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Finanzpaket des BundesSeid umschlungen Milliarden

Das Schuldenpaket des Bundes verschafft Berlin einen unverhofften Geldsegen. Die taz macht Vorschläge, wie die Kohle verpulvert werden könnte.

Das Beste für Berlin: Skywalk und Minigolf, Friedrich Merz sei Dank! Foto: [Montage taz] Julian Castle/Arcaid, Sabine Gudath, Funke Foto, Michael Eichhammer/imago

Für das im Bundestag beschlossene 500-Milliarden-Euro-Paket für Infrastruktur und Klimaschutz hat nun auch der Bundesrat grünes Licht gegeben. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) will die Gelder für „Zukunftsinvestitionen“ verwenden. Angesichts der Vorliebe der CDU für Autos und des Koalitionspartners SPD für teure Neubauwohnungen macht die taz Vorschläge, wie das Geld sinnvoll investiert werden könnte.

Spaßparadies Görlitzer Park

Seit seinem Amtsantritt bemüht sich CDU-Senatschef Kai Wegner, den Görlitzer Park in Kreuzberg von Kriminalität zu befreien. Allein, seine teuren Law-and-Order-Pläne inklusive Zaun und nächtlicher Sperrung stoßen bei An­woh­ne­r*in­nen auf wenig Gegenliebe. Was wäre also besser geeignet, die innerstädtische Grünfläche zu befrieden, als ihn in eine gigantische Minigolf-Anlage zu verwandeln? Mit 100-prozentigem Spaßfaktor und obendrein familienfreundlich. Und dank des Geldregens des Bundes sogar komplett gratis.

Wer in Berlin schon mal Minigolf spielen war, weiß, wie langweilig das nach einer Weile wird. Jeder Platz gleicht dem anderen, das Einzige, was sich ändert, ist der Verfallsgrad der Bahnen und die Qualität der Bockwurst am Büdchen. Doch so muss es ja nicht sein. Wie überall dieser Tage taugen die USA als Vorbild: keine Spur von genormter Einöde, stattdessen gigantische Landschaften mit abwechslungsreichen Hindernissen. Wer wollte nicht schon immer wie die Simpsons in ein Windrad einlochen? Oder den Ball über einen Wasserfall schlagen?

Hügel und Krater gibt es im Görli zuhauf, auch das bereits vorhandene Schwarzlicht-Minigolf bietet eine hervorragende Ergänzung zum innerstädtischen Spaßparadies. Und das Beste: Aufgrund der drastischen Kürzungen von CDU und SPD im Kultursektor gibt es jede Menge arbeitslose Künstler*innen, die sich über einen Auftrag zur kreativen Gestaltung der Minigolf-Bahnen freuen würden. Und wer weiß, vielleicht findet man am Ende statt eines Balls, sogar ein bisschen Gras im Ziel? (mfr)

Skywalk am Alexanderplatz

„Keine Freude mehr am Sommer/Keine Lust auf Sonnenschein/Keine Wolke, keine Gnade/ Und im Prinzenbad allein.“ Schon 2018 haben Element of Crime mit ihrem Song „Im Prinzenbad allein“ die erbarmungslose Hitze eines Berliner Sommers popkulturell thematisiert. Und es ist ja wirklich so: Wer im Juli und August bei 35 Grad im Schatten auf der Liegewiese im Prinzenbad brutzelt oder auf dem heißen Pflaster rund ums Schloss oder am Gendarmenmarkt unterwegs ist, sehnt sich nach allem – nur nicht nach noch mehr Sonne.

Fragt sich nur, ob der Schluss des Songs realistisch ist: „Lass es endlich wieder regnen/Damit die Blumen sich erholen.“ Oder ob es nicht ganz anderer, radikaler Klimaanpassungsmaßnahmen bedarf.

Im spanischen Sevilla zum Beispiel schützt der „Metropol Parasol“ seit 2011 Flaneure und Bewohnerinnen vor einem Hitzestich. Die gewagte, amöbenhafte und dazu noch begehbare Konstruktion aus Holz ist längst nicht mehr nur Sonnenschutz, sondern auch eine der Touristenattraktionen der andalusischen Metropole. Wäre so etwas auch für Berlin denkbar?

Geld dafür ist da. Der Parasol in Sevilla, gebaut nach den Plänen von Jürgen Mayer H. auf der Plaza de la Encarnación, hat zwar die anvisierte Kostenschätzung von 50 Millionen Euro locker überschritten. Aber im Vergleich zum Bundesmilliardenwumms von Friedrich Merz sind das Peanuts. Dem naheliegendsten taz-Vorschlag steht also nichts mehr im Weg: Die künftigen Hochhäuser am Alexanderplatz müssen mit einem Skywalk aus Holz miteinander verbunden werden, dazwischen sind Sonnensegel zu spannen. Wagemutige können sich dann in die Segel fallen lassen und von dort abseilen. Auch Bungee-Jumping sollte möglich sein. Arbeitstitel des Projekts: Himmel über Berlin.

