen Militärbündnis hervor.

Diese Zusammenarbeit ist schon in der Vergangenheit sehr eng gewesen. Beispielsweise finden regelmäßig gemeinsame Militärübungen mit Streitkräften von Nato-Staaten, darunter auch den USA, statt. Seit 2014 sind Finnland und Schweden – ebenso wie seit 2020 die Ukraine – „Enhanced Opportunities Partners“ der Nato. Und erstmals wurde in der vergangenen Woche von Schweden und Finnland „bis auf Weiteres“ das im Rahmen der „Partnerschaft für den Frieden“ 2018 vereinbarte Format eines „erweiterten und vertieften Informationsaustauschs“ (MSI) aktiviert.

Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage sind ein Drittel der SchwedInnen „ziemlich oder sehr besorgt“, es könne zu einem militärischen Angriff auf Schweden kommen. Die Krisenbereitschaftsbehörde MSB hat zusätzliches Personal angestellt, um die Anfragen beunruhigter BürgerInnen beantworten zu können. Sie meldet außerdem, dass der Aufruf der Internetkarte, in der alle Schutzräume des Landes gelistet sind, um „mehrere Tausend Prozent“ gestiegen sei.

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