Filmkomponist Ennio Morricone ist tot: Mut zur Maultrommel
Mit der Filmmusik zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ wurde er weltberühmt. Nun verstarb der Komponist Ennio Morricone im Alter von 91 Jahren.
Alle wollten von ihm immer das eine: Die schlierige Mundharmonika, gefolgt von einer erdenschwer verzerrten Gitarre. Mit gerade mal drei Tönen beginnt die Filmmusik zu „Spiel mir das Lied vom Tod“, Sergio Leones „Spaghetti-Western“ schlechthin.
Die Beliebtheit dieser und anderer Western-Soundtracks aus der Feder des Komponisten Ennio Morricone war so groß, dass sie seine anderen Erfolge zu überschatten schienen. Der Schöpfer dieser unauffällig raffiniert gebauten Ohrwürmer reagierte daher oft gereizt, wenn man ihn auf diesen Teil seines Schaffens reduzieren wollte.
Empfohlener externer Inhalt
Ennio Morricone – „Spiel mir das Lied vom Tod“
Ennio Morricone, am 10. November 1928 in Rom geboren, kann als der bis heute größte Filmkomponist betrachtet werden. Neben seiner Fähigkeit, suggestive Melodien zu schreiben, war er einer der vielseitigsten und innovativsten Vertreter seines Fachs. Maultrommeln waren für ihn ebenso selbstverständlich wie Pfeifen und Geräusche aller Art. Der studierte Trompeter machte, sofern ihm die Regisseure den Raum boten, sogar Gebrauch von Avantgardemusik.
In Elio Petris „Das verfluchte Haus“ (1968) spielte er bei der atonalen Filmmusik etwa selbst mit, als Teil des Improvisationsensembles Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza. Dieser Zusammenschluss italienischer Komponisten, die erste Gruppe ihrer Art, gehörte zu Morricones „ernsthaftem“ Werk.
Die Musik der Nuova Consonanza
Denn er war, auch wenn er sich seiner Verdienste um die angewandte Tonkunst durchaus bewusst war, stets bemüht, auch als Komponist autonomer Musik anerkannt zu werden. Für die Musik der Nuova Consonanza, deren Aufnahmen seit einigen Jahren wiederveröffentlicht werden, trifft dies in besonderem Maß zu.
Dennoch spricht einiges dafür, dass man Morricone vor allem für die vielen Höhepunkte unter seinen gut 500 Soundtracks erinnern wird: den repetitiv-martialischen Marsch für „Schlacht um Algier“ (Gillo Pontecorvo, 1966), die todeswehmütige Endlosmelodie zu „Der Clan der Sizilianer“ (Henri Verneuil, 1969) oder die eckigen Synkopen für „Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“ (Elio Petri, 1970). Diverse Westernmusiken, zuletzt für Quentin Tarantinos „The Hateful Eight“ (2016), nicht zu vergessen.
Am Montag ist Ennio Morricone im Alter von 91 Jahren in Rom gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Die Wahrheit
Der erste Schnee