Mit den Merz-Milliarden wären dann gleich zwei Fliegen auf einmal erschlagen. Niemand müsste mehr wie Element of Crime über den Berliner Sommer jammern. Und die Stadt wäre über ihren Schatten gesprungen und um eine Touristenattraktion reicher. (wera)

Brückenglück für Spandau

Apropos Brückenwerke. Kai Wegner war ja in die Wahlschlacht 2023 mit dem schönen Satz gezogen: „Wir lassen uns das Auto in Berlin nicht verbieten.“ Nur aufgrund seiner Wahl zum Regierenden wurde das Auto dann gottlob doch nicht verboten. Wegners Allseits-freie-Fahrt-Versprechen blieb gleichwohl uneingelöst.

Aktuell und noch auf sehr lange Zeit werden Au­to­fah­re­r*in­nen bekanntlich vor allem am sanierungsbedürftigen Dreieck Funkturm und auf der anschließenden A100 wegen der Ringbahnbröckelbrücke gequält. Allein deshalb sollte spätestens jetzt ein visionärer Plan der CDU Spandau aus dem Jahr 2018 aus der Schublade geholt werden. Der sah vor, den durch die Havel vom autogerechten Leben abgeschnittenen Südspandauer Ortsteilen Kladow und Gatow endlich einen direkten Anschluss an die Avus zu schenken. Funkturm und A100 können von den Span­dau­er*in­nen so locker umgangen werden.

Konkret sollte die Straßenwunderschneise von der A115 flott durch den Grunewald führen, auf Höhe der Insel Lindwerder auf einer 1,2 Kilometer langen Brücke die Havel überspannen und dann auf der anderen Uferseite in Hohengatow enden. „Dies wäre eine erhebliche Verbesserung und Entlastung, da der weite Bogen über die Heerstraße und den Messedamm entfallen würde“, hieß es hierzu im sogenannten Verkehrskonzept der Bezirks-CDU.

Passiert ist leider nichts. Kein Wunder, schließlich standen die Mies­ma­che­r*in­nen großer Ideen schon 2018 schnell parat. Von „einer unsäglichen Verschandelung der Havellandschaft“ war die Rede. Die CDU hielt dagegen: Seit den 80er Jahren sei in Spandau „kein massentauglicher Verkehrsträger mehr gebaut worden“, begründete der damalige Chef des Kreisverbands seinen Plan.

Der hieß zufälligerweise Kai Wegner, zog vor bald zwei Jahren ins Rote Rathaus um – und hat dank der Sondermilliarden des Bundes demnächst eine Menge Geld zu verteilen. Dass davon sehr viel nach Spandau im Allgemeinen, in Wegners Wohnort Kladow im Besonderen und in die hoffentlich mindestens sechsspurige Autobahnanbindung samt Monsterbrücke im Allerbesonderen fließen muss, versteht sich von selbst. Da können sich die Grünen noch so aufregen, die zusätzlichen Mittel dürften nicht „zur Privatschatulle des Regierenden Bürgermeisters verkommen“. Das lernt ein Regierungschef der Union bereits in der Grundausbildung. (rru)

Die ZLB tieferlegen

Berlin hat ja angeblich nicht nur ein Verkehrs-, sondern baupolitisch auch ein Platzproblem. Und immer wieder muss mit Blick auf Letzteres das per Volksentscheid vor jeglicher Bebauung bewahrte Tempelhofer Feld als Verhandlungsmasse herhalten. Aber jetzt, wo Geld da ist, kann man endlich out of the box denken: Wenn wir auf dem Feld nicht bauen dürfen, warum dann nicht eben unter dem Feld?

Dabei geht es nicht darum, die alten Katakomben unter dem Rollfeld zu ertüchtigen, das wäre freilich nur ein kleinmütiger Kompromiss. Von allen Rändern aus wird das Erdreich unter den prominenten 300 Hektar Leere im Schildvortrieb aufgedrillt – für den Aushub findet sich garantiert eine Verwendung.

Ein, zwei, ganz viele unterirdische Stockwerke von schier unendlicher Fläche lassen sich so unter Tage schaffen, während oben weiter die Lerchen singen und die Drachen steigen. Gezielt gebohrte Lichthöfe sorgen für ein paar Sonnenstrahlen. Wobei: Sonne hat’s ja bald eh viel zu viel.

Abertausende Wohnungen können so quasi im Verborgenen entstehen. Aber es gibt auch genug Platz für Fahrradparkhäuser, ein erdwärmegespeistes Tiefenschwimmbad und, ganz, ganz tief unten, eine gigantische Zentral- und Landesbibliothek.

Jetzt der Clou: Die Tiefen-ZLB wird schön dick in Beton gegossen, denn funktionierende Bunker hat Berlin kaum noch, und Altbaukeller waren schon in den 1940er Jahren ein mehr als dürftiger Schutz vor Bomben und Granaten. Wenn’s also tatsächlich irgendwann klappt mit dem ganz großen Krieg, kann man tief unter Tempelhof – bis die Luft ausgeht – noch eine letzte Runde schmökern. (clp)

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