Filmförderungsgesetz beschlossen: Der Film ist gesichert, die Vielfalt nicht
Der Bundestag beschließt das novellierte Filmförderungsgesetz. Die Filmproduktion in Deutschland geht weiter, aber ohne geplanten Diversitätsbeirat.
Berlin taz/dpa | Der Kulturausschuss brachte diese Woche das novellierte Filmförderungsgesetz (FFG) auf den Weg, das am Donnerstagabend von Bundestag mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP beschlossen wurde. Neue deutsche Filme und Drehbücher können damit auch im nächsten Jahr finanzielle Förderung von der Filmförderanstalt (FFA) bekommen. Deren Vorstand Peter Dinges begrüßte die Entscheidung: „Damit tritt eine zentrale Säule der Filmreform in Kraft, die von der Filmwirtschaft dringend benötigt wird“, so Dinges.
Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigte sich zufrieden. „Dieser Beschluss des Parlaments für ein neues Filmförderungsgesetz ist eine sehr gute und wichtige Nachricht für den Film hierzulande“, sagte die Grünen-Politikerin. „Damit werden die Rahmenbedingungen für das Filmemachen deutlich verbessert und das Filmschaffen gestärkt.“ Roth kündigte zudem an, dass die Unterstützung aus Fördertöpfen des Bundes je Projekt ab Februar erhöht wird. Statt bisher 20 Prozent der förderfähigen Herstellungskosten in Deutschland werden in Zukunft 30 Prozent übernommen.
Die Einigung der Regierungsparteien SPD, Grünen und der ehemaligen Regierungspartei FDP auf die Reform wird in der Filmbranche als positives Zeichen gewertet. So etwa von Björn Böhning, Geschäftsführer der Produktionsallianz, der gegenüber dem Branchenblatt Blickpunkt Film betonte, dass die Branche nach langer Unsicherheit nun endlich aufatmen könne. Nachdem am Freitag auch der Bundesrat zugestimmt hat, kann das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Rückschritt für die Diversität
Die Verabschiedung des Gesetzes war jedoch nicht nur eine Frage des Konsenses, sondern auch eine kurzfristige Entscheidung. Kurz vor der Sitzung mussten noch letzte Anpassungen vorgenommen werden, was die Unsicherheit für viele Filmemacher:innen weiter verstärkte. Durch den Wegfall des Diversitätsbeirats kündigt sich zudem ein Rückschlag an, den vor allem Filmemacher:innen und Aktivist:innen in den sozialen Medien kritisieren.
Besonders die Streichung des „Beirats für Chancengleichheit und Vielfalt“ im finalen Gesetzestext sorgt für Kritik. Diese Entscheidung, die offenbar auf politischen Druck von FDP und CDU zurückzuführen ist, wurde von vielen diversen Filmemacher:innen als schwerer Rückschritt für die Diversität in der deutschen Filmbranche bewertet.
Der Filmemacher Can Tanyol äußert sich dazu gegenüber der taz wie folgt: „Die aus dem FFG gestrichenen Regelungen sind in vielen Ländern der Europäischen Union vorhanden und führen dort seit Jahren zu aufsehenerregenden Serien und Filmen mit großem internationalen Erfolg. Für mich als Regisseur und Drehbuchautor ist es unverständlich, warum wir in Deutschland auf dieses Instrument verzichten müssen. Sowohl wirtschaftlich als auch als Zeichen einer fortschrittlichen Gesellschaft wäre dies eine große Chance gewesen.“
Der Beirat hatte ursprünglich eine wichtige Rolle spielen sollen, um mehr Chancengleichheit und Vielfalt in der Branche zu fördern. Seine Streichung wird als ein Schritt zurück wahrgenommen, durch den marginalisierte Gruppen in Film und Fernsehen weiter unterrepräsentiert bleiben. Besonders betroffen sind unter den Filmemacher:innen die People of Color, LGBTQIA+ und Menschen mit Behinderungen, die sich durch diese Entscheidung um ihre Chancen, in der Branche erfolgreich zu sein, betrogen fühlen.
Eine verpasste Chance
Für viele der aktivistischen Gruppen wie Schwarze Filmschaffende e.V. oder Pro Quote Film ist diese Änderung ein Schlag ins Gesicht. Die Streichung der Diversitätsrichtlinien gefährdet für sie nicht nur die Fortschritte der vergangenen Jahre, sondern könnte auch dazu führen, dass die deutsche Filmindustrie international zurückfällt. Angesichts der globalen Bedeutung von Diversität in der Medienbranche und der steigenden Anforderungen an inklusive Produktionspraktiken wird diese Entscheidung als verpasste Chance für die deutsche Filmlandschaft betrachtet.
Zusätzlich zur Kritik an der fehlenden Diversität wird auch die Streichung ökologischer Standards als enttäuschend empfunden. Viele Filmemacher:innen und Aktivist:innen hatten gehofft, dass das neue Gesetz ökologische Nachhaltigkeit stärker berücksichtigen würde. Die Entfernung dieser Maßnahme wird als unzeitgemäß und kontraproduktiv angesichts der globalen Klimakrise wahrgenommen.
Die Produzentin Emina Smajić („Elaha“), die auch den „Filmworkshop für die muslimisch-weibliche Community“ leitet, äußert sich dazu der taz gegenüber empört: „Ich bin wirklich sprachlos. Jahrelange ehrenamtliche Arbeit von den Kolleg:innen der Schwarzen Filmschaffenden, Pro Quote, der Berlinasian Filmcommunity, Romatrial, Forum Talentfilm, QMS und vielen Weiteren einfach zu missachten und sowohl den Diversitätsbeirat als auch die ökologische Nachhaltigkeit mit Füßen zu treten, zeigt, wie wenig sich unsere Politiker der FDP für unsere Kulturbranche interessieren. Seit Jahren hängen wir auf internationaler Ebene hinterher, uns wird nachgesagt, dass wir nur ‚Hitlerfilme‘ können. Das sagt schon alles. Unser ‚Erfolg‘ wird immer noch nach ‚Toni Erdmann‘ oder ‚Systemsprenger‘ bemessen. Filme, die einige Jahre hinter uns liegen.“
Insgesamt wird die Entscheidung, zentrale Elemente wie die Diversitätsrichtlinien und ökologische Standards aus dem Gesetz zu entfernen, als ein Nachteil für die deutsche Filmbranche betrachtet. Bestehende Ungleichgewichte könnten sich weiter verstärken und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Filmindustrie auf internationaler Ebene leiden.
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