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Fewos für Flüchtlinge

ABGEORDNETENHAUSDie Linksfraktion will, dass der SenatBesitzer von Ferienwohnungen drängt, die an Flüchtlinge zu vermieten

Mehr Platz, als hier nur Urlaub zu machen: Ferienwohnung in Berlin Foto: Ole Spata/dpa

von Stefan Alberti

Die Linksfraktion sieht in den vielen tausenden, möglicherweise zehntausenden legalen und illegalen Ferienwohnung die Lösung der Flüchtlingsunterbringung. Am Donnerstag hat sie im Abgeordnetenhaus vorgeschlagen, den Besitzern dieser Wohnungen per Brief nahezulegen, an Flüchtlinge zu vermieten. Hintergrund ist, dass Ende April eine zweijährige Übergangsfrist für die sogenannte Zweckentfremdungsverordnung ausläuft: Nach ihrem Ende müssen aus den Ferienwohnungen wieder normale Mietwohnungen werden, sofern es keine Ausnahmegenehmigung gibt. Illegale Anbieter sollen zudem um eine eigentlich fällige Strafzahlung herum kommen, wenn sie unbefristet an Flüchtlinge vermieten.

Parlament kompakt

Doch noch im Januar – am 28. – soll das Abgeordnetenhaus die Änderung des Schutzgesetzes für das Tempelhofer Feld beschließen. Die vom SPD-Abgeordneten Daniel Buchholz vergangene Woche gegenüber der taz dazu angekündigte Bürgerversammlung soll es eine Woche früher geben, am 21. Januar um 19 Uhr im Hauptgebäude des ehemaligen Flughafens.

Die gegenwärtige Überlastung der Bürgerämter gefährdet laut Innensenator Frank Henkel (CDU) nicht die Abgeordnetenhauswahl,die für den 18. September vorgesehen ist. Er verwies auf zusätzliche Stellen in den Bürgerämtern. Würden sie besetzt, seien ordnungsgemäße Wahlen sichergestellt.

Für Linke, Grüne und Piraten kreierte der CDU-Innenpolitiker Robbin Juhnke im Zusammenhang mit dem von Oppositionspolitikern kritisierten Polizei­einsatz in der Rigaer Straße den Begriff „Steinewerferversteher“.

Dass derzeit viele Flüchtlinge in Großunterkünften leben, ist für die Linken-Abgeordnete Elke Breitenbach menschenunwürdig. „Wir brauchen keine Massenunterkünfte in Turnhallen, Containern oder ehemaligen Kaufhäusern“, sagte im Parlament. Breitenbach zitierte Zahlen aus dem Bezirk Mitte, wonach es allein dort wohl 21.000 Ferienwohnungen gibt, davon nur knapp eine Drittel angemeldete. Bei einer durchschnittlichen Größe von 70 Quadratmetern stünden so über eineinhalb Millionen Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung. 60.000 Flüchtlinge und 8.000 Obdachlose ließen sich nach ihren Berechnungen so unterbringen.

Nach dem Vorschlag der Linksfraktion soll der Senat die Wohnungen nicht etwa beschlagnahmen – was nach bisherigen Stellungnahmen der CDU in der Koalition auch nicht durchsetzbar wäre. Breitenbach ließ in ihrer Rede allerdings offen, was die Vermieter jenseits von gesellschaftlichem Engagement dazu bringen soll, auf einem Wohnungsmarkt mit vielen Suchenden mit dem Senat Mietverträge abzuschließen.

„Wir brauchen keine Massenunterkünfte in Turnhallen oder Containern“

Elke Breitenbach, Linkspartei

Denn die SPD-Fraktion, die sich wie die CDU grundsätzlich offen für den Linken-Vorschlag zeigte, machte gleich klar, dass sie nur das in den Wohnzuschussvorschriften vorgesehene Minimum an Miete zahlen will. Die Linksfraktion selbst spricht in ihrem Antrag von einer „Miete in angemessener Höhe“.

Besitzern illegaler Ferienwohnungen, also jenen, die nach dem Start des Ferienwohnungsverbots die Wohnung nicht offiziell meldeten, soll der Senat die Vermietung mit einer Art Amnestie lohnend erscheinen lassen. Weil ihnen bei einem Auffliegen bis zu 50.000 Euro Geldbuße, drohen, schlägt die Linke einen Deal vor: Keine Strafe im Gegenzug für unbefristete Vermietung an Flüchtlinge. Das Problem ist nur: Anders als für die noch bis April legalen Ferienwohnungen liegen der Verwaltung für die illegalen keine Adressen vor. Die Straffreiheit soll ihnen einen Weg in die Legalität ermöglichen – ähnlich, wie es Finanzbehörden zeitweise Steuersündern anboten.

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