Finanzstreit vor dem Flüchtlingsgipfel: Nicht an der Zukunft sparen
Die Grünen stellen sich richtigerweise an die Seite der Kommunen. Leider sagen sie nicht, woher die zusätzlichen Bundesmittel kommen sollen.
F ür die Kommunen ist die Versorgung von Flüchtlingen eine immense Aufgabe. Mehr Hilfe bei der Finanzierung haben sie dringend nötig. Andernfalls fehlt das Geld für die übrigen staatlichen Aufgaben elementarer Art, die mit in ihre Zuständigkeit fallen – sei es bei Kinderbetreuung, Bildung, Verkehr, Kultur oder Wohnungsbau. Schon für sich genommen ist es bedenklich, wenn Gemeinden, Städte und Landkreise hier nicht liefern können. Sind Kürzungen in diesen Bereichen noch dazu die Folge steigender Flüchtlingszahlen, wird es besonders gefährlich: Rassistische Hetze trifft dann auf beste Ausgangsbedingungen.
Es ist daher richtig, dass sich die Grünen vor dem Bund-Länder-Treffen am Mittwoch positionieren und dabei nicht vor der nächsten Querele in der Ampel-Koalition zurückschrecken: In Abgrenzung zu sozialdemokratischen und liberalen Kabinettsmitgliedern fordern sie, dass der Bund künftig mehr bezahlt.
Unvollständig ist die Forderung dennoch: Woher genau die Mittel kommen sollen, verraten die Grünen höchstens auf Nachfrage. Dadurch gehen sie das Risiko ein, dass sich die Debatte über Kürzungen an anderen Stellen lediglich von der Ebene der Kommunen und Länder auf die des Bundes verlagert – und letztlich die Finanzierung grüner Projekte wie der Kindergrundsicherung noch wackliger wird.
Den Diskurs langfristig drehen
Dabei ließe sich am Beispiel der Flüchtlingskosten doch eigentlich einmal mehr aufzeigen, vor welchen riesigen Herausforderungen der Staat als Ganzes steht und wie dringend er die dafür nötigen Mittel generieren müsste. Neue Steuern oder weniger Subventionen sind gegen die FDP zwar schwer durchsetzbar; zumal SPD und Grüne sichtbar unfähig sind, innerhalb der Koalition Bündnisse gegen den kleineren Partner zu schließen.
Neben dem kurzfristigen Erfolg geht es manchmal aber auch darum, den Diskurs langfristig zu drehen. In diesem Fall: weg von der Erzählung, dass sich der Staat durch höhere Steuern zu Unrecht an Bürger*innen und Unternehmen bereichert – und hin zu der Erzählung, dass das Land seine großen Aufgaben nur gemeinsam bewältigen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl