Finanzierung der Coronaschulden: Die Rechnung kommt dick
Mit der Bazooka wollte die Bundesregierung wegen der Coronakrise die Staatshilfen verteilen. CDU-Politikern wird die Neuverschuldung nun aber zu viel.
Unterdessen betonten Länderchefs die Notwendigkeit einer fairen Kostenverteilung. Die Bekämpfung der Pandemie dürfe nicht von Landeshaushalten abhängen, mahnte etwa Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff.
Der am vergangenen Freitag im Bundestag festgezurrte Etatentwurf für den Bundeshaushalt sieht für das Jahr 2021 eine Neuverschuldung von knapp 180 Milliarden Euro bei einem Gesamtvolumen von knapp 499 Milliarden Euro vor. Seit Bestehen der Bundesrepublik ist das die höchste Neuverschuldung, abgesehen vom Coronajahr 2020, für die das Parlament die Aufnahme von etwa 218 Milliarden Euro beschlossen hatte.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus drängt deshalb seit Tagen auf eine stärkere Beteiligung der Länder, diese müssten sich stärker an den Finanzhilfen für vom Shutdown getroffene Betriebe beteiligen: „Das ist aus der Balance geraten“, hatte er am Sonntag in der ARD gesagt.
Überbrückungshilfen ab kommendem Jahr
Unionsgeführte Bundesländer wiesen die Kritik von Brinkhaus am Montag prompt zurück. Haseloff sagte, reiche Länder könnten sich mehr Schutz und mehr Entschädigung leisten als arme. Auch Laschet betonte, die Länder hätten im Kampf gegen Corona bereits Milliarden ausgegeben – allein Nordrhein-Westfalen habe 25 Milliarden Euro aufgenommen.
Im kommenden Jahr sollten deshalb wieder die vor November geltenden Überbrückungshilfen greifen, sagte Kanzleramtsminister Helge Braun. Für Coronageschädigte heißt das: Erstattet werden könnten dann nur noch Fixkosten wie Miete oder Strom. Wer sich in seiner eigenen Firma, etwa als Soloselbstständiger oder eingetragener Kaufmann, bisher kein Gehalt gezahlt hat, könnte deshalb leer ausgehen und würde deshalb auf Hartz IV verwiesen.
„Klar ist, ab dem nächsten Jahr gilt das normale Regime der Überbrückungshilfen“, sagte auch SPD-Bundesfinanzminister Olaf Scholz im ZDF. Mit Blick auf die Staatsschulden zeigte er sich Scholz aber entspannt: Deutschland sei das am geringsten verschuldete G7-Land, habe im Verhältnis zu der Wirtschaftskraft weniger Verpflichtungen als in der Finanzkrise vor zehn Jahren. Dazu kommt ein sehr günstiger Leitzins, mit dem die Bundesrepublik sogar verdient, wenn Investoren die als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen kaufen.
Die Sozialdemokraten hatten zur Finanzierung der coronabedingten Schulden bereits eine Umwidmung des Solidaritätszuschlags, der für die allermeisten im kommenden Jahr auslaufen soll, in einen Corona-Soli vorgeschlagen. Finanzminister Scholz kann sich außerdem eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes vorstellen.
Vor einen zu schnellen Ende der Coronahilfen und einer Fixierung auf den Abbau der Schulden warnen auch die Grünen: „Es darf kein Kaputtsparen nach Corona geben“, warnte deren Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler im Deutschen Bundestag: „Nach der Bazooka darf nicht die Abrissbirne kommen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